Bei der GWG geht’s ans Eingemachte

Wie geht es weiter mit der Genossenschaft? GWG-Wohnblocks in der Carl-Koch-Straße in Oppenheim. Foto: hbz/Michael Bahr
OPPENHEIM - Es geht ans Eingemachte bei der GWG. Am Donnerstagmorgen waren Norbert Schultze und Martin Frank – zwei Mitglieder, die das Treiben bei der Oppenheimer Wohnungsbaugenossenschaft schon lange kritisch beäugen – zu Besuch in der Geschäftsstelle in der Rheinstraße. Dem Vorstandsmitglied Reiner Wenz überreichten sie einen Antrag für die Mitgliederversammlung am 22. Oktober (18 Uhr) in der Emondshalle. Dieser hat nicht weniger zum Ziel, als Aufsichtsrat und Vorstand abzuwählen und durch neue Gesichter zu ersetzen.
Wegen der HGO-Insolvenz hat sich der Wind gedreht
102 Unterschriften haben Schultze, Frank, Jürgen Schiffel und Udo Eller dafür gesammelt. Die vorgeschriebene Marke von zehn Prozent der 640 Mitglieder wurde damit locker übertroffen. Ob die Gruppe in der Versammlung selbst die nötigen 75 Prozent für das Personal-Revirement zusammenbekommt, wird sich zeigen. Bei der ordentlichen Mitgliederversammlung am 12. Juni hatten Schultze & Co. nicht genug Stimmen. Mittlerweile aber hat sich der Wind gedreht. Die GWG-Tochter HGO GmbH ist insolvent, die Sorgen bei den Genossen um die Zukunft der GWG sind gewachsen. „Wir haben beim Unterschriftensammeln sehr viel Unterstützung erfahren“, berichtet Frank. Schultze ergänzt: „Ich bin verhältnismäßig optimistisch. Die 75 Prozent sind nicht unerreichbar.“
In dem Antrag formuliert die Gruppe zudem eine Reihe von Fragen zur wirtschaftlichen Lage der GWG, zum Beispiel zu möglichen finanziellen Folgen des HGO-Desasters für die GWG. „Wir wollen keine Panik verbreiten, aber die Mitglieder müssen wissen, woran sie sind“, sagte Schultze. Wenz habe ihnen gegenüber zugestanden, dass mit Verlusten zu rechnen sei, diese seien aber „überschaubar“.
Viele GWG-Mieter haben dennoch große Sorgen. In den Eingängen der Häuser plakatierte der Vorstand zwar, es werde keine Wohnungsverkäufe geben. Schultze hält es allerdings für denkbar, dass die GWG ältere Häuser, die in der Bilanz längst abgeschrieben sind, aber immer noch einen hohen Verkehrswert haben, veräußern könnte: „So könnte man stille Reserven heben.“ Immerhin habe er jetzt den Prüfbericht des Verbands VdW bekommen. In diesem werden Ex-GWG- und HGO-Chef Marcus Held „substanzielle Hinweise auf schwerwiegende Verstöße“ beim Geschäft mit dem Gradinger-Gelände attestiert.
Trotzdem bleiben viele Fragen offen. Deshalb wollen Schultze & Co. vor allem den Aufsichtsrat mit dem Vorsitzenden Marc Sittig, Rudolf Baumgarten, Eren Müftüoglu, Andrea Bunk, Klaus Waldschmidt und Markus Krämer austauschen – sechs Personen, die sich bisher nie öffentlich von Held losgesagt haben. „Wir legen großen Wert auf eine angemessene Vertretung der Mieter und von Frauen im Aufsichtsrat“, sagt Frank über die Alternativkandidaten, die seine Gruppe im Erfolgsfall nominieren will. Namen nannte er nicht.
Auch auf der Einwohnerversammlung am Mittwoch (siehe Seite 9) war der GWG-HGO-Komplex naturgemäß Thema. „Die HGO hat in fünf Jahren keinen müden Euro erwirtschaftet und keine Rücklagen gebildet, das ist fragwürdig“, sagte Stadtbürgermeister Walter Jertz. Er vertritt in der GWG mit einer Stimme 13 Prozent der Anteile und fragt sich, wo der HGO-Gewinn geblieben ist. Zudem beklagte er, dass GWG-Berater nach kurzer Zeit „mit einem sechsstelligen Honorar abgedampft“ seien. Wenn der HGO-Insolvenzverwalter Robert Schiebe Geld aus der GWG herausholen könne, dann müsse und werde er das auch tun.
Das schwierige Konstrukt treibt die Mitglieder um. „Wir befürchten, der Bestand der GWG ist gefährdet“, sagte eine Anteilseignerin. Eine andere appellierte, man dürfe sich von der „roten Fraktion“ nicht einschüchtern lassen: „Herr Held hat hier nichts mehr zu sagen. Vor dem muss man sich nicht mehr fürchten.“