OPPENHEIM - Der aus dem Elsass stammende Thierry Mechler bestritt das diesjährige Orgelrezital in der Katharinenkirche zu Pfingsten. Mechler ist Titularorganist der Kölner Philharmonie und hat eine Professur für Orgelspiel und Improvisation an der Musikhochschule Köln inne. Des Weiteren tritt er auch als Komponist in Erscheinung und gewann zahlreiche Preise. Seit ihrer Einweihung 2006 zieht die Woehl-Orgel viele internationale Künstler an, sie setzt die bedeutende Orgeltradition Oppenheims fort: Sowohl Max Reger als auch Albert Schweitzer kamen in die Katharinenkirche, um auf dem damaligen Instrument zu spielen.
Die Kirche ist freilich ein Bauwerk, von dem eine große spirituelle Kraft ausgeht, der Blick auf die Fenster ermöglicht eine Einstimmung auf die Musik. Mechler wandte sich Johann Sebastian Bachs Goldberg-Variationen zu.
Die Aria setzte ein: Helle Register herrschten vor, sogleich war der Hörer fasziniert. Etwas Schimmerndes wohnte der Darbietung inne. Die erste Variation war rhythmisch stringent, Mechler verfügt über eine fulminante Technik. Der Organist vermittelte die Intellektualität von Bachs Musik ebenso wie ihre transzendente Dimension. Tänzerische Wendungen fanden sich in Mechlers Spiel, welche in freudige, silbrig tönende Passagen übergingen.
Berühmte Aufnahmen der Goldberg-Variationen auf dem Konzertflügel gibt es von Glenn Gould, seine Deutung ist dabei höchst umstritten. In jüngerer Zeit sorgten Einspielungen Igor Levits und Alexandre Tharauds für Aufsehen. Filigraner klingt Bachs Schöpfung auf dem Cembalo, für das sie im Original geschrieben wurde. Die „Königin der Instrumente“ setzte die Goldberg-Variationen in Oppenheim in ein besonderes Licht: Mechler durchstreifte mannigfaltige Timbres und wählte durchaus rasante Tempi. In immer weitere Höhen schossen die einzelnen Sätze empor, Wolken wurden evoziert, pulsierende Triller eingefügt, zugleich demonstrierte der Organist ein exaktes Formbewusstsein.
Erst Stille, dann stehende Ovationen
Während im ersten Teil sanftere Register vorherrschten, brach die Ouvertüre mit großer Macht herein – dramatische Umschwünge prägten jetzt die Interpretation. Mechler vermochte erneut, tranceartige Zustände und Klarheit zu verbinden – die kristalline Struktur der Musik wurde hörbar. Fließend war Mechlers Spiel in der 17. Variation, springend geriet die 18. (Canone alla Sesta), spannungsreich waren die Wechsel zwischen Dissonanz und Auflösung. Die 25. Variation deutete Mechler beschwörend in ihrer tiefen Traurigkeit.
Virtuos gestalteten sich die abschließenden Sätze, welche der Aria entgegenströmen, vielfarbig das Quodlibet. Als der letzte Takt nach einer guten Stunde verklungen war, herrschte erst einmal Stille in der Katharinenkirche – es folgten stehende Ovationen für Thierry Mechler.