Kurioses aus dem Alltag: Kabarett-Duo Kabbaratz im Museumskeller in Guntersblum
Von Wolfgang Bohrmann
Evelyn Wendler und Peter Hoffmann nehmen die unterschiedlichen Generation in den Blick. Foto: hbz/Michael Bahr
( Foto: hbz/Michael Bahr )
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GUNTERSBLUM - „Wenn man zu den geburtenstarken Jahrgängen zählt, dann war man daran gewöhnt, dass es überall, wo man hinkam, voll war – und dort, wo Platz war, wollte keiner hin“, so fassten Evelyn Wendler und Peter Hoffmann das Lebensgefühl der jungen Menschen, die von 1955 bis in die Mitte der 70er Jahre des 20. Jahrhunderts geboren wurden, zusammen. Beide sind das Kabarett „Kabbaratz“ und stehen bereits seit 1987 auf der Bühne, um für ihr Publikum mit geschliffenen Dialogen und tiefgründigem Wortwitz die Kuriositäten des ganz normalen Lebens zu analysieren. Bei der Vorpremiere ihres neuen Programms: „Wo wir hinkamen war es voll! Ansichten einer (geburten)starken Generation“ vor ausverkauftem Haus im Guntersblumer Museumskeller ging es hauptsächlich um die Erfahrungen unterschiedlicher Generationen. Die Frage, ob jede Generation die gleichen Erfahrungen, nur zu unterschiedlichen Zeiten, macht oder ob es grundlegende Unterschiede gibt, wurde unter anderem an Erziehung, Umwelt, Politik, Ausbildung und Technik beleuchtet. Um die Gemeinsamkeiten oder Unterschiede zu verdeutlichen, erzählten Wendler und Hoffmann aus ihrer Kindheit. Wendler erklärte beispielsweise die damalige Form der Nachmittagsbetreuung, die aus einem Bindfaden um den Hals, an dem der Hausschlüssel hing, bestand. Auch die Schulausbildung, bei der man seinerzeit noch für die Schule, nicht für‘s Leben lernte und wo der Sportunterricht noch lebensgefährlich war, wurde eingehend beleuchtet. Parallelen in die Gegenwart wurden gezogen und witzig kommentiert. Erstaunlich, dass Menschen diese Zeit überhaupt überleben konnten.
Auch Hoffmanns Bildungsweg, der anfangs geprägt war von Lernvermeidung statt Strebertum, brachte so manche Anekdote hervor, die das Publikum zum Lachen anregte. Oftmals waren hier sicher auch eigene Erfahrungen der Zuhörer im gleichen Alter Auslöser für so manche Zwerchfellattacke. Nachdenklich stimmte zum Beispiel die Frage: Sind Fahrkartenautomaten eine Form struktureller Gewalt?
Oder noch mehr die Feststellung, dass die geburtenstarken Jahrgänge durch Sprachentgleisungen wie Mohrenköpfe, Neger und viele andere, politisch heute nicht mehr korrekte Bezeichnungen, zu Rassisten erzogen wurden, boten Gelegenheit, den gesellschaftlichen Wandel zu verdeutlichen.
Hoffmann nahm die aktuelle Berichterstattung über Einschaltquoten zum Anlass, sich über die teilweise erschreckende Oberflächlichkeit der Presse auszulassen. Wenn etwa die Fernsehgewohnheiten von 5500 „repräsentativen“ Haushalten dafür herhalten müssten, die Einschaltquoten von fast 80 Millionen Bürgern zu belegen und die Medien darüber kritiklos berichteten, dann sei das schon ziemlich bedenklich. Zudem erinnerte er an ein Zitat von Alexander Freiherr von Humboldt: „Die gefährlichste aller Weltanschauungen ist die der Leute, welche die Welt nie angeschaut haben“.
Am Ende eines zweistündigen, sehr unterhaltsamen und hochwertigen Programmes wurde den Zuhörern im Foyer noch ausgiebig Gelegenheit geboten, ihre Kommentare oder Kritiken anzubringen. Kabbaratz wird diese für den Feinschliff zur Premiere am 20. April im halbNeunTheater in Darmstadt nutzen.