Das „Nähzimmer mit Herz“ von Dunja Supp in Zornheim ist wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Aber sie ist trotzdem jeden Tag im Laden.
Von Theresa Breinlich
Dunja Supp hat vor drei Jahren ihr „Nähzimmer“ eingerichtet.
(Archivfoto: hbz/Bahr)
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ZORNHEIM - In Dunja Supps Näh-Kursraum in Zornheim, der einem Wohnzimmer ähnelt, ist das Geplauder verstummt. Alle Kurse sind abgesagt. „Abgesagt“. Das Wort wird langsam zur Gewohnheit. Für Selbständige wie Dunja Supp bleibt es eine Ausnahmesituation. Ihr gehört das Geschäft „Nähzimmer mit Herz“ im Dorfmittelpunkt, wo sie ausgewählte Stoffe und Zubehör verkauft. „Die Teilnehmer waren natürlich enttäuscht, als ich den letzten Kurs gestrichen habe. Ich habe es von mir aus vor einem Verbot getan, denn ich sehe uns alle in der Verantwortung. Schon in den Tagen zuvor hatte ich ein komisches Gefühl“, erzählt sie in einem Telefoninterview.
Auch ihr Geschäft schloss sie schon vor der Anweisung des Landes. „Das war für mich eine Gewissensentscheidung. Ich sehe es auch als Signalwirkung, um die Leute aufzufordern, wirklich zu Hause zu bleiben, um die Verbreitung zu verlangsamen“, meint die Betriebswirtin aus Mainz-Ebersheim. Ein schmerzhafter Moment. Ihr Nähzimmer hat sie vor drei Jahren im Erdgeschoss in einem Fachwerkhaus eingerichtet. Dort verkauft sie Zubehör und Stoffe, die sie selbst prüft und auswählt. Nur wenn sie von der Qualität überzeugt ist, bietet sie diese an. Daneben hat sie mehr als 600 Nähkurse geleitet, für Kinder, Erwachsene und Senioren. Sie schreibt für größere Hersteller Blogs mit Ideen und Anleitungen. „Wer oft in meinen Kursen war, gehört zur Familie. Nähen verbindet. Ich mag diese tiefere Beziehung zu meinen Kunden“, sagt sie. Und nun ist Pause. Wie es weitergehen wird – das weiß sie nicht. „Natürlich haben alle Freiberufler und Selbständige einen Puffer und einen Plan B, falls man krank wird oder aus einem anderen Grund ausfällt. Aber mit einer solchen Situation konnte keiner rechnen. Es hängt jetzt alles davon ab, wie lange die Situation andauert“, meint sie.
In ihrem Online-Bog schreibt sie: „Wir bekommen kein Gehalt, sondern müssen Mieten, Gehälter und Millionen andere Dinge bezahlen. Für dieses Geschäft habe ich hart gearbeitet und meine Zeit und meine Liebe investiert.“ Ihre Hoffnung setzt sie jetzt auf ihren Online-Shop. Im Wechsel mit ihrer Mitarbeiterin geht sie jeden Tag ins Geschäft und bearbeitet die Bestellungen. Sie weist darauf hin, dass man die ausgesuchten Stoffe, die es bei ihr gibt, schwer bei einem größeren Anbieter findet. Darüber hinaus bietet sie auch kostenlose Schritt-für-Schritt-Anleitungen und dazu passend fertige Näh-Sets für Taschen mit etwa Schrauben, Ringen sowie Stoff.
Sie denkt auch an die anderen Ladenbesitzer, die in Not geraten sind, und ruft alle zur Mithilfe auf: „Jede Bestellung im Online-Shop, jede Weiterempfehlung, jeder Einkauf hilft uns jetzt. Macht gerne andere auf das Nähzimmer aufmerksam, nutzt Eure Reichweite, um auf kleine Geschäfte und Online-Shops hinzuweisen, die ihr mögt. Das brauchen wir kleinen Ladenbesitzer jetzt sehr.“
Besonders in dieser Krisenzeit könne Nähen den Menschen guttun, meint Dunja Supp. „Vielleicht sollten wir unsere Nähmaschinen aus dem Keller holen. Stoffreste liegen bestimmt noch irgendwo herum, die man auskramen kann. Wir brauchen jetzt gerade Beschäftigung. Beim Nähen kann man sich gut ablenken und einfach darin versinken, wenn man Sorgen hat“, schlägt sie vor. Gerade Kinder hätten jetzt zu Hause Gelegenheit, sich mit Stoffen zu beschäftigen. „Ab dem Grundschulalter können Mädchen und Jungen schon mit einer Nähmaschine umgehen. Es ist für sie eine wichtige Erfahrung, ein Projekt von der Planung bis zur Fertigstellung durchzuhalten und mit einem möglichen Misserfolg umzugehen. Nähen ist auch wichtig für die Koordination“, erklärt die Profi-Handarbeiterin. Trotz der schwierigen Situation möchte sie positiv in die Zukunft schauen. „Ich denke, wir brauchen viel Geduld und müssen in dieser absolut neuen Lage innovativ werden. Und wir freuen uns darauf, wenn das alles vorbei ist und wir uns alle wiedersehen.“