Fall Held und die Folgen: Jede Menge rote Baustellen in Oppenheim
Von Ulrich Gerecke
Reporter Politikredaktion
Schwarzer Bildschirm im Schaufenster: das SPD-Parteibüro am Oppenheimer Marktplatz. Foto: hbz/Michael Bahr (Archiv)
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OPPENHEIM - Die hiesige SPD ist momentan ziemlich offline. Die Webseite des Ortsvereins Oppenheim – eine Baustelle. Die Webseite der Rhein-Selz-Genossen – nicht erreichbar. Der Bildschirm im Schaufenster des Parteibüros am Oppenheimer Marktplatz, über den einst Marcus Held als Endlosschleife flimmerte – schwarz. Und reden wollen in diesen Tagen, da die Ermittlungen gegen den früheren Stadtbürgermeister auf jetzt 23 Fälle ausgeweitet wurden, auch nur ganz wenige Sozialdemokraten.
Immerhin: Der Vorsitzende des Kreisverbandes tut es. Salvatore Barbaro bestätigt im AZ-Gespräch: „Der Parteivorstand wird über die Möglichkeit eines Parteiordnungsverfahrens diskutieren. Dabei ist klar, dass es eher um ein politisches Signal geht.“ Wichtiger ist es dem Kulturstaatssekretär jetzt, den ruinierten Ortsverein wieder aufzubauen. Er nennt dabei Namen wie Jörg Steinheimer, Bernd Weiß oder Willi Keitel, auf die er bei diesem langen und schmerzhaften Prozess baut.
Barbaro weiß, dass ihm und vielen anderen Genossen derzeit vorgehalten wird, man habe Helds Unschuldsbeteuerungen zu lange geglaubt: „Erst mit der Ausweitung der Ermittlungen um den Vorwurf der persönlichen Bereicherung Ende Januar wurde klar, dass der Parteivorstand nicht wahrheitsgetreu von Marcus Held informiert wurde. Da Solidarität keine Einbahnstraße ist, hat er damit unsere verwirkt. Dass er bislang an seinem Bundestagsmandat festhält, ist politisch nicht akzeptabel, auch wenn es persönlich vielleicht nachvollziehbar sein mag“.
Dabei hätten sich die Sozialdemokraten beinahe eine Menge Ärger ersparen können. Wie ein Spitzengenosse, der nicht genannt werden möchte, der AZ berichtete, hatte man Held schon Mitte Dezember bei einer Kreisvorstandssitzung in Nieder-Olm an den Punkt gebracht, an dem der 40-Jährige kurzzeitig bereit war, auf seine regionalen Ämter zu verzichten. Verkünden wollte man das am 22. Dezember, doch dann – so wird kolportiert – habe der damals noch amtierende Oppenheimer Stadtbürgermeister zur Überraschung aller urplötzlich einen vorweihnachtlichen Rückzieher gemacht.
So zog sich der Prozess der Abspaltung von Held noch einmal quälend lange hin, wobei vor allem die Parteinahme des früheren SPD-Rhein-Selz-Fraktionschefs Michael Reitzel für Held vielen Sozis sauer aufstieß. „Herr Reitzel trägt in Diskussionen selten zur Versachlichung bei“, ätzt ein anonymes SPD-Mitglied. Bei der Vorstandssitzung am 31. Januar in Gau-Bischofsheim wurde die Kritik an Held noch deutlicher. Am selben Tag meldete der sich krank, am 28. Februar kündigte er seinen Rücktritt an.
Der Staatssekretär und der Scherbenhaufen
„Wir müssen jetzt mit dem Scherbenhaufen zurechtkommen“, sagt Barbaro und macht wenig Hehl daraus, dass er damit offenbar auch die Personalie Marco Meidinger meint. Der Held-Vertraute sitzt noch als Schriftführer im SPD-Kreisvorstand, vor allem aber ist er Prokurist der Oppenheimer Immobiliengesellschaft HGO GmbH. Ein Posten, der demnächst richtig heikel werden kann. Längst steht ja im Raum, dass die HGO wegen der explodierten Abrisskosten beim Gradinger-Möbellager Held in Regress nehmen soll.
Das Problem, sagt Barbaro: „Einen Regressanspruch kann nur der Geschäftsführer oder der Prokurist erheben.“ Geschäftsführer Held ist weg, bliebe nur Meidinger. Der müsste eigentlich schnell Forderungen erheben, auf die Held zwar nicht reagieren muss. Aber immerhin hätte die HGO dann einen Rechtstitel und für einen Rechtsstreit jede Menge Zeit. Zeit, die ihr jetzt wegzulaufen droht, wenn Meidinger untätig bleibt, wovon fast alle ausgehen. „Deshalb hat ihn Held dort noch vor seinem Rücktritt hingesetzt. Er hat ja kein Interesse, dass da einer sitzt, der kundig ist“, meint ein anderer Genosse. Oder entschlossen genug, gegen Held vorzugehen.
Beobachter weisen darauf hin, dass der Prokurist Meidinger im Falle von Untätigkeit möglicherweise sogar Gefahr läuft, in Haftung genommen zu werden. Das allerdings droht auch dem Aufsichtsrat der gemeinnützigen GWG, deren hundertprozentige Tochter die HGO ist. „Sie müssen eigentlich etwas tun“, heißt es in Expertenkreisen unter Verweis auf Gerichtsurteile zu vergleichbaren Fällen in der Banken- und Versicherungsbranche. Allerdings hat GWG-Aufsichtsratschef Klaus Waldschmidt (ebenfalls SPD) gegenüber der AZ schon angekündigt, man sehe derzeit keinen Anlass für Schritte gegen Held, der auch GWG-Vorstandsvorsitzender war.
Fazit: Es gibt viele rote Baustellen in der VG Rhein-Selz. Nicht nur im Internet.