Wie Oppenheims Stadtbürgermeister Marcus Held einen lukrativen Grundstücksdeal abschloss
Bei einem Grundstücksdeal im ehemaligen Gewerbegebiet Kette-Saar hat der Oppenheimer Stadtbürgermeister Marcus Held (SPD) möglicherweise einen Gewinn im sechsstelligen Bereich gemacht.
Von Kirsten Strasser
Reporterin Rheinhessen
Oppenheims Stadtbürgermeister Marcus Held verkaufte Grundstück und Immobilie "Auf der Saar 2" als Privatperson an das Evangelische Diakoniewerk Zoar - und erzielte dabei möglicherweise einen sechsstelligen Gewinn. Foto: hbz/Michael Bahr
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OPPENHEIM - Bei einem Grundstücksdeal im ehemaligen Gewerbegebiet Kette-Saar hat der Oppenheimer Stadtbürgermeister Marcus Held (SPD) möglicherweise einen Gewinn im sechsstelligen Bereich gemacht. Recherchen dieser Zeitung haben ergeben, dass Held das Grundstück und die Immobilie „Auf der Saar 2“ als Privatperson an das Evangelische Diakoniewerk Zoar verkauft hat – für 747.500 Euro. Nur ein Dreivierteljahr zuvor hatte Held das Areal samt dem leerstehenden Gebäude erworben: für nicht einmal die Hälfte des Preises, den er mit seinem Geschäft mit Zoar erzielte.
Held wusste von Zoar-Interesse
Die Recherchen im Grundbuchamt belegen: Marcus Held hat die Immobilie „Auf der Saar 2“ für 367.000 Euro gekauft. Am 19. Dezember 2015 war der entsprechende Notartermin, später erfolgte der Eintrag ins Grundbuch. Zum Zeitpunkt des Kaufes wusste Held nach AZ-Informationen bereits, dass Zoar an einem Standort für eine Behinderten-Wohngruppe in Oppenheim interessiert war.
Zwischen dem Oppenheimer Stadtbürgermeister und Bundestagsabgeordneten Held und dem Vorstandssprecher des Evangelischen Diakoniewerks, Peter Kaiser, habe es am 19. Mai 2015 ein „erstes Gespräch gegeben“, bestätigt Kaiser. Es fand in Berlin statt, Kaiser und Held begegneten sich dort auf der „Altenheim Expo“, dabei sei auch darüber gesprochen worden, dass Zoar einen Standort suche. Kaiser: „Es wurde vereinbart, diesbezüglich in Kontakt zu bleiben.“
Weitere Gespräche habe es dann Anfang 2016 gegeben – zu einem Zeitpunkt also, zu dem Held die Immobilie im damaligen Gewerbegebiet bereits gehörte. Dabei sei Zoar das Gebäude angeboten worden. Marcus Held, sagt Kaiser, habe ihm ein Wertgutachten vorgelegt, das den Verkehrswert von Grundstück und Gebäude mit 1,39 Millionen angab. Nach „genauer Prüfung und Verhandlungen zur Preisreduzierung“ sei man sich handelseinig geworden: Zoar kaufte die Immobilie von Held für 747.500 Euro, der Termin beim Notar war am 24. August 2016.
Gewerbegebiet wird in Mischgebiet umgewandelt
Was zwischen den zwei Notarterminen am 19. Dezember 2015 und am 24. August 2016 geschah, ist durchaus bedeutsam: Als Held das Grundstück samt Gebäude für einen „Schnäppchenpreis“ erwarb, befand es sich noch in einem Gewerbegebiet. Doch im Sommer 2016 gab es einen Stadtratsbeschluss, der entscheidenden Einfluss auf Grundstückswerte und Quadratmeterpreise gehabt haben dürfte. Auf Vorschlag der Verwaltung wurde das ehemalige Gewerbegebiet „Kette-Saar“ in ein Mischgebiet umgewandelt: Wohnbebauung und -nutzung waren fortan möglich.
Bei den entscheidenden Ratssitzungen am 11. Februar und am 16. Juni 2016 war der Stadtbürgermeister anwesend; bei den Tagesordnungspunkten, bei denen es um Kette-Saar ging, gab er allerdings den Vorsitz ab. Das ist in den Ratsprotokollen so verzeichnet; Held nehme wegen „Eigeninteresse“ nicht an den Beratungen teil, heißt es einmal, er habe sich „für befangen“ erklärt, ein anderes Mal. Warum, darüber klären die Protokolle nicht auf. Ein Ratsmitglied und ein Beobachter erinnern sich aber: Jeder sei ganz selbstverständlich davon ausgegangen, dass Held als Vorsitzender der GWG nicht an der Abstimmung teilgenommen habe. Es sei stets suggeriert worden, dass die Gemeinnützige Wohnungsbaugenossenschaft (GWG) das Gebäude gekauft habe. Auch auf telefonische Nachfrage einer AZ-Journalistin, die sich an ihn als Stadtbürgermeister und GWG-Vorsitzenden wandte, stellte Held die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse nicht klar. Er erklärte, Ziel des Zwischenerwerbs sei es, einem künftigen Träger aus dem Spektrum der Wohlfahrtspflege die Möglichkeit zu geben, eine Behinderteneinrichtung zu realisieren. Dabei wies Held auf den „politischen Auftrag“ hin, behinderten Menschen zu ermöglichen, „möglichst dezentral und selbstbestimmt leben zu können“.
Die Bitte um Stellungnahme ließ der derzeit erkrankte Stadtbürgermeister von seinem Berliner Rechtsanwalt Jan Hegemann beantworten. Es treffe zu, dass Held die Immobilie „Auf der Saar 2“ als „private Investition“ erworben habe, heißt es in dem Schreiben. Sie sei ihm erstmalig Ende Oktober 2015 angeboten worden. „Das Gebäude war durch einen Brand schwer beschädigt, der Verkäufer stand unter erheblichem wirtschaftlichen Druck“, heißt es weiter. Angesichts „erheblicher Risiken wegen der Brandbeschädigung und unklarer weiterer Verwertungsmöglichkeiten“ seien weder GWG noch HGO im Stande gewesen, in der Kürze der Zeit einen Kauf zu realisieren. Deshalb habe Held die Immobilie „kurzfristig privat zum gutachterlich festgesetzten Schätzwert“ erworben. Anschließend habe er „erhebliche Investitionen zur Beseitigung der Brandschäden“ vorgenommen, bevor er das Gebäude nach Instandsetzung weiterveräußerte.
Welchen finanziellen Umfang diese Investitionen hatten, geht aus der Stellungnahme nicht hervor. Die Polizei, die im August 2015 über den Brand einen Bericht erstellte, ging in einer ersten Einschätzung von einem Schaden „im unteren fünfstelligen Bereich“ aus.