Anita Nowak-Neubert: „Ich musste mich durchbeißen“
Die Offenbacherin Anita Nowak-Neubert ist seit 25 Jahren Pfarrerin. Dieses Ordinationsjubiläum wird in Stadecken-Elsheim gefeiert, wo sie seit 2011 tätig ist.
Pfarrerin Anita Nowak-Neubert feiert mit den Gläubigen Gottesdienste in der Peterskirche in Stadecken (Bild) und in der Paulskirche in Elsheim. Dort begeht sie am Sonntag ihr 25-jähriges Ordinationsjubiläum.
(Foto: hbz/Jörg Henkel)
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STADECKEN-ELSHEIM - Die 56-jährige Anita Nowak-Neubert (geboren in Offenbach, verheiratet, eine Tochter) ist seit 25 Jahren Pfarrerin, seit 2011 in der evangelischen Kirchengemeinde Stadecken-Elsheim. Anlass genug für einen sehr persönlichen Rückblick und eine Bestandsaufnahme. Gefeiert wird an diesem Sonntag.
Frau Nowak-Neubert, wie erinnern Sie sich an den Tag der Ordination, als sie vor 25 Jahren in Ihr Amt als Pfarrerin eingeführt worden sind?
Ja, ich erinnere mich gerne an meine Ordination durch Pröpstin Trösken am 10. Juli 1994 in der Kreuzgemeinde in Frankfurt-Preungesheim. Ans Handauflegen und den Segen. Und ich wusste, dass ich dort angekommen war, wo ich immer hinwollte. Denn schon als kleines Mädchen war mir klar, dass ich in den kirchlichen Dienst gehöre. Ich war demütig, sehr offen und neugierig darauf, welche Menschen mir begegnen. Die Ordination war ein Tag mit Tiefgang in meiner Biografie. Dazu kam, dass an diesem besonders wertvollen Tag auch meine Nichte Karin geboren wurde.
In Preungesheim sind Sie acht Jahre geblieben, danach waren Sie weitere acht Jahre in Kronberg-Schönberg.
Ja, in Preungesheim war meine erste Stelle als Pfarrerin. Da musste ich mich oft durchbeißen und als Frau dann so viel laufen, wo die männlichen Kollegen schon waren. Und ich musste mir immer wieder anhören, dass das Amt des Pfarrers wohl nicht mehr so wichtig sei, weil immer mehr Frauen da waren. Da fehlte oft die Wertschätzung. Aber hier in Stadecken-Elsheim ist das anders. Als Pfarrerin mache ich die Erfahrung, dass ich nicht selten Dinge erfahre, die man einem Mann nicht erzählen würde. Das ist vielleicht wie in der Kita, dass man sein Kind lieber einer Erzieherin anvertraut.
FEIER AM SONNTAG
Pfarrerin Anita Nowak-Neubert feiert ihr 25-jähriges Ordinationsjubiläum mit einem Gottesdienst am Sonntag, 14. Juli, um 14 Uhr in der Paulskirche in Elsheim; danach Empfang im Katharina-von-Bora-Garten.
Am 1. August 2011 sind Sie als gebürtige Offenbacherin nach Stadecken-Elsheim gekommen. Wie fing alles an für den „hessischen Import in Rheinhessen“, wie Sie selbst gerne frotzeln?
Da gab es vor meiner Bewerbung einen Gänsehaut-Moment, einen fast heiligen Moment in der Elsheimer Paulskirche, als ich vor dem Altar spürte: „Von diesem Boden wirst Du getragen“. Ja, ich fühle mich wohl in dieser Volkskirche mit den unterschiedlichsten Frömmigkeitsintensitäten. Doch zunächst war ja alles fremd, niemand war mir vertraut, man wusste nichts, als man in die Gesichter der Menschen schaute. Das war schon nach zwei Jahren anders.
Was hat sich in den vergangenen Jahren für Sie geändert?
Geblieben ist, auch nach 25 Jahren, dass ich gerne die Menschen in allen Lebenssituationen begleite. Es ist mir wichtig, für Andere da zu sein. Zur Seelsorge gehört nicht nur der Friedhof, sondern auch, mit den Menschen zu feiern, ihnen beispielsweise zum Geburtstag zu gratulieren. Ja, ich brenne nach wie vor für die Sache Jesu und möchte die Menschen dafür begeistern, sie anstecken.
An welche Ereignisse erinnern Sie sich besonders gerne?
Ein Highlight war sicherlich das Reformationsjubiläum mit unserer Kirchennacht und der Aktion, das Markusevangelium abzuschreiben. Aus den handschriftlichen Beiträgen habe ich ein Buch binden lassen. Das war großartig. Toll war die Feier anlässlich der 50-Jahr-Feier von Stadecken-Elsheim. Da bin ich mit meinem katholischen Kollegen Thomas Winter beim Festumzug mitgelaufen, habe Wein ausgeschenkt und für die Ökumene geworben. Zu einem festen Bestandteil geworden ist das jährliche Erntedank- und Kürbisfest in der Burgscheune.
Aber auch die evangelische Kirche hat es schwer, Menschen an sich zu binden. Woran liegt das?
Heute ist doch das Freizeitangebot für junge Leute viel größer. Zum Ausruhen bleibt da oft nur der Sonntag. Aber ich freue mich, dass wir seit drei Jahren wieder einen Kindergottesdienst haben. Wichtig ist mir die Konfi-Arbeit, da gibt es wegen sich überschneidender Termine an den Samstagen oft Absprachen mit den Fußball-Trainern. Wir hatten einen Super-Jahrgang, die wollen sich weiter treffen. Wir haben in Stadecken-Elsheim ein gutes Miteinander, aber auch ein Problem. Wo kriegen wir Ehrenamtliche her, die sich in der Kirche engagieren. Da ist bei uns so wie in vielen Vereinen oder bei den Parteien.
Und die Zahl der Kirchenaustritte?
Die halten sich bei uns in Grenzen. Aber wir spüren auch die Auswirkungen der Missbrauchsfälle, und wenn der Papst etwas gesagt hat, heißt es, das ist typisch Kirche. Da wird nicht unterschieden zwischen katholisch und evangelisch.