Politiker und Schüler diskutieren an Oppenheimer IGS über EU
Quo vadis, Europa? So war die zweistündige Podiumsdiskussion überschrieben, in der es nicht nur um Brexit, Populismus, Urheberrecht und Fridays for Future ging.
Von Beate Nietzel
Editorin Rheinland-Pfalz-Desk
Zwei Stunden legten die Vertreter der Parteien ihre Position in Sachen EU dar.
(Foto: Beate Nietzel)
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OPPENHEIM - Ende der Diskussion: „Jede Stimme zählt“, das steht für Sebastian fest. „Man braucht gemeinsame Ziele“, ergänzt André. Ganz klar also, dass die beiden Zwölftklässler der IGS Oppenheim am 26. Mai zum ersten Mal von ihrem Recht als Wähler Gebrauch machen werden.
Zumal nach jenen zwei Stunden, in denen Vertreter der großen und kleinen Parteien (siehe Kasten) ihre Positionen zum Thema Europa erläutert haben – zu Brexit und Reform des Urheberrechts, zu „Fridays for Future“ und Populismus.
Altersmäßig dem Auditorium am nächsten, sorgt FDP-Vertreter Luca Kühn gleich mal für Stimmung. „Europa ist Freiheit“, ruft der 19-Jährige den Schülern zu. Aber was es etwa im Brexit-Fall bedeute, wenn die Reisefreiheit eingeschränkt werde, es kein kostenloses mobiles Datennetz mehr gebe oder bei Fahrten etwa in die Niederlande und vor allem zurück wieder Grenzkontrollen drohten – das könnten sich auch junge Leute wohl ausmalen.
TEILNEHMER
An der Podiumsdiskussion nahmen teil: Jan Metzler (CDU), Mitglied des Bundestages; Corinne Herbst (SPD); Kandidatin für das Europaparlament; Jutta Paulus (Bündnis 90/Grüne), Landesvorsitzende und Kandidatin für das Europaparlament; Luca Kühn (FDP), Stellvertretender Landesvorsitzender der Jungen Liberalen; Iris Peterek (Freie Wähler Rheinland-Pfalz); Alexander Jungbluth (AfD), Landesvorsitzender der Jungen Alternative; David Schwarzendahl (Die Linke), Vorsitzender des Kreisverbands Frankenthal und Europawahl-Kandidat.
Während Jan Metzler „das Herz blutet“ angesichts des Brexit-Chaos samt versagendem Parlament, nennt Alexander Jungbluth den Volksentscheid ein „demokratisches Votum, das wir akzeptieren müssen“. Anders Jutta Paulus: Die britischen Wähler seien mit falschen Fakten hinters Licht geführt worden; David Schwarzendahl macht sich Sorgen um die Handelsfreiheit. „Geht wählen!“: Dieser Appell von Corinne Herbst lässt sich als Fazit unter alle Fragenblöcke setzen. „Welche Rolle spielt die EU aus Ihrer Sicht?“, will das Moderatoren-Trio Philipp, Rebecca und Jonathan wissen. „Wir müssen für die Freiheit etwas tun, für ein harmonisches Miteinander in Toleranz und Verständnis“, so Iris Peterek: Die Europäische Union sei „hervorragend und verbesserungswürdig gleichermaßen“ – und die „Zukunft der Jugend“. Jan Metzler verweist auf „Selbstverständlichkeiten, die keine sind“ im „größten Wirtschafts- und Freiheitsraum dieser Erde“ – etwa den freien Verkehr von Personen, Waren, Dienstleistungen und Kapital. 70 Jahre Frieden am Stück – „das ist die absolute Ausnahme“, und das müsse jeden Tag neu erarbeitet werden.
„Klima und Umwelt kennen keine Grenzen“, macht Jutta Paulus die Notwendigkeit gemeinsamer Regeln deutlich, „um die Lebensgrundlage der künftigen Generationen zu sichern“. Auch für Ausbildung und Studium biete Europa etwa mit dem Erasmus-Programm beste Möglichkeiten. David Schwarzendahl wiederum sieht einheitliche Sozialstandards als unabdingbar an.
„Woran kann man populistische Strömungen erkennen?“ – diese Frage liegt jungen Menschen am Herzen. „Mit einfachen Antworten Stimmung erzeugen, fake news verbreiten“, sagt Corinne Herbst; „keine Antwort auf komplexe Fragen liefern“, sagt Jutta Paulus. „Kein Interesse an Problemlösungen haben, um den Nährboden für die eigenen Existenz zu erhalten“, meint Jan Metzler auch in Richtung AfD. Alexander Jungbluth wiederum erkennt „keine klare Definition“ für diesen „Kampfbegriff, mit dem jede Meinung außerhalb des Mainstreams belegt wird.“ Er bevorzuge „eine EU der Vaterländer“ ohne „Bürokratiemonster“. Jutta Paulus’ Vision sind „Vereinigte Staaten von Europa“, Metzler will die gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik gestärkt sehen.
Und was ist von demonstrierenden Schülern zu halten? „Der Druck muss von der Straße und von uns allen kommen“, betont David Schwarzendahl, während Corinne Herbst mahnt: „Schwänzen mit Grund – ok. Aber Ihr müsst die Profis von morgen sein und euch weiter einbringen.“
Die Podiumsdiskussion wurde federführend von Sozialkunde-Lehrer Christopher Rheinberger gemeinsam mit den Kollegen Laura Lay und Robert Hoffmann sowie den Sozialkunde-Leistungskursen der Jahrgangsstufen 11 und 12 organisiert. Schulleiter Siegfried Käufer zeigte sich nach Schluss begeistert über Verlauf und Erfolg der Veranstaltung – die erste dieser Art an der noch jungen Schule: „Das hat vor allem auch den Erstwählern einiges gebracht“, zeigte er sich überzeugt.