Auf gute Zusammenarbeit: Jürgen Müller aus Dienheim (Mitte) mit seinen beiden chinesischen Vertragspartnern Kevin Liu (links) und Sun Zhonggang.
( Foto: )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
DIENHEIM - In der Landwirtschaft steht China der große Sprung nach vorne noch bevor. Einen kleinen Schritt dabei will Jürgen Müller mitgehen – und natürlich auch mit daran verdienen. Über Jahre hat sich der Versicherungsexperte aus Dienheim im Reich der Mitte ein Netzwerk aufgebaut, für rheinhessischen Wein antichambriert, in Wirtschaft und Politik an den Strippen gezogen. Nun ist er von seinem letzten Besuch mit einem Joint-Venture-Vertrag zurückgekommen. In der Provinz Henan wird er eine Handelsplattform für deutsche Landmaschinen aufbauen. Gestartet wird – wie es sich für einen echten Rheinhessen gehört – mit Weinbaumaschinen.
„Ich muss in den nächsten Wochen Maschinen kaufen und nach China schaffen, den Schauraum aufbauen und die Regierung mit ins Boot holen, also das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft“, weiß Müller, was auf ihn zukommt. Denn wenn es im September losgeht, will sein chinesischer Partner, die Provinzregierung von Henan, natürlich auch offiziellen Segen aus Berlin mitbekommen.
Der 2500 Quadratmeter große Standort befindet sich derzeit noch im Bau, er entsteht in einem Technologiepark in Luoyang, rund 800 Kilometer südlich von Peking. Drei Millionen Yuan Startkapital (das sind rund 450 000 Euro) gibt die Provinzregierung, dazu kostenlos das Grundstück. Auf der Gegenseite sollen Müller, ein privater Partner und eine deutsche Investmentgesellschaft Know-how und Kapital einbringen. „Ich hafte für den Erfolg, ich muss deutsche Unternehmen überzeugen, dort zu produzieren“, sagt Müller.
Auf gute Zusammenarbeit: Jürgen Müller aus Dienheim (Mitte) mit seinen beiden chinesischen Vertragspartnern Kevin Liu (links) und Sun Zhonggang. Foto:
Brutstätte des Fortschritts: Der Technologiepark in Luoyang wird Sitz des Joint-Venture-Unternehmens. Fotos: trendlife China Foto:
2
Dass ihm das gelingt, davon ist der Dienheimer überzeugt. „Der chinesische Markt ist groß und bietet viele Möglichkeiten. Und er steht erst am Anfang, auch wenn einige Global Player dort schon Standorte haben. Es herrscht ein enormer Bedarf.“ Weil die Arbeitslöhne auch in der Landwirtschaft explodieren, starten chinesische Konzerne nun den Übergang von der Handarbeit zur Automatisierung. „Wenn deutsche Firmen dort jetzt produzieren können, werden sie leichter Zugang zum chinesischen Markt finden“, ist Müllers Credo. Und bei diesem Prozess will er mitmischen.
Luoyang ist dafür auch insofern ein geeignetes Sprungbrett, weil in dem Industriepark vor allem Hochtechnologie entwickelt wird, zum Beispiel auf dem GPS-Sektor. „Dort soll Hightech mit konventionellen Maschinen zusammengeführt werden“, schwebt Müller vor. „Smart Farming“ nennt sich das Ganze auf Neudeutsch.
Neben Weinbaumaschinen will Müller auch Ernter für Kartoffeln, Obst und Gemüse in sein China-Schaufenster stellen. Wichtig ist dabei für ihn: „In dem Joint Venture werden die Patente und Lizenzen überwacht.“ Dass in China gern abgekupfert wird, haben schließlich schon andere Geschäftsleute leidvoll erfahren müssen. Müller spricht hingegen lieber von den Chancen seiner Kooperation. Einen kompletten Vollernter zum Beispiel wird er nicht nach Fernost bringen, aber vielleicht einzelne Komponenten, aus denen dort dann eine neue Maschine gebaut wird, die besser zu den chinesischen Gegebenheiten passen. „Die haben dort Stickel aus Beton, andere Pflanzsysteme und wurzelechte Reben“, zählt Müller die Unterschiede zu Rheinhessen auf. Im Rahmen ihres Programms 2025 gewährt die Zentralregierung in Peking für solche Entwicklungsprojekte Fördergelder von bis zu 30 Prozent – das unterscheidet sich nur wenig von Agrarsubventionen nach europäischem Muster.
Keine Geschäfte mit einer anderen Provinz
Eine „Kröte“ musste Müller bei seinem Vertragsabschluss Anfang Juni schlucken: Er darf ein vergleichbares Projekt in keiner anderen Provinz aufziehen. In China befinden sich die Lokalfürsten eben im ständigen Konkurrenzkampf. Für den Dienheimer ist das jedoch verschmerzbar, weil er in Sachen Weinexport noch zahlreiche andere Projekte am Laufen hat. Das alles stemmt Jürgen Müller quasi im Alleingang. Die Arbeit im heimischen Garten in Dienheim dient da nur als Zwischenstopp. Am Dienstag ging es schon wieder nach Frankfurt: Termin bei der „Bank of China“. Weiter Strippen ziehen.