Oppenheimer Stadtrat beschäftigt sich in der Sitzung am Montag mit einer Reihe von Altlasten
Von Ulrich Gerecke
Reporter Politikredaktion
Bei vielen Veranstaltungen wie dem Weinfest kommt der Bauhof der Stadt Oppenheim zum Einsatz. Um die Kosten dafür geht in der Stadtratssitzung. Archivfoto: Mühleck
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OPPENHEIM - Im Oppenheimer Haushaltsdrama steht der nächste Akt bevor, aber der Vorhang fällt noch lange nicht. Wenn der Stadtrat an diesem Montag zusammentritt, schlagen sich die Altlasten der Ära Marcus Held mit voller Wucht in der Tagesordnung nieder. Ob Schülerlotsen, Stellplatzablöse, Bauhofeinsätze oder Beigeordnetenzahl – Vieles, was der Landesrechnungshof an üppiger Ausgabenpolitik unter dem Ex-Stadtbürgermeister kritisiert hat, kommt wieder aufs Tapet.
Vor allem beim Thema Gradinger könnten die Emotionen hochkochen. Der Abriss des alten Möbellagers hat nach den neuesten Berechnungen bisher 1,056 Millionen Euro gekostet (931 000 Euro Abrisskosten, 125 000 Euro Nebenkosten). Weitere Leistungen in Höhe von 96 500 Euro sind noch zu bezahlen. Somit hängt ein Preisschild von 1 152 595,25 Euro an dem Projekt. Der Stadtrat müsste also überplanmäßige Ausgaben in Höhe von 122 600 Euro in seinen ohnehin maladen Etat aufnehmen.
Für die Baugesellschaft HGO sind das ebenfalls keine gutenNachrichten. Sie soll „noch im Mai 2018“ (so die Vorlage) das Gelände übernehmen – und dafür am Ende 1,494 Millionen Euro zahlen. Dieser Betrag setzt sich zusammen aus den Abrisskosten plus 580 000 Euro für das Grundstück sowie kleineren Posten für Refinanzierungen. Abgezogen wird nur der städtische Abrisskostenanteils in Höhe von 580 000 Euro.
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In seiner Sitzung am Montag, 28. Mai (19 Uhr/Rathaus) soll der Stadtrat auch eine Änderung der Hauptsatzung beschließen, die eine Reduzierung der Beigeordnetenposten von drei auf zwei zur Folge hätte.
Beraten werden soll auch der Antrag der Verkehrswacht GmbH, die Gebühr für eine Stunde Parken in der Altstadt von 70 Cent auf einen Euro zu höhen. Auch über die Neuordnung der Stallplatzablöse wird gesprochen.
Widerspruch gegen die Haushaltsverfügung
Gemessen an diesen schwindelerregenden Summen nimmt sich das Sparpaket von 160 000 Euro, die die Kommunalaufsicht der Stadt aufgebrummt hat, eher mickrig aus. Dennoch steckt auch hier Zündstoff drin. Interims-Stadtbürgermeister Helmut Krethe (parteilos) will sich vom Rat das Mandat holen, gegen die Haushaltsverfügung Widerspruch einzulegen. Im Kern geht es darum, ob die Stadt Zuschussleistungen Dritter in ihr Sparpaket hätte hineinrechnen dürfen oder nicht.
Die Fronten zwischen der Kommunalaufsicht des Landkreises und der Stadt scheinen auf fast allen Ebenen verhärtet, Die Stadt will ihre Schülerlotsen (ein weiterer Kritikpunkt des Rechnungshofes) behalten, aus Ingelheim kommt die Forderung, diese abzuschaffen. Richtig Ärger gibt es bei der Frage, ob Veranstalter von Festen und anderen Events künftig für Leistungen des städtischen Bauhofes bezahlen müssen. In der Vergangenheit waren solche Forderungen ausgeblieben. 36,24 Euro pro Arbeitsstunde veranschlagt das Rathaus nun und hat eine gestaffelte Gebührentabelle nach einheimischen und auswärtigen Kunden beziehungsweise kommerziellen und gemeinnützigen Veranstaltern aufgestellt sowie „Freistunden“ einkalkuliert. Die Antwort aus Ingelheim klingt wie ein bürokratischer Peitschenknall: „nicht nachvollziehbar“, „mit der desolaten Haushaltslage unvereinbar“, „Bedenken wegen Rechtsverletzung“. Ergebnis wird wohl sein, dass die Stadt ihren Katalog überarbeitet und für unmittelbar bevorstehende Events, zum Beispiel das Weinfest, Einzelfallregelungen trifft.
Nachbarkommunen schauen mit Interesse zu
Das Thema Bauhofleistungen wird auch in Nachbarkommunen mit Interesse verfolgt – und mit Unbehagen. Eine AZ-Umfrage unter Bürgermeistern hat ergeben, dass das frühere Oppenheimer Modell, den Bauhof an externe Veranstalter ohne Kostenerstattung „auszuleihen“, ziemlich einmalig war. In Nierstein zum Beispiel wird der Bauhof nur für eigene Events aktiv. Für Mäharbeiten im Kirchgarten gibt es einen Vertrag mit der Kirchengemeinde. Ansonsten heißt es vor allem aus kleinen Gemeinden, man habe dort gar nicht die nötigen Kapazitäten, die eigenen Bauhof- oder Gemeindearbeiter für andere schaffen zu lassen.
Die Diskussion in Oppenheim löst mancherorts Sorge vor dem Kaputtsparen aus. „Bloß keine schlafenden Hunde wecken“ oder „Nicht das Kind mit dem Bade ausschütten“ heißt es da. Ein Ortschef, der nicht genannt werden will, bringt auf den Punkt, was die meisten denken: „Wenn wir für jede Unterstützung von Vereinsaktivitäten Geld nehmen müssten, torpedieren wir das ehrenamtliche Engagement, das wir alle wollen und das auch wieder der ganzen Gemeinde zu Gute kommt.“ „Ehrenamtlich tätige Gruppen und Vereine sind eine Stütze der Gemeinde und tragen erheblich zum Gemeindeleben, zum Erhalt und zur Weiterentwicklung bei“, betont Rudolf Baumgarten (Uelversheim). Sein Dolgesheimer Kollege Michael Schreiber (beide SPD) empfiehlt: „Einfach mit etwas Augenmaß arbeiten.“ Andere befürchten gerade bei kleinen Arbeit durch Verrechnungen hohen bürokratischen Aufwand.