Oppenheim: On Tour auf der B 9: Lukas I. ist ein echter Fan seiner Heimat Schifferstadt und gibt Tipps für einen Besuch
Von Beate Nietzel
Editorin Rheinland-Pfalz-Desk
Der erste Rettichkönig Lukas Kopping an der Skulptur der Schifferstadter Rettichfrau (links) und die originalgetreue Nachbildung des Goldenen Huts von Schifferstadt. Archivfotos: Martina Lenz, Klaus Venus
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SCHIFFERSTADT - Kran und Hut – steh’n ihr gut, der Stadt Schifferstadt. Der „Goldene Hut“, ein im Jahr 1835 bei Arbeiten auf einem nahen Feld gefundenes Relikt aus der Bronzezeit, ist eine der touristischen Attraktionen der rund 20 000 Einwohner zählenden Stadt „zwischen Rhein und Reben“, gelegen mitten im „Gemüsegarten Deutschlands“ und in der Metropolregion Rhein-Neckar. Und als „Kran von Schifferstadt“ ist der Ringer und Gewichtheber Wilfried Dietrich, der zwischen 1951 und 1977 insgesamt 30 Deutsche Meisterschaften – unter anderem auch mit dem ASV Mainz 88 – sowie mehrere Olympiamedaillen gewann, in die Sportgeschichte eingegangen. Den Namen des 1992 im Alter von nur 58 Jahren verstorbenen Jahrhunderttalents trägt auch eine Sporthalle in seiner Heimatstadt, ebenso erinnert ein Denkmal an Wilfried Dietrich.
In der Sporthalle war auch Lukas Kopping schon als Zuschauer bei Veranstaltungen zugegen. Vor einigen Wochen, beim diesjährigen Rettichfest vom 9. bis 12. Juni, hat der 22-Jährige eine weibliche Domäne erobert: Als Lukas I. ist er neuer Rettichkönig von Schifferstadt, damit der erste männliche Träger dieser Amtswürde und könnte sich somit mit Magnus Kissel aus Saulheim, Weinkönig der VG Wörrstadt und der erste in Rheinhessen, inhaltlich die Hand reichen.
„Zum ersten Mal wurde das Amt auch für einen Mann ausgeschrieben“, erzählt „Seine Majestät“ Lukas I. beim Telefongespräch mit der AZ. Sein Vater habe ihn auf die Idee zur Bewerbung gebracht, „und alle Freunde haben mich total unterstützt.“ Apropos Freunde: Was der gebürtige Schifferstadter an seiner „kleinen Stadt“ so schätzt, ist die Freundlichkeit der Einheimischen: „Jeder grüßt jeden, Fremden wird geholfen, und man trifft neue Leute“.
Der erste Rettichkönig Lukas Kopping an der Skulptur der Schifferstadter Rettichfrau (links) und die originalgetreue Nachbildung des Goldenen Huts von Schifferstadt. Archivfotos: Martina Lenz, Klaus Venus Foto:
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Altes Rathaus ist das Wahrzeichen
Einer der ersten Repräsentationstermine für Lukas I. war das Karpfenfest in Otterstadt Anfang Juli mit großem Festumzug, Fischerfest und Waldfest in Schifferstadt sind weitere sommerliche Höhepunkte, und das nächste Rettichfest 2018 wird er auch noch aktiv mitgestalten, währt die Amtszeit als König doch zwei Jahre. „Früher hat jeder im Garten Rettich angebaut“, erzählt der naturliebende junge Mann, der bei der Stadt Mannheim als Landschaftsgärtner arbeitet, leidenschaftlich gern kocht und Neues ausprobiert: „Carpaccio vom Rettich mit Ziegenkäse, Honig und Nüssen“ empfiehlt er beispielsweise kulinarisch aufgeschlossenen Zeitgenossen als Gruß aus der Region.
DIE SERIE
Baustellen, Blechlawinen, Staus – das verbinden viele mit der B 9. Doch die rund 450 Kilometer lange Verkehrsader, die von der französischen bis zur niederländischen Grenze führt, verbindet uns mit vielen interessanten Orten und Regionen. Wo kommt man raus, wenn man auf der B 9 on Tour geht? Diesmal in Schifferstadt.
Beim Rundgang durch seine Heimatstadt macht Lukas Kopping auf das Heimatmuseum aufmerksam, das er schon als Grundschüler besuchte und das eine Nachbildung des Schifferstadter Wahrzeichens beherbergt: Den Goldenen Hut, im Original im Historischen Museum der Pfalz in Speyer ausgestellt.
Knapp 30 Zentimeter hoch und etwa 350 Gramm schwer, gilt der Hut aus ornamentiertem Goldblech, hergestellt mutmaßlich 1400 bis 1300 vor Christus, als repräsentative Kopfbedeckung mit religiös-kultischer Bedeutung sowie Kalenderfunktion. Eine Skulptur des Goldenen Hutes findet sich auch in der Innenstadt.
Eines der baulichen Wahrzeichen ist das Alte Rathaus am Marktplatz. 1558 erbaut, ist der Fachwerkbau mit massivem Arkadenerdgeschoss, in dem sich einst das Gericht der Stadt traf, eines der ältesten und prächtigsten Rathäuser in der Rheinpfalz.
Jede Menge weiterer Häuser aus Barock- oder Gründerzeit prägen das Stadtbild, und eine weithin sichtbare Landmarke ist der Wasserturm, ein im Jahre 1931 errichteter, etwa 50 Meter hoher zwölfseitiger Betonbau mit Zeltdach: „Bei gutem Wetter kann man ihn von der B 9 aus sehen“, beschreibt Lukas Kopping das Industriedenkmal, das nachts in bunten Farben erstrahlt.
An dunkle Zeiten wiederum erinnert die Edith-Stein-Gedenktafel zwischen den Gleisen 2 und 3 des Schifferstadter Hauptbahnhofs. Von hier stammt das letzte Lebenszeichen der Philosophin und Ordensfrau, Brückenbauerin zwischen Juden und Christen, die hier im August 1942 mit mehreren Menschen auf dem Bahnsteig Nachrichten austauschen konnte und wenig später in Auschwitz-Birkenau ermordet wurde.
Sportlich Interessierten empfiehlt Lukas Kopping, selbst regemäßiger Nutzer eines Fitness-Studios, übrigens das Erste Deutsche Ringermuseum. Wer erfahren möchte, wie Wilfried Dietrich es in die „Hall of Fame des deutschen Sports“ geschafft hat, ist hier genau richtig aufgehoben. Jeden ersten Sonntag im Monat von 10 bis 12 Uhr oder nach Voranmeldung lässt sich eine Zeitreise durch zehn Jahrzehnte durch die Welt des Ringens unternehmen – bestimmt auch ein lohnender Ausflug für 88-er Fans…