On Tour auf der B9: Boppard lockt mit Tradition und Kleinstadtcharme ins Mittelrhein-Tal
Von Felix Plum
Reporter Rheinhessen
An einem schönen Sommertag über die Promenade von Boppard zu schlendern kommt einem erholsamen Urlaubstag gleich. Foto: Felix Plum
( Foto: Felix Plum)
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BOPPARD - Gut sitzt es sich an der von Hotels und Cafés gespickten Rheinpromenade, wenn letzte Ausflügler im kühlen Schatten der Markisen rasten und nach getaner Tour ein Glas Wein vom „Bopparder Hamm“ genießen – gewissermaßen der „Rote Hang“ von Boppard. Ein Wunder ist der bequeme Sitz nicht, hat doch Boppards berühmtester Sohn, der Tischler Michael Thonet, einst mit der Herstellung von Bugholzstühlen Karriere gemacht (mehr zu Thonet später).
Zu blumigen Pyramiden aufgestellte Kübel mit rosafarbenen Geranien tragen ihr übriges bei zu der abendlichen Sommer-Atmosphäre. Ein bisschen touristisch ist die Promenade mit ihren Souvenirshops und weißen Pavillons, die sich wie die Perlen einer Kette am Rheinufer reihen. Am Ende ist eine kleine Auto-Karawane zu sehen, die auf die Fähre nach Filsen wartet.
Von der VG Rhein-Selz aus ist Boppard über die B 9 in einer guten Stunde zu erreichen. Das Städtchen prägen die vielen kleinen Gässchen und authentischen Ecken seiner Altstadt, wie der historische Schinderhannesplatz. Dessen Schild prangt an einem alten Bollerwagen, an dem zugleich Speisekarten der drolligen Pension „Bei Schinderhannes und Julchen“ aushängen. Oder dem Burgplatz, auf dem das „Weinhaus Römerburg“ gleich die beiden Hauptattraktionen der Stadt in seinem Namen vereint, lautet doch dessen Motto „Boppard am Rhein – Römer und Wein“.
An einem schönen Sommertag über die Promenade von Boppard zu schlendern kommt einem erholsamen Urlaubstag gleich. Foto: Felix Plum Foto: Felix Plum
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Wer durch die Bopparder Altstadt schlendert, erkennt schnell, was es mit der Römer-Tradition hier auf sich hat: Noch heute bestimmt das Römerkastell den Straßengrundriss der Stadt, das nur einen Steinwurf vom Marktplatz entfernt steht und kurz nach der Wende vollständig freigelegt wurde. Erhalten sind zwei Türme und eine lange, mehr als acht Meter hohe Mauer. Hinter einer Absenkung steht gerade eine Gruppe Kinder beisammen, mit einem großen Stein werfen sie immer wieder gegen die Kastellmauer. Viel tut sich nicht, Härtetest bestanden – das Bauwerk hat in seinem mehr als eineinhalb Jahrtausende dauernden Bestehen schon andere Angriffe überlebt.
DIE SERIE
Baustellen, Blechlawinen, Staus – das verbinden viele mit der B9. Doch die rund 450 Kilometer lange Verkehrsader, die von der französischen bis zur niederländischen Grenze führt, verbindet uns mit vielen interessanten Orten und Regionen. Wo kommt man raus, wenn man auf der B 9 on Tour geht? Diesmal in Boppard.
Die nächste Attraktion ist das frühchristliche Taufbecken in der St.-Severus-Kirche, die mit ihrem mächtigen Turmpaar am Marktplatz thront. Das Taufbecken hat sich ähnlich gut gehalten wie die Kastellmauer. Nach dem Abzug der letzten Römer-Garnison im fünften Jahrhundert haben es die Franken hier für ihre Kirche errichtet. Umgeben ist die St.-Severus-Kirche von zahlreichen renovierten Fachwerkhäusern, die sich durch die gesamte Altstadt ziehen. Die ältesten sind das ehemalige „Teehäusje“ und das „Haus Heimburger“, beide stehen in der Unteren Marktstraße. Das Teehäusje wurde 1519 erbaut, heute beherbergt es ein Café und ein Kunsthandwerk-Lädchen. Im Haus Heimburger, dessen Name von der langjährigen Süßwarenladen-Besitzerin Else Heimburger („Schnuggelelsje“) stammt, befindet sich heute ein Restaurant.
Stolz sind die Bopparder durchaus, daran gibt es in der Kurfürstlichen Burg keinen Zweifel, die direkt am Rhein steht und das Museum Boppard beherbergt. Nicht nur auf die Römer, denn auch die nachfolgenden Jahrhunderte finden Anklang: „Ab und an findet vor der Burg ein Mittelaltermarkt statt“, erzählt die Museumsangestellte am Empfang. Kerzenzieher, Korbflechter und Wollspinner zeigen dann vor den Burgtoren ihre Handwerkskunst. Gaukler und Barden unterhalten die Besucher, die sich mit Fleischfladen und Honigwein verköstigen oder im Bogenschießen ausprobieren – das nächste Mal wieder am ersten Dezemberwochenende.
Am wichtigsten aber ist Michael Thonet. Der Tischler wurde hier geboren und revolutionierte im 19. Jahrhundert die Möbelproduktion, indem er Holz durch Biegen in Form brachte, statt es zu hobeln. „Später ist er mit seinem Betrieb nach Wien umgezogen, aber hier in Boppard hat das Weltunternehmen seinen Anfang genommen“, erklärt die Mitarbeiterin. In dem Museum ist daher eine umfangreiche Sammlung der Bugholzmöbel zu sehen. Auf dem Marktplatz steht sogar ein nach Thonet benannter Brunnen – natürlich mit rundum installierten Sitzgelegenheiten.