Ungenehmigter Videodreh in Oppenheimer Katharinenkirche: Stadtbürgermeister Held entschuldigt sich
So aufgeheizt, ja aufgehetzt die Stimmung in der Stadt auch ist – der evangelischen Pfarrerin war es bislang immer gelungen, sich rauszuhalten aus den politischen Diskussionen. „Neutralität war für den Kirchenvorstand und mich in dieser Sache immer oberes Gebot“, sagt Manuela Rimbach-Sator. Damit ist es wohl erst einmal vorbei. Mit seiner Video-Botschaft zu Weihnachten, die er im Altarbereich der Katharinenkirche drehte und im Internet verbreitete, hat Stadtbürgermeister Marcus Held (SPD) die teils vergiftete Debatte um seinen Amtsstil, die die Stadt längst spaltet, in die Kirche hineingetragen.
Von Kirsten Strasser
Reporterin Rheinhessen
Das Foto zeigt den umstrittenen Beitrag auf der Facebook-Seite von Marcus Held, den dieser an Heiligabend aus der Katharinenkirche postete. Facebook-Screenshot: VRM
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OPPENHEIM - So aufgeheizt, ja aufgehetzt die Stimmung in der Stadt auch ist – der evangelischen Pfarrerin war es bislang immer gelungen, sich rauszuhalten aus den politischen Diskussionen. „Neutralität war für den Kirchenvorstand und mich in dieser Sache immer oberes Gebot“, sagt Manuela Rimbach-Sator. Damit ist es wohl erst einmal vorbei. Mit seiner Video-Botschaft zu Weihnachten, die er im Altarbereich der Katharinenkirche drehte und im Internet verbreitete, hat Stadtbürgermeister Marcus Held (SPD) die teils vergiftete Debatte um seinen Amtsstil, die die Stadt längst spaltet, in die Kirche hineingetragen.
Held hat sich mittlerweile beim Dekanat Oppenheim entschuldigt. „Es tut mir sehr leid, dass ich keine Drehgenehmigung eingeholt habe“, schreibt Held mit Datum vom 11. Januar an Dekan Michael Graebsch. „Es war mir in diesem Moment nicht bewusst, dass eine solche Notwendigkeit besteht. Deshalb möchte ich mich hierfür sehr herzlich entschuldigen.“
Kirche nicht dazu da, "degradiert zu werden"
Helds Entschuldigung ist eine Reaktion auf einen Brief, den Graebsch an den Stadtbürgermeister geschrieben hatte und der der AZ vorliegt. Darin rügt der Dekan den Stadtbürgermeister recht milde. „Wir wurden von verschiedenen Seiten auf Ihr Video aufmerksam gemacht, das Sie zu Weihnachten in der Katharinenkirche gedreht haben“, schreibt Graebsch. „Obwohl wir mit der Botschaft ganz einverstanden waren, würden wir Sie herzlich bitten, uns in Zukunft zu informieren und eine Drehgenehmigung einzuholen, damit wir eventuelle Rückfragen von dritter Seite beantworten können und der Anschein einer Begünstigung gar nicht erst entstehen kann.“
Die Drehgenehmigung hätte sich Held beim Kirchenvorstand und bei dessen Vorsitzender Rimbach-Sator einholen müssen. Aber die hätte sie ihm nicht erteilt, sagt die Pfarrerin klipp und klar. Eine Kirche sei nicht dazu da, „degradiert zu werden auf die Grußnote eines Politikers". Sie hätte Held die Bitte um den Videodreh aber nicht nur abgeschlagen, sondern ihm auch dringend abgeraten: „Weil ihm einfach hätte klar sein müssen, dass er damit provoziert.“
Video hat in Kirchengemeinde für Unruhe gesorgt
Das tut er, und zwar gewaltig. Das Weihnachtsvideo habe in der Kirchengemeinde für einige Unruhe gesorgt, sagt Manuela Rimbach-Sator. Und nachdem ein Online-Blogger auf seiner Internetseite über Helds Kirchen-Dreh berichtete, ist dieser derzeit Thema Nummer eins in der Stadt. Auch die AZ erreichen Zuschriften dazu. „Unanständig und schamlos“ wird die Aktion darin genannt, Held demonstriere sich „als Machtmensch, der keine Grenzen mehr kennt“.
Auf AZ-Anfrage verweist der Stadtbürgermeister auf das Schreiben, das er an den Dekan schickte. „Zum Hintergrund kann ich sagen“, erklärt er darin, „dass ich regelmäßig kurze Videobotschaften über Facebook versende. Dazu suche ich spontan Orte in meinem Wahlkreis aus.“ An Weihnachten verschicke er seit vielen Jahren immer einen bewusst unpolitischen Gruß, erklärt Held, diesen habe er in den letzten Jahren von unterschiedlichen Kirchen im Wahlkreis aus gesendet. „Da wir uns als Familie, insbesondere durch die Taufe unserer beiden Töchter, mit der Katharinenkirche sehr eng verbunden fühlen, wollte ich diese Botschaft auch einmal von hier aus senden.“
Bewusst in Szene gesetzt?
Hatte Held, der übrigens in Oppenheim nicht als besonders fleißiger Kirchgänger bekannt ist, sich tatsächlich „nichts dabei gedacht“, wie er es der Pfarrerin gegenüber formulierte, als sie ihn auf das Video ansprach? Oder war der sakrale Drehort doch bewusst in Szene gesetzt? Rimbach-Sator mag das nicht beurteilen. Und ob die Sache für Dekan Graebsch mit Helds Brief vom Tisch ist, ist unklar; er war für die AZ nicht für eine Stellungnahme zu erreichen.
Was Manuela Rimbach-Sator an der Geschichte besonders beschäftigt, ist nicht einmal die Tatsache, dass die Kirche unerlaubt als Kulisse benutzt wurde. Sondern dass sie und die evangelische Kirchengemeinde dadurch nun ohne Zutun Teil des Polit-Zirkus‘ wurden. „Vorher hatte ich die vage Hoffnung, dass ich als Mediatorin zwischen den Parteien vermitteln könnte. Dass dies noch möglich ist, sehe ich nun nicht mehr.“
Dabei wäre eine Versachlichung der Diskussionen dringend erforderlich, sagt die Pfarrerin, die mit großer Sorge sieht, wie sich das politische Klima immer weiter verschlechtert, wie mittlerweile tiefe Gräben durch die Oppenheimer Gesellschaft, aber auch durch Freundeskreise und Familien gehen. Auch dieser neue Fall zeige, wie aufgeheizt die Stimmung sei, wie unversöhnlich sich die Fronten gegenüberstünden. Ein Fehler, der – vielleicht aus Anmaßung, vielleicht aus Naivität – gemacht werde, werde unweigerlich als Provokation empfunden. „Ich habe eine ganze Latte von Wünschen für Oppenheim“, sagt Manuela Rimbach-Sator. „Einer ist, dass wir wieder wegkommen von diesem Lagerdenken.“