Erst schmausen sie gemeinsam an der Tafel reicher orientalischer Bürger – dann verwandeln sich die hungernden Flüchtlinge in Hänsel und Gretel. Foto: Wolfgang Bohrmann
( Foto: Wolfgang Bohrmann )
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
NIERSTEIN - Bei einer Vorstellung im TiP1 des Philosophicums der Mainzer Universität wurde Gernot Klöckner auf das Projekt „APART – Theater mit Geflüchteten“ aufmerksam. Klöckner, der als Koordinator der Integrationslotsen der VG Rhein-Selz tätig ist und beim Projekt „Café Welcome“ in Nierstein aktiv mitarbeitet, lud die Gruppe spontan ins Johannes-Busch-Haus ein.
Die Vorstellung in Nierstein war gut besucht und der Saal zur Freude der Organisatoren bis auf den letzten Platz gefüllt.
Die Theatergruppe, die sich aus Geflüchteten und Mitgliedern der Hochschulgruppe PunkT.heater in Kooperation mit TEAN e.V. rekrutiert, zeigte eine kurzweilige Collage aus östlicher und westlicher Märchenkunst. Genauer gesagt werden Märchen der Gebrüder Grimm mit Geschichten aus Tausendundeiner Nacht vermischt. So treffen beispielsweise Sindbads Matrosen auf den bösen Wolf, der die Großmutter und das Rotkäppchen verschlungen hat. Natürlich befreien sie die beiden aus dem Bauch des Wolfes und füllen stattdessen Steine hinein. Trotz der Vermischung von zwei gänzlich fremden Geschichten haben sowohl die Kinder als auch die Erwachsenen schnell erkannt, um welches Märchen es sich handelte.
Nach dem gleichen Muster verwandelten sich zwei hungernde und frierende Flüchtlinge, nachdem sie an der Tafel reicher orientalischer Bürger zu essen bekommen hatten, in Hänsel und Gretel. Der Ausgang des Märchens war dann so, wie man es von den Gebrüdern Grimm kennt: Die Hexe landet in ihrem eigenen Ofen. Den vergifteten Apfel bekommt Schneewittchen im Stück nicht von der bösen Stiefmutter gereicht. Stattdessen ist es ihr Prinz, ein Flüchtling, der ihr das Obst reicht, ohne zu wissen, dass es vergiftet ist. Aber natürlich geht auch diese Geschichte gut aus. Der Flüchtlingsprinz darf sein Schneewittchen heiraten und zusammen mit den Zwergen ein rauschendes Fest feiern.
Aus den positiven Reaktionen der Zuschauer konnte man schließen, dass diese Form des Märchenerzählens gut ankommt. Die Passagen, die von den Geflüchteten in ihrer Muttersprache wiedergegeben wurden, wurden von den Zuschauern, die die deutsche Sprache noch nicht besonders gut beherrschen, mit Freude und Anerkennung aufgenommen. Den kurzen Dialogen konnten auch die vielen Kinder gut folgen.
Somit kann man zusammenfassend feststellen, dass die Aufführung sowohl für alle Altersklassen als auch für Deutsche und Flüchtlinge gleichermaßen verständlich war. Das ist eine ganz besondere Leistung der Schauspieler und wurde auch mit reichlich Szenenapplaus belohnt.
Die APART Theatergruppe studierte die Collage unter der Leitung der Regisseurin Tina Katzenstein ein. Organisiert wird die Truppe von Patrick Philipp, die Technik beherrscht Ruben Becker.