Eine Reise in die Zwanziger machte das Publikum in der Hohberghalle in Lörzweiler. Dennis Wittberg und die Schellack-Solisten sorgten dabei für die eine oder andere Überraschung.
Von Margit Dörr
Er rollt das „R“ so schön – Denis Wittberg.
(Foto: hbz/Michael Bahr)
Jetzt teilen:
Jetzt teilen:
LÖRZWEILER - Er „rrrrollt“ das „R“, lehnt ständig mit überheblichem Blick am Klavier und stelzt ab und zu zum Mikrofon, wo er äußerst akzentuiert spricht und singt – die Rede ist von Denis Wittberg. Er und seine Schellack-Solisten gastierten auf Einladung des katholischen Kirchenchors „Cäcilia“ in der ausverkauften Hohberghalle.
Der Chor feiert in diesem Jahr sein 180-jähriges Bestehen, Denis Wittberg und die Schellack-Solisten feiern ihr 15-jähriges Bühnenjubiläum. Also feiere man zusammen 195 Jahre, meinte Pia Lang, die Vorsitzende des Kirchenchores, bestens gelaunt. Sie und weitere Chorsängerinnen hatten sich in Fransenkleider geworfen und die Frisur mit der klassischen Feder geschmückt. Ein blauer Vorhang, goldene Schleifen auf der Bühne und typische Dekorationen hatten die Turnhalle in einen Tanzpalast der zwanziger oder dreißiger Jahre verwandelt, in den die Musik Wittbergs wunderbar passte.
Musiker sind immer für Späßchen zu haben
Zusammen mit den professionellen Instrumentalisten präsentierte Denis Wittberg altbekannte Stücke wie „Was kann der Sigismund dafür, dass er so schön ist“ oder den „Kleinen grünen Kaktus“. Dass aber auch Songs aus den frühen Achtzigern, der Zeit der neuen deutschen Welle, sich so arrangieren lassen, als ob sie im frühen 20. Jahrhundert entstanden seien, bewies das Orchester mit Songs wie „Sternenhimmel“. Die Violinistin und einzige weibliche Musikerin bei den Schellack-Solisten, Clara Holzapfel – von Wittberg immer als „Fräulein Clara“ angesprochen – sang mit Wittberg die romantische Ballade „Kleine Taschenlampe brenn“. Für Heiterkeit im Publikum sorgte Wittbergs Interpretation von „Mama“, einst bekannt geworden durch Heintje. Wittberg selbst verlor zwar bei allen Liedvorträgen, gleich ob sie fetzig, dramatisch oder melancholisch waren, niemals die Contenance, aber Trompeter Joachim Lösch konnte sich nicht mehr halten und schluchzte lautstark in Mikrofon und Taschentuch.
Immer wieder waren die elegant und stilvoll gekleideten Musiker bei aller Virtuosität, die sie an ihren Instrumenten zeigten, für Späßchen zu haben, mit denen sie das Publikum bestens unterhielten. So wagte Clara Holzapfel mit Denis Wittberg ein anmutiges Tänzchen zu „Schöner Gigolo, armer Gigolo“. Im kurzen, aber einfach köstlichen, orientalisch anmutenden Teil des Abends, in den die Musiker klasse mit den entsprechenden Ton- und Rhythmusfolgen sowie Gesten einführten, setzte sich Saxophonist Alexander Gärtner kurzerhand einen Turban auf. Und dann lockte er zu Wittbergs „Wenn ich ein Schlangenbeschwörer wär“, eine Schlange, nämlich eine Krawatte, hinter seinem Notenpult hervor, die ein Musikerkollege mit seinem Revolver jedoch einfach abknallte.
Auch wenn Unterhaltung im Vordergrund stand und das Publikum sich herrlich amüsierte, so hinterließen doch die herausragende Virtuosität der Musiker (Clara Holzapfel, Jörg Walter Gerlach, Lutz Klenewinkel, Joachim Lösch, Christian Seeger, Alexander Gärtner, Jörg Mühlhaus, Christian Diederich und Florian Hofmann), die kreativen Arrangements, für die Pianist Jörg Walter Gerlach meist zuständig ist, und nicht zuletzt Denis Wittberg einen nachhaltigen Eindruck.