Erfolgsmodell „Ganztag“? In der Hahnheimer Grundschule funktioniert’s
Von Kirsten Strasser
Reporterin Rheinhessen
Hahnheimer Grundschulkinder üben sich in der Garten-AG mit Christiane Metten-Weisrock (li.) bei der Kohlrabiernte. Die Hahnheimer Grundschule hat aktuell 173 Schüler, 137 davon sind Ganztagskinder. Foto: hbz/Michael Bahr
( Foto: hbz/Michael Bahr)
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HAHNHEIM - In der Landeshauptstadt ist es ein großes Thema: Nur neun von 23 Grundschulen in Mainz sind Ganztagsschulen. Die Stadt hätte gerne eine höhere Quote, doch anweisen kann sie die Schulen nicht – es ist allein deren Sache, ob sie beim Land einen Antrag auf „Ganztag“ stellen wollen. In manchen Stadtteilen sieht es daher mit der Nachmittagsbetreuung von Grundschulkindern nicht allzu rosig aus.
Dabei kann die Ganztagsgrundschule ein echtes Erfolgsmodell sein – ein Beispiel dafür ist „auf dem Land“ zu finden, genauer: in Hahnheim. Sie hat aktuell 173 Schüler – und 137 davon sind Ganztagskinder.
„Es werden von Jahr zu Jahr mehr“, freut sich Rektorin Monika Rothmann. Dass ihre Schule vor ein paar Jahren auf Ganztagsbetrieb aufrüstete, war 2010 ihr „Begrüßungsgeschenk“. Unter ihrer Vorgängerin wurde noch der Beschluss befasst, Monika Rothmann fiel es dann zu, die Ganztagsschule aufzubauen. Dazu holte sich die Rektorin einen starken Partner an Bord – den Turnverein 03 Selzen, der heute noch dabei ist.
„Damals mussten wir Klinken putzen, um genug Ganztagskinder zusammenzubekommen, um starten zu können“, erinnert sich Evelyn Bach vom Turnverein. „Mindestens 36 Schüler mussten es sein, das haben wir geschafft.“ Damals war die Schule mit 95 Kindern in fünf Klassen auch noch deutlich kleiner als heute – mittlerweile sind es neun Klassen mit 173 Jungen und Mädchen.
Was allerdings entscheidend am Ganztag liegt. 60 der 137 Ganztagskinder, fast die Hälfte, leben nicht im eigentlichen Einzugsgebiet der Hahnheim-Selzer Grundschule. „Sie kommen aus Köngernheim, Friesenheim und Undenheim“, zählt Rothmann auf. Es sind Kinder von Eltern, die das Ganztagsangebot zu schätzen wissen oder auf es angewiesen sind. Denn die Zeiten haben sich spürbar gewandelt, sagen Monika Rothmann und Evelyn Bach. Vor sieben Jahren, in der Zeit des „Klinkenputzens“, sei Ganztagsbetreuung noch kein so großes Thema gewesen. „Das galt auch in den Kindergärten – nur ein kleinerer Teil der Kinder besuchten ihn ganztags.“ Heute hat sich das freilich komplett gedreht. Die Kitas haben ihren Ganztagsbetrieb mächtig ausgebaut, viele Eltern wollen auch nach Einschulung ihrer Sprösslinge eine Nachmittagsbetreuung. „Da die Kinder den Ganztag aus der Kita kennen, ist die Eingewöhnung in der Ganztagsgrundschule kein großes Problem“, erklärt die Rektorin und widerspricht damit Kritikern, die eine Überforderung sehen.
„Kinder brauchen eine klare Tagesstruktur“, sagt Rothmann. Vormittags findet der Unterricht statt, mittags gibt es Essen in der Mensa – ein Dienheimer Caterer kocht täglich frisch vor Ort –, nachmittags können die Jungen und Mädchen aus einem breiten AG-Angebot wählen. Die Arbeitsgemeinschaften, betont die Schulleiterin, seien qualitativ anspruchsvoll; so kommt eine Hiphopperin eigens aus Frankfurt, um die Kinder in Hahnheim zu trainieren. „Sport, Musik, Spiel – das findet hier alles in der Schule statt.
Das sei eine echte Chance auch für Kinder aus finanziell schlechtergestellten Elternhäusern. „Die können sich vielleicht keinen Instrumentalunterricht leisten – hier wird er im Rahmen der Ganztagsschule angeboten“, sagt Schulsozialarbeiterin Gabi Seitenfuß. Überhaupt sei der Ganztag eine einzigartige Möglichkeit, Kinder „noch einmal ganz anders“ kennenzulernen und auf sie einzuwirken.
Im besonderen Maße gilt das für Flüchtlingskinder, betont Integrationslotsin Saida Schulze-Vatter. Ziel sei es, möglichst alle dieser Jungen und Mädchen in den Ganztag zu bringen. „Hier sind sie den ganzen Tag von deutscher Sprache umgeben“, sagt sie. Ganztagsschule trage wesentlich zur Integration bei.
Gleichwohl – dass die Grundschule „komplett“, also verpflichtend, Ganztagsschule wird, ist nicht angedacht. „Unser Konzept stimmt“, sagt Monika Rothmann. „Und ich finde es gut und wichtig, dass die Eltern die Wahl haben.“