Oppenheim hofft auf ausgeglichenen Haushalt

Ständiger Kostenfaktor: Was wird aus den Festspielen (im Bild „Der Kaufmann in Venedig“ von 2016). Archivfoto: hbz/Michael Bahr
OPPENHEIM - Wer nicht kam, verpasste etwas. Weil beide SPD-Fraktionen und viele weitere Mitglieder fehlten, konnte der Oppenheimer Haupt- und Finanzausschuss den Etatentwurf für 2019 am Mittwochabend mangels Beschlussfähigkeit nur beraten. Eine Empfehlung für die Stadtratssitzung am 18. Dezember gab es nicht. Dabei hätte das, was Kämmerer Oliver Riedel von der Verbandsgemeinde Rhein-Selz zu sagen hatte, durchaus ein paar mehr Zuhörer verdient gehabt. „Wenn es weiter so gut läuft wie bisher, kommen wir 2018 nah an die Null ran“, verriet Riedel dem staunenden Rumpf-Ausschuss.
Ein ausgeglichener Haushalt – für das hoch verschuldete Oppenheim wäre das ein Ereignis mit Seltenheitswert. Mit Ausnahme von 2015, als die Grundstücksverkäufe im Krämereck Süd viel Geld und einen Überschuss von knapp 670 000 Euro bescherten, hatte die Stadt zuletzt jedes Jahr knietief in den roten Zahlen gesteckt, manchmal mit einem siebenstelligen Betrag. Auch für 2017 steht noch ein Minus von 83 000 Euro in den Büchern. Und jetzt das? Kein Wunder, dass der parteilose Stadtbürgermeister Walter Jertz, für den es die erste Haushaltsdebatte ist, scherzte: „Dann machen wir doch gleich den Champagner auf.“
Im AZ-Gespräch lieferte Riedel im wesentlichen drei Erklärungen dafür, warum die Prognose für 2018, die ein Minus von 876 000 Euro auswies, vielleicht drastisch nach oben korrigiert wird: Das von der Kommunalaufsicht auferlegte Sparprogramm von 160 000 Euro haben Jertz und sein Interimsvorgänger Helmut Krethe mit 180 000 Euro übererfüllt. Dazu kamen zahlreiche weitere kleine Sparmaßnahmen. Vor allem aber profitiert die Stadt von höheren Steuereinnahmen und Schlüsselzuweisungen. Dabei schlägt die zusätzliche Einkommensteuer aus dem Krämereck Süd sogar erst 2020 voll auf den Haushalt durch. Und die Grund- und Gewerbesteuer hat die Stadt dafür auch noch nicht einmal erhöhen müssen.
Anlass zum Frohlocken gibt es mit Blick auf die langfristigen Kennzahlen dennoch nicht: Für 2019 wird mit einem Minus von 323 000 Euro geplant. Das Eigenkapital schrumpft auf 15,8 Millionen, die Liquiditätskredite sinken nur minimal auf 17,23 Millionen und 5,2 Millionen Euro drückt die Stadt allein an VG- und Kreisumlage ab. „Wir können nur über 28 Prozent unserer Erträge verfügen“, machte Jertz deutlich, wie eng der Spielraum bleibt.
Deshalb will er auch 2019 jeden Cent zweimal umdrehen: Die Anschaffung einer Kehrmaschine ist bei den Investitionen das Höchste der Gefühle, den geplanten Stadtteilentwicklungsplan für das alte Gewerbegebiet will Jertz an eine Hochschule vergeben. Und ob eine Gebühr auf Weinbergstouren (10 Euro pro Fahrt, kalkulierte 3000 Euro im Jahr) wirklich kommt? Da wird der Stadtrat sicher noch drüber debattieren.
Festspiele nur alle zwei Jahre?
Dass für Jertz auch Sparen Grenzen hat, zeigen die Festspiele. Die Kommunalaufsicht drängt darauf, diese 2019 ausfallen zu lassen und nur noch alle zwei Jahre auszurichten. „Ich plädiere dafür, dass wir sie zumindest in abgespeckter Form durchzführen“, entgegnete Jertz. Die zuständige Beigeordnete Susanne Pohl (CDU) betonte, man habe bei Gagen und anderen Kostenpunkten schon massiv den Rotstift angesetzt. Aus dem Rat bekam Jertz („Wir zeigen, dass wir uns um Sparsamkeit bemühen“) für seine Haltung Zuspruch. Das dürfte noch harte Verhandlungen mit der Kommunalaufsicht geben. Allein dieses Beispiel aber zeigt: Die Zeiten bleiben hart – auch mit einer Null.