Er ist Rekordhalter, und zwar ganz offiziell: Keiner hat mehr Memorabilia über den italienischen Kultflitzer Vespa als Veit Schiemann aus Köngernheim. Und er ist sichtlich stolz.
Von Torben Schröder
Auf seine Vespas ist Veit Schiemann sichtlich stolz, eine Vespa GS4 (Bj 1962) und eine Vespa PX 200 (Bj 1984).
(Foto: hbz/Michael Bahr)
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KÖNGERNHEIM - Seit 2002 steht Veit Schiemann im Guinness-Buch der Rekorde. Niemand auf der Welt hat mehr Motorroller-Memorabilia gesammelt als der Köngernheimer. „Es waren 47 000 Einzelteile damals“, erzählt der Familienvater. 1000 Spielzeugmodelle, 600 alte Plaketten, 500 Anstecknadeln, 400 Club-Aufnäher, 150 Bücher, 6000 Zeitschriften, „kistenweise“ Prospekte – die Sammlung wächst stetig weiter. Ein Weihnachtsmann auf einer Vespa? Schiemann schnappt zu. Ein Müsli-Riegel mit einem Gewinnspiel, bei dem ein Roller verlost wird? Gekauft, aber nicht gegessen. Kissen, Tassen, Bierkrüge, Kugelschreiber, Vespas aus Wolle, Korb, Metall, es gibt nichts, was es nicht gibt.
1988 begann Schiemanns Leidenschaft für die italienischen Kult-Motorroller aus dem Hause Piaggio. Führerschein mit 16, da hatte man im heimischen Aachen die Wahl: Roller oder Motocross? Die „Scooterboys“ machten irgendwie beides. Hohe Stiefel, Bomberjacke mit Aufnähern, Tarnhosen – es war die Zeit der optisch nicht schwer identifizierbaren Subkulturen, und der junge Veit Schiemann hatte die seine gefunden. Die Roller wurden umgebaut, gern in gemeinsamen Aktionen, und man traf sich bei jeder Gelegenheit – auch zu Rallyes und Cross-Fahrten.
Schiemann saß damals auf einer sieben Jahre alten, silbergrauen Maschine, die er von seinen Eltern bekommen hatte. Sie steht heute noch in seiner Garage. Als es fünf Jahre später zum Journalistik-Studium nach Leipzig ging, hatte Schiemann schon 16 Vespas in seinem Besitz – alle wurden verkauft, bis auf das Erststück. Aktuell umfasst seine Sammlung fünf Maschinen, wobei die GS/4 das Prunkstück ist. In der deutschen Ausführung sind, wie Schiemann berichtet, nur noch zehn angemeldet. „Wenn du mal verkaufen willst, sag Bescheid“, habe er einem Freund aus dem gemeinsamen belgischen Vespa-Club dereinst gesagt, „fünf Jahre später klingelte das Telefon.“
VORTRAGSREIHE „OLDTIMER“
„Oldtimer“ nennt sich die Vortragsreihe der VHS Oppenheim im Weinhaus Hilbig. Am Mittwoch, 13. März (19.30 bis 21 Uhr), referiert Veit Schiemann über den „Einstieg ins Hobby“, am 22. Mai über „Die Pflege“, am 25. September über die „Vorbereitung auf den Winter“. Eintritt: 5 Euro, Anmeldung unter 06133-3834014; vhs.oppenheim@kvhs-mainz-bingen.de oder Abendkasse.
Vor und nach der Veranstaltung steht Schiemann für lockere „Benzingespräche“ zur Verfügung.
Und vor zwei Jahren, auf dem Oppenheimer Oldtimer-Treffen, wurde ihm noch ein zweites Exemplar angetragen, das seit 40 Jahren – offenbar effektiv durch Rostschutzmittel geschützt – in einem Garten stand. Also hat der Rekordhalter nun eine doppelte Rarität in der Garage stehen. Wobei das zuerst erworbene, blaue, 1968 zugelassene Prachtmodell ziemlich häufig auf Achse ist. 60 bis 70 Veranstaltungen besucht Schiemann im Jahr, Oldtimer- und Roller-Treffen, Ausfahrten, das An- und Abrollern zum Jahresanfang und -ende mit dem Vespa Club Mainz.
Die Faszination nimmt nicht ab, ganz im Gegenteil. „Damals war es der krasse Gegensatz – die wilden Buben auf dem Mädchenroller“, erzählt Schiemann, „das langsame Stadtfahrzeug, das wir schneller gemacht haben und das dann nach dem Umbau längst nicht mehr so bieder war.“ Beim Studium in Leipzig gründete er einen Vespa-Club. Die alten Geschichten verbinden. Und das Fahrgefühl erst! „Man reist ganz anders, entdeckt die Langsamkeit wieder, sieht und erlebt viel mehr am Straßenrand.“
Aus Beruf und Hobby hat Schiemann das „Oldstyle-Magazin“ entwickelt, das im Internet erscheint. Thema: Lebensart, Oldtimer – und Roller. Aus seinem langjährigen Job in der Öffentlichkeitsarbeit ist der Wahl-Köngernheimer es zudem gewohnt, Seminare zu konzipieren und zu halten. An der Volkshochschule gibt er Kurse zum Thema Öffentlichkeitsarbeit für Ehrenamtliche in Vereinen – und jetzt auch zum Thema Oldtimer (siehe Infokasten). Mit „Benzingesprächen“ vorher und nachher. Neben dem Sammeln und Fahren ist das Plaudern über das lieb gewonnene Hobby schließlich das Schönste, was die Freizeit zu bieten hat.