Polizei informiert in Gau-Bischofsheim über Einbruchsvorsorge
Von Nicholas Matthias Steinberg
Lokalredakteur Mainz
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GAU-BISCHOFSHEIM/MAINZ-BINGEN - Mit Broschüren und wertvollen Infos im Gepäck, einem positiven Gefühl, insbesondere aber der Gewissheit, sich und sein Hab und Gut durchaus erfolgreich sichern und schützen zu können im Hinterkopf, machten sich die Besucher des Ratskellers im Gau-Bischofsheimer Unterhof auf den Weg gen Heimat. Zuvor hatten sich die über 70 Gäste knapp zwei Stunden lang von der Polizei zu Einbruchsvorsorge und Statistiken informieren lassen.
Jürgen Mölich von der Beratungsstelle „Zentrale Prävention“ des Polizeipräsidiums Mainz, der sich gemeinsam mit Dieter Lippold und Marcus Fügen von der Polizeiinspektion Oppenheim den Fragen der Gau-Bischofsheimer Bürger stellte, räumte direkt mit einem Vorurteil auf, das sich doch hartnäckig hält: „Wer irgendwo rein möchte, der kommt da auch rein – das stimmt so einfach nicht“, so Mölich. Denn inzwischen lasse es der Stand der Technik durchaus zu, Einbrüche zu verhindern oder Täter zumindest von ihrem Vorhaben abzubringen.
Ein Großteil der Einbrecher sind Gelegenheitstäter
Bei einem großen Teil handele es sich um sogenannte „Gelegenheitstäter“. Bedeutet: Sie suchen sich die auf den ersten Blick lukrativsten und günstigsten Gelegenheiten, unbelebt sowie ungesichert wirkende Gebäude, gehen häufig mit einer geringen Beuteerwartungshaltung von maximal 1000 Euro zu Werke. Und versuchen, auch den Aufwand so gering wie möglich zu halten, verwenden einfaches Werkzeug wie Schraubendreher oder Brecheisen. Häufig dauert der Einbruch maximal fünf Minuten. Zudem flüchten Einbrecher in der Regel, wenn sie entdeckt werden. „In die Enge treiben, sollte man sie dennoch nicht“, warnt Mölich. Statt Selbstjustiz zu üben, mit der Eisenstange auf die Täter loszugehen, solle man „lieber lautstark auf sich aufmerksam machen“, mit Polizei drohen und diese währenddessen tatsächlich anrufen.
EMPFEHLUNGEN DER POLIZEI
Die Beamten agieren mit einem mehrgliedrigen Konzept, um Einbrüche vorzubeugen und aufzuklären: 1. Auf- bzw. Nachrüsten: Empfohlen werden zertifizierte Handwerker und Hersteller von Sicherheitsanlagen. Darunter fallen u.a. einbruchsshemmende Türen- und Fensterkonstruktionen, eingeteilt in Widerstandsklassen („Resistance Class“; RC) von eins bis sechs, Spezialschlösser, Mehrfach- und Pilzkopfverriegelungen sowie Alarmanlagen.
2. Mit Ermittlern zusammenarbeiten: Verdächtiges mitteilen. Die Statistik spricht Bände: Nur rund 30 Prozent der Versuche werden angezeigt, dagegen 96 Prozent der vollendeten Taten. Unbekannte Personen oder Fahrzeuge sollten gemeldet werden. Zumal die Aufklärungsquote der PI Oppenheim gering ist, 2016 bei 9,3, 2015 gar bei null Prozent lag. Oft handelt es sich um professionelle Täter. Sie bringen die Beute nach wenigen Tagen außer Landes, nicht selten nach Osteuropa.
3. AG Bandenkriminalität: Im August 2015 wurde die Arbeitsgruppe eingerichtet. Sie konzentriert sich auf systematisch vorgehende Tätergruppen, nicht auf einzelne Delikte.
Mölich rät zudem immer wieder, baulich aufzurüsten, vorbereitet zu sein. Sodass die Täter gar nicht erst ins Gebäude gelangen. „Und das funktioniert schon ganz gut“, zieht der Beamte Bilanz.
Die Statistik zeigt in der Tat: Immer mehr Einbrüche bleiben im Versuchsstadium stecken, inzwischen ist es beinahe die Hälfte. Und das, obwohl die „Hauptarbeitszeit“ der Einbrecher seit Jahren dieselbe bleibt, tagsüber zwischen 10 und 19 Uhr. Eine Zeit, in der viele Bewohner arbeiten oder anderweitig unterwegs sind, die Einbrecher sich also nahezu ungestört an den Häusern und Wohnungen zu schaffen machen. Doch immer häufiger kommen sie schlicht nicht rein.
Das Aufrüsten, für die Beamten ist es neben der ermittelnden Arbeitsgruppe Bandenkriminalität, die 2015 ihre Arbeit aufnahm, eine Ursache dafür, dass die Anzahl der Wohnungseinbrüche im vergangenen Jahr sowohl in Rheinland-Pfalz insgesamt (von 7125 in 2015 auf 6744 in 2016; Aufklärungsquote 15,3 Prozent in 2015 auf 15,6 in 2016) als auch konkret im Beritt des Polizeipräsidiums Mainz (von 1595 in 2015 auf 1264 in 2016; Aufklärungsquote von 14 2015 auf 17,8 Prozent 2016) zurückging.
Das Bedürfnis der Menschen, sich über Sicherung und Einbruchsvorsorge zu informieren, habe zugenommen, berichtet Mölich. Inzwischen führt das PP Mainz jährlich über 844 individuelle, zudem kostenlose Einbruchschutzberatungen vor Ort durch. Die Wartezeit für einen Termin betrage bis zu acht Wochen. Hinzu kommen über 30 angefragte oder bei Einsatzschwerpunkten auch von der Polizei angebotene Präventionsvorträge.
In Gau-Bischofsheim hatte der Verein „Bürger für Gau-Bischofsheim“ die Initiative ergriffen. Als Reaktion auf eine gewisse Verunsicherung, die sich bei einigen Gau-Bischofsheimern breitgemacht hatte, nachdem sich dort in den vergangenen drei Monaten vier Einbrüche ereigneten. Ende Dezember 2016 gleich drei an einem Tag, dazu einer vom vergangenen Freitag. „Das ist nach wie vor Thema im Ort“, berichtet Christoph Adam vom gastgebenden Verein „Bürger für Gau-Bischofsheim“. „Wir nehmen jeden Fall ernst. Und jeder Einbruch ist ohne Frage einer zu viel“, so Dieter Lippold, stellvertretender Leiter der Polizeiinspektion Oppenheim, der gemeinsam mit Marcus Fügen, dem für die VG Bodenheim und somit auch Gau-Bischofsheim zuständigen Bezirksbeamten gekommen war. Neben der VG Bodenheim schließt das Einsatzgebiet der PI Oppenheim auch die VG Rhein-Selz, insgesamt also 25 Gemeinden mit über 61 000 Einwohnern, mit ein. „Aber ich kann Ihnen versichern: Die Einbrecher haben es nicht auf Gau-Bischofsheim abgesehen“, so Lippold.
Es gebe derzeit keinen konkreten Einbruchsschwerpunkt im Beritt, zwar leichte Häufungen nahe der L 425 und weniger entlang des Rheins, „aber das verschiebt sich immer wieder.“ In den vergangenen Jahren habe die PI im Schnitt rund 50 Einbrüche pro Jahr aufgenommen. „Damit haben wir ein im Polizeiinspektionsvergleich sehr sicheres Einsatzgebiet.“ Auch wenn die Anzahl der Wohnungseinbrüche 2016 mit 63 (2015: 53) leicht über dem Durchschnitt lag.