Schweigende Ergriffenheit: Anspruchsvolle Aufführung der h-Moll-Messe von Bach in der Oppenheimer Katharinenkirche
Von Bernhard Mayer
Ein außergewöhnliches Konzerterlebnis boten die Churpfälzische Hofkapelle, Solisten sowie die Kantoreien Petruskirche Gießen und St. Katharinen unter der Leitung von Ralf Bibiella. Foto: hbz/Michael Bahr
( Foto: hbz/Michael Bahr)
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OPPENHEIM - Die Hohe Messe in h-Moll – ein Menschenleben reicht nicht, die Tiefen des Meisterwerkes der Musikgeschichte zu ermessen. Das monumentale Werk ist das am häufigsten aufgeführte Werk Bachs. Und dennoch gibt uns das Opus, Bachwerkeverzeichnis 232, auch Rätsel auf. Es stellt sich die Frage: Was hat Bach bewogen, das auch als „Missa“ bezeichnete Werk in der Form zu gestalten, wie sie heute vor uns steht?
Einzigartiges Zeugnis für das kompositorische Schaffen
Die vollständige Partitur der auf 99 Bögen von Bach kurz vor seinem Tod niedergeschriebenen Messe ist ein einzigartiges Zeugnis für das gesamte überragende kompositorische Schaffen Johann Sebastian Bachs. Sein Vermächtnis. Diesem unschätzbar wertvollen Zeitzeugnis wurde 2015 die Ehre zuteil, in das Weltdokumentenerbe aufgenommen zu werden.
Der Willkommensgruß von Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator galt den Interpreten, den Solistinnen Jasmin Hörner, Melinda Paulsen, den Solisten Michael Porter und Thomas Faulkner, der Churpfälzischen Hofkapelle, der Gastkantorei der Petrusgemeinde Gießen sowie der Kantorei St. Katharinen unter der Leitung von Ralf Bibiella. Des Weiteren begrüßte sie die große Zuhörerschar zu dem besonderen Musikereignis.
ZUR ENTSTEHUNGSGESCHICHTE
Was ist das Besondere? Die Entstehungshistorie der h-Moll-Messe ist ungewöhnlich spannend. Sie enthält Kompositionen, die zwischen 1715 und 1748 entstanden sind. Um 1740 sichtete und ordnete Bach sein Schaffen und fasste den Plan, das Sanctus von 1724 mit Kyrie und Gloria von 1733 durch die Neukomposition der fehlenden Stücke zu einer vollständigen Messe zu erweitern. Ein Kompendium der Vielfalt seiner Kunst, die in der Nachschau dennoch wie „aus einem Guss“ wirkt.
Besonders dankenswert ist es, dass die Kantoreien der Petrusgemeinde Gießen, Leitung: Marina Sagorski, und die Kantorei St. Katharinen unter der Leitung von Ralf Bibiella die Aufführung dieses höchst anspruchsvollen und schwierigen Werkes in Kooperation an zwei Aufführungsorten in Gießen und Oppenheim gestalteten.
Der Beginn der Messe mit dem dreimaligen Anruf des „Kyrie“ steht ergreifend und gewaltig im Raum. Wie ein sich öffnender Vorhang erscheint das sich anschließende geniale Fugenthema. In einem Wechselgebet antworten Sopran und Mezzosopran: „Christe eleison.“ Sehr intensiv durch viele Halbtonschritte geprägt: das zweite „Kyrie.“
„Gloria in excelsis deo“ – strahlender Trompetenchor im Wechsel mit der Bitte des Chores um Friede auf Erden – ein beeindruckender Chorklang verschmolz mit dem Spiel des exzellenten Orchesters. Ein großer Anbetungsgesang ist das aus der Tiefe aufsteigende Chorthema: „Gratias agimus tibi“, prachtvoll endend.
Jasmin Hörner (Sopran) und Michael Porter (Tenor) beeindruckten mit brilliantem und transparenten Solo und wunderbarer Flötenbegleitung. „Cum Sancto Spiritu“ – das Ende des „Gloria“ – temperamentvoll und erfüllt.
Der mit dem Credo beginnende zweite Teil der h-Moll-Messe beinhaltet einen nicht zu beschreibenden Farben- und Formenreichtum: Kreuz und Auferstehung, Passion und Ostern von Johann Sebastian Bach ausgedrückt mit unglaublichen, die musikalische Zukunft vorwegnehmenden, musikalischen Mitteln. Großartig die Interpretation Bassarie „Et in Spiritum Sanctum Dominum“ durch Thomas Faulkner.
Der kurzfristig für Andreas Karasiak eingesprungene Tenor Michael Porter beeindruckte in der Arie „Benedictus qui venit“. Das wunderbare Flötensolo bleibt in Erinnerung. Das kraftvolle „Osanna in excelsis“ rahmte die Tenorarie. „Agnus Dei“ – auf unnachahmliche Weise interpretierte Melinda Paulsen die Arie, von zart zeichnenden Streichern begleitet. „Dona nobis pacem“ – die Bitte um Frieden stand am Ende. Musikalisch erhebend gesungen und gespielt von den beiden Chören aus Gießen und Oppenheim, den Gesangssolisten und der Churpfälzischen Hofkapelle unter Leitung von Ralf Bibiella. Nach einer Zeit schweigender Ergriffenheit dankten die Zuhörer mit reichem Beifall.