„Landwirte-Protest soll weitergehen – gezielt und dosiert“
In Stadecken-Elsheim bemühte sich Gitta Connemann, CDU-Fraktionsvize im Bundestag, ihre Partei als Verbündete der Landwirte darzustellen. Dabei nahm sie kein Blatt vor den Mund.
Von Torben Schröder
Vergangene Woche haben zahlreiche Landwirte in Mainz demonstriert. CDU-Politikerin Gitta Connemann animiert zu weiteren Protesten, aber gezielt und wohl dosiert.
(Archivfoto: Lukas Görlach)
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STADECKEN-ELSHEIM - „Was sollen wir denn tun?“ Diese Frage kommt immer wieder auf bei einer Diskussionsrunde im Weingut Eppelmann in Stadecken-Elsheim. Dort hatte, wie an rund 100 Orten in der Region, im November ein Mahnfeuer gebrannt. Die CDU-Bundestagsabgeordnete Ursula Groden-Kranich war zu Gast bei den Mahnfeuern und kündigte an, wiederzukommen – mit Gitta Connemann im Schlepptau.
Die Niedersächsin ist nicht nur Landwirtstochter, sondern auch als CDU-Fraktionsvize im deutschen Parlament unter anderem für die Themen Landwirtschaft und Ernährung zuständig. Und sie hatte in Stadecken-Elsheim eine klare Botschaft an die Landwirte dabei: Die Proteste müssten weitergehen, aber gezielt und wohl dosiert.
Düngeverordnung und Rote Gebiete, „Ökopopulismus“, „Pflanzenschutz – Insektenschutz – Bauernschutz“ – Connemann bemühte sich, die Unionsfraktion bei den Themen, die die Landwirte bewegen, als Verbündeten darzustellen. Das schließt Kritik an der Bundesregierung mit ein. Mit dem Aktionsprogramm Insektenschutz strebe SPD-Umweltministerin Svenja Schulze „kalte Enteignung“ an, das Programm sei ein „massiver Vertrauensbruch“ und „eine Giftmischung, die einen Flächenbrand auslösen wird“. Aber das Programm müsse noch parlamentarisch verhandelt und verabschiedet werden, und da sieht Connemann schwarz. Ihre Ankündigung: „Wir werden es so nicht beschließen.“ Grundlage für Entscheidungen müssten wissenschaftliche Erkenntnisse sein, und diesbezüglich sei die „Krefelder Studie“ zum Insektensterben „ein totaler Witz“. Die Unionsfraktion habe die Möglichkeit, den Entwurf im parlamentarischen Verfahren nicht aufzusetzen und ihn so zumindest für die laufende Wahlperiode zu beerdigen. Die Landwirte täten, sagte Connemann, gut daran, ihren Protest auf ein anderes Thema zu konzentrieren.
Und zwar auf das Themenfeld Düngeverordnung und Rote Gebiete. „Das ist das Thema, das mir am meisten Sorgen bereitet“, betonte Connemann. Und lenkte den Blick, was die umstrittene Festlegung der Nitrat-Messstellen angeht, auf die Landesregierung. Bei ministeriellen Anhörungen seien die Positionen des Landes Rheinland-Pfalz stets nur durch die grüne Umweltministerin Ulrike Höfken und ihre noch weiter gehenden Forderungen repräsentiert, FDP-Landwirtschaftsminister Volker Wissing habe durch Abwesenheit geglänzt. „Und die CDU-Fraktion ist bei dem Thema anderer Meinung als Julia Klöckner“, stellte Connemann mit Blick auf die Bundeslandwirtschaftsministerin, ebenfalls CDU, klar. Das Problem: An der Umsetzung ist das Parlament in diesem Fall nicht beteiligt. „Wir brauchen kurzfristig eine Intervention der Bundesregierung bei der EU“, sagte Connemann. Anfang April falle die Entscheidung. Bis dahin gelte es, sich einzusetzen, politisch hinter den Kulissen sowie mit Öffentlichkeitsarbeit.
So sehr sich Connemann als Anwältin der Interessen der Landwirte gab, so wenig nahm sie ihnen gegenüber ein Blatt vor den Mund. Zehn, zwanzig Jahre seien sie in den öffentlichen Debatten nicht zu hören gewesen. Bei den „Wir machen euch satt“-Demos im Umfeld der Grünen Woche sei die Resonanz viel zu gering. Für die von der Basis angestoßenen, im Herbst massiv ins Rollen gekommenen Protestaktionen sei sie dankbar – „sie geben uns Landwirtschaftspolitikern Argumente an die Hand“. Nur hätten die Bauern und Winzer ihre Kritik beim Agrargipfel mit der Bundeskanzlerin „leider nicht in dieser Unverblümtheit“ formuliert. Es fehlten Sprachrohre, Medienpräsenz, bekannte Führungsfiguren. In der Hinsicht sind die Umweltverbände in der Tat deutlich versierter. Man gewann den Eindruck, dass die Landwirte aus diesem Abend einiges an Kenntnissen und Anregungen mitgenommen haben.