Schuberts Doppelkonzert in der Katharinenkirche in Oppenheim
Von Fred Balz
Die Kantorei St. Katharinen und die Thüringer Philharmonie Gotha unter Leitung von Ralf Bibiella begeisterten in Oppenheim. Foto: hbz/Michael Bahr
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OPPENHEIM - Über 100 Musiker bilden das imposante Panorama der Oppenheimer Katharinenkirche beim Schubert Doppelkonzert mit seiner letzten Sinfonie in C-Dur („Die Große“) und der großen Messe in As- Dur. Während Schuberts Vokalwerke regelmäßig aufgeführt werden, stehen seine Sinfonien und Messen im Schatten von Beethoven oder Haydn. Dennoch lohnt sich ein Wiederhören dieser selten gespielten Werke. Immerhin war Schuberts letzte Sinfonie eine Replik auf Beethovens 9. Sinfonie und kaum eine Messe kommt so melodienselig daher wie dieses üppig ins Kraut schießende Werk. Zur mit Bläsern, Streichern und Schlagwerk voll besetzten Thüringer Philharmonie Gotha kommen der große gemischte Chor der Kantorei St. Katharinen und die Gesangssolisten Tabea Graser (Sopran), Maria Dehler (Mezzosopran), Jonas Boy (Tenor) und Young Jin Ko von Barock Vokal der Mainzer Musikhochschule dazu. Einstudierung und Dirigat liegt in den Händen des Katharinenkantors Ralf Bibiella.
Melancholisches Andante erscheint wie ein Gebet
Vier Sätze, ein wundervoller langsamer Satz, pralle Harmonik und eine überbordende Melodienseligkeit lassen das Fehlen von solistischen Ausflügen und scharfen Kontrasten wie bei Beethoven verschmerzen. Der Horneröffnung folgt die unaufgeregte Themenaufnahme durch die Bläser, während gezupfte Streichinstrumente rhythmisch intervenieren. Die Bläsersektion ist mit Flöten, Oboen, Klarinetten, Fagott, Hörnern, Trompeten und Posaunen bestens besetzt. Sie schaffen ein abwechslungsreiches Klangbild. Mit einem weiteren Hornthema nimmt der Ecksatz Fahrt auf. Ob langsam oder schnell, und mit geradlinigen Rhythmen, musiziert das Orchester zum Satzende hin mit geschickt gesetzten Tutti zunehmend feierlich. Das melancholische Andante erscheint dagegen anfangs wie ein stilles Gebet.
Kontraste treten hier stärker zutage und lassen zwei Themen aufeinanderprallen, die sich dramatisch zuspitzen. Schließlich überwiegt der Stille suchende Charakter des zweiten Satzes. Scherzo und Allegro Vivace lassen mit spritzigen volksliedhaften Melodien und einem sich dramatisch entwickelnden Finalsatz die Sinfonie ausklingen.
BANDBREITE
Bei der Messe stehen natürlich Stimmen und Botschaft im Vordergrund. Dennoch beeindruckt das Orchester mit strahlenden Bläserklängen, tiefen kontrastierenden Klängen sowie einer chromatisch erweiterten Harmonik, die Chor und Solisten eine größere emotionale Bandbreite zur Verfügung stellt.
Themen des lateinischen Textes sind bittende Kyrie, feierliches Gloria (mit Bläserklängen), kraftvolles Credo, Sanctus sowie Agnus Dei. Das bedeutet Fürbitte, Ehrerbietung, Glaubensbekenntnis, Heiligkeit Gottes, Sündenerlass und inneren Frieden. Der Wechsel von Chor und Solisten, Männer- als auch Frauenstimmen lässt den rituellen Text in wechselnder Melodik und Koloratur wiederholen. Feierlich oder fragend, deklamatorisch oder als kanonartiger Jubelchor beim „Osanna“ kann die Kantorei St. Katharinen stets die passenden Akzente setzen.
Die Solisten von der Mainzer Musikhochschule reihen sich mühelos in diese gesanglich höchst anspruchsvolle Messe ein. Ralf Bibiella sei gedankt, dass er sich an diese nicht einfach zu schulternde Mammutaufgabe gewagt hat. Das Publikum bedankt sich dafür mit stehenden Ovationen.