Immer wieder Gegenstand von Diskussionen: die frühere Katharinenschule, die Michael Fender der Stadt 2005 abkaufte. Dafür gab es zum Kaufpreis noch ein Dienstauto. Archivfoto: hbz/Bernward Bertram
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OPPENHEIM - Immobilien gegen Dienstwagen – da wurde zusammen verkauft, was auf den ersten Blick nicht zusammengehört. Im allgemeinen Aufbereitungseifer zur Amtszeit des zurückgetretenen Stadtbürgermeisters Marcus Held gelangen immer wieder interessante Details ans Licht der Öffentlichkeit. Vieles ist erschreckend und hat zu bisher 23 Ermittlungsverfahren geführt, manches andere wirkt hingegen nur erstaunlich oder sogar skurril.
So scheint die Stadt schon früh in Helds Amtszeit ein Faible für kreative Vertragskonstruktionen entwickelt zu haben. Am 27. Januar 2005 – der SPD-Politiker war erst ein gutes halbes Jahr Stadtbürgermeister – schloss Held mit dem Unternehmer Michael Fender den Verkaufsvertrag über die frühere Katharinenschule und das Merianhaus. 123 000 Euro zahlte Fender für die maroden Immobilien und verpflichtete sich, den Sitz seiner Firma Fly Car nach Oppenheim zu verlegen – wo er noch heute ist.
So weit, so bekannt. Was bisher öffentlich nicht bekannt war: Es gab noch eine weitere Abmachung. Auf Seite 5 des Vertrages steht: „Neben dem vorstehend vereinbarten, baren Kaufpreis ist der Käufer (Fender; Red.) verpflichtet, dem Verkäufer (Stadt Oppenheim; Red.) einen Personenkraftwagen der Marke Mercedes-Benz, Typ A-Klasse, als Dienstwagen zur Verfügung zu stellen, und zwar auf die Dauer von fünf Jahren.“ Details sollten später geklärt werden, Fender sollte das Auto leasen und kostenfrei bereit stellen, die Stadt nur das Benzin zahlen. Erst nach der Übergabe sollte die Eigentumsumschreibung für die beiden Immobilien erfolgen. Natürlich ist so ein Geschäft vollkommen legal, so lange sich beide Parteien einig sind. „Ob das übliche Praxis ist, kann ich nicht sagen“, meint Fender auf AZ-Anfrage. Er erinnert sich, dass Held gefragt habe, ob er einen Wagen beschaffen könne. Interims-Stadtchef Helmut Krethe sagt hingegen, die „Idee“ sei von Fender gekommen. Wie auch immer: Angesichts der schon damals leeren Stadtkasse und eines quasi nicht vorhandenen Fuhrparks war es für die Stadt ein guter Deal.
Gekauft wurde dann allerdings kein Mercedes, sondern ein Mitsubishi Colt. Für rund 20 000 Euro bei einem Oppenheimer Händler. „Herr Held hat dieses Fahrzeug nie gefahren“, sagt Krethe. Da Stadtrat wie Verbandsgemeinde eingebunden waren, sei ein „eigenmächtiges Handeln“ seinerseits gar nicht möglich gewesen. Publik wurde diese Klausel – im Gegensatz zu allen anderen Inhalten – nicht, weil solche Geschäfte damals noch nicht öffentlich im Rat besprochen wurden. Die 123 000 Euro orientierten sich laut Krethe an einem Gutachten des Katasteramtes.
So einig wie bei diesem Geschäft waren sich Held und Fender später nicht immer. Im Sommer 2007 wollte Fender das Geschäft rückabwickeln und Schadenersatz geltend machen, weil er sich von Behörden ausgebremst fühlte. Held konterte damals, man habe Fender die Häuser unter Wert verkauft – eine Aussage, die angesichts der Dienstwagenklausel unter einem anderen Licht erscheint.
Fender („Wir haben nie öffentliche Gelder oder Zuwendungen erhalten“) behielt die Immobilien dann doch und investierte weiter. Nach mehr als zehn Baustopps sei er jetzt auf der Zielgeraden und die ersten Mieter eingezogen. Rückblickend meint er: „Heute glaube ich zu wissen, dass Herr Held mir niemals zu einem anderen Zeitpunkt das Objekt verkauft hätte. Für Ihn war es ein ständiges Ärgernis, dass ich dieses Objekt erworben habe.“ Trotz des Autos. Über das sagt Krethe übrigens: „Herr Held hat dieses Fahrzeug niemals gefahren.“