Rheinhessen-Sternwarte: Stadecker Winzer äußern große Bedenken gegen geplantes Projekt und fordern Bebauungsplan
Von Kirsten Strasser
Reporterin Rheinhessen
Die Winzer Timo Eppelmann, Michael Beck und Jürgen Schott (v.l.) an dem eingezäunten Gelände mit dem historischen Wasserhäuschen, auf dem die neue Sternwarte gebaut werden soll. Im Hintergrund ist die Stadecker Warte zu sehen. Fotos: hbz/Stefan Sämmer
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STADECKEN-ELSHEIM - Es ist vermutlich nicht der Beginn einer galaktisch guten Freundschaft. Unter den Stadecken-Elsheimer Winzern formiert sich der Widerstand gegen die geplante Sternwarte, die in unmittelbarer Nachbarschaft zu ihrer Stadecker Warte entstehen soll. Dabei habe man gar nicht grundsätzlich etwas gegen die Pläne der Astronomie-Freunde, betont Michael Beck, Vorsitzender des örtlichen Bauernvereins und Sprecher der Aufbaugemeinschaft. Doch zwei große Kritikpunkte gibt es: „Mit uns wird nicht gesprochen – und es gibt Dinge, die einfach ungeklärt und ungeregelt sind.“
Die Forderung der Winzer daher: „Es muss ein Bebauungsplan her, und zwar einer, den die Astronomische Arbeitsgemeinschaft zahlt. Die will ja bauen, da kann es nicht sein, dass die Kosten an der Öffentlichkeit, an der Gemeinde hängen bleiben.“ Die Kreisverwaltung, so Beck, habe recht, wenn sie für eine Sternwarte in dieser Größe keine Privilegierung vorsehe. Zum Verständnis: Privilegierte Baumaßnahmen können außerorts auch ohne Bebauungsplan unter besonderen Voraussetzungen verwirklicht werden, Beispiele sind Aussiedlerhöfe und landwirtschaftlich genutzte Hallen.
„Nur über einen Bebauungsplan“, sagt Beck, „haben wir die Möglichkeit, Einfluss zu nehmen und unsere Anregungen und Bedenken einfließen zu lassen.“ Und die gibt es reichlich: Vor allem fürchten die Winzer, die die Flächen rund um die Stadecker Warte bewirtschaften, Verkehrsprobleme und Konflikte, wenn an- und abfahrende Autos der Sternwarten-Besucher auf dem schmalen Feldweg auf Traktoren treffen.
Die Winzer Timo Eppelmann, Michael Beck und Jürgen Schott (v.l.) an dem eingezäunten Gelände mit dem historischen Wasserhäuschen, auf dem die neue Sternwarte gebaut werden soll. Im Hintergrund ist die Stadecker Warte zu sehen. Fotos: hbz/Stefan Sämmer Foto:
Die Sternwarte Klein-Winternheim ist von weitaus bescheideneren Dimensionen als der geplante Neubau bei Stadecken. Foto:
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Derzeit hat die Astronomische Arbeitsgemeinschaft der Sternfreunde Mainz und Umgebung (AAG) ihre kleine Sternwarte bei Klein-Winternheim. „Hier ist die Situation viel besser“, sagt Beck. Denn nur knapp 200 Meter von der Warte entfernt befindet sich ein großer Parkplatz. Dass die Klein-Winternheimer Sternwarte aufgegeben werden soll, weil die Lichtverschmutzung dort zunimmt und immer mehr zum Problem für die Himmelsgucker wird, kann Timo Eppelmann, stellvertretender Vorsitzender des Bauernvereins, zwar verstehen. Nicht aber, dass der neue Standort unbedingt an der Stadecker Warte sein soll. „Gibt es dort etwa keine Lichtverschmutzung?“, stellt er die rhetorische Frage. Im Süden befinde sich das Postfrachtzentrum Saulheim, das auch nachts in hellgelbem Licht erstrahlt. In Nieder-Olm soll das Gewerbegebiet wachsen – „auch eine Lichtquelle“. Dazu kämen unzählige, nächtens rot blinkende Windräder in Sichtweite.
DAS VORHABEN
Die Astronomische Arbeitsgemeinschaft der Sternfreunde Mainz und Umgebung will auf dem Stadecker Pfadberg eine neue Rheinhessen-Sternwarte errichten. Die Planungen: ein zehn Meter hoher Turm mit Kuppel, auf dem Dach eine Beobachtungsplattform, im Erdgeschoss ein Seminarraum, Foyer, Teeküche, Toiletten.
Gebaut werden soll sie auf einem Grundstück der Wasserversorgung Rheinhessen, in unmittelbarer Nähe zur Stadecker Warte. Diese ist von Stadecken aus zu erreichen über die Schildstraße und dann einen schmalen Wirtschaftsweg.
Die Stadecker Warte war ursprünglich ein Turm in den Weinbergen, der für die Wingertshut genutzt wurde. Die Winzer haben ihn nach und nach auf eigene Rechnung ausgebaut, es sind Strom- und Wasserleitungen sowie sanitäre Anlagen vorhanden. Hier finden immer wieder Veranstaltungen und Feste rund um den Wein statt.
Hauptproblem für die Winzer ist und bleibt aber der Verkehr. Auf dem schmalen, kurvenreichen Wirtschaftsweg, auf dem Begegnungsverkehr nahezu unmöglich ist, könne es schnell zu Unfällen kommen, betonen sie – nicht nur, weil diese von Landwirten mit ihren Traktoren genützt würden, sondern auch, weil Radfahrer, Jogger und Reiter unterwegs seien. Völlig ungeklärt sei zudem die Parksituation. Auf dem Gelände der Wasserversorgung Rheinhessen, auf dem die AAG bauen will, sei lediglich Platz für die Sternwarte. „Nicht aber für Parkplätze“, betont Beck. Die Befürchtung der Weinbauern: Geparkt wird kreuz und quer und im Wingert. „Womit wir massiv in unserer Arbeit behindert würden.“
Dringenden Klärungsbedarf sehen Michael Beck, Timo Eppelmann und ihr Kollege Jürgen Schott also bei folgenden Fragen: Wie viele Besucher werden pro Woche, pro Monat in der Sternwarte erwartet? Wie sollen diese von der Landstraße zu der etwa zwei Kilometer entfernten Warte kommen – womöglich nachts, im Winter, wenn die Wege glatt sein könnten? Und: Wo sollen die Besucher parken? „Das alles“, sagen die Winzer, „muss geregelt werden.“ Bislang jedenfalls fühlen sie sich vor allem von der kommunalen Politik im Stich gelassen, die eine Sternwarte befürworte, aber die Bedenken der Anlieger offenbar nicht hören wolle.