Beständig trotz Turbulenzen – so fasst Lothar Wölke, Vorstandsmitglied der SVL, die Vereinshistorie zusammen und blickt gemeinsam mit dem Laubenheimer Verein in die Zukunft.
Von Paul Birkner
Antonio Sarnjai (links) leitet den Männerchor.
(Foto: hbz/Michael Bahr)
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LAUBENHEIM - Am Puls der Zeit bleiben, um Traditionen zu bewahren: Vor diesem Balanceakt sehen sich viele Vereine. Wenn der gelingt, ist das ein Grund zum Feiern – so wie für die Sängervereinigung 1844/71 Laubenheim (SVL), die nun 175 Jahre alt wird.
„Wir wollen das alte Liedgut pflegen, damit es nicht in Vergessenheit gerät“, sagt Antonio Sarnjai, seit 2005 Chorleiter. Mit den beiden Ensembles der SVL, dem Männerchor und dem gemischten HeartChor, studiert er aber auch moderne Stücke ein.
Die Sängervereinigung 1844/71 ist der älteste Verein Laubenheims. Wie schon der Name zeigt, geht er auf zwei verschiedene Vereine zurück: 1844 gründet sich – auf Anregung von fünf Bretzenheimer Sängern – der „Männergesangverein“, 1871 folgt mit dem „Gesangs- und Arbeiterbildungsverein“ ein zweiter Männerchor. Über Generationen bestehen die beiden Vereine nebeneinander und prägen das kulturelle Leben im Ort.
Antonio Sarnjai (links) leitet den Männerchor. Foto: hbz/Michael Bahr
Antonio Sarnjai (links) leitet den Männerchor. Fotos: hbz/Michael Bahr
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Erst als sich in den 1930er Jahren die Nationalsozialisten, um ihre Herrschaft zu sichern, die Organisationen und Vereine im ganzen Deutschen Reich unterwerfen, werden auch die beiden Laubenheimer Chöre zwangsvereinigt. Damit beginnt die dunkelste Zeit der Chorgeschichte. Während des Zweiten Weltkrieges singen die Männer nur noch bei Totenfeiern verstorbener Mitglieder. Das Vereinslokal „Zur Heilburg“ fällt 1943 einem Bombenangriff zum Opfer.
Nach dem Krieg erlaubt die französische Militärregierung den Laubenheimern, das Vereinswesen neu zu beginnen. An diese Zeit erinnert sich Norbert Leineweber, der rührige Ehrenvorsitzende der SVL: „Die Leute kamen aus dem Krieg zurück und wollten wieder singen.“ Im Gegensatz zu den Sportlern, die nun wieder eigene Vereine gründteen, entschieden sich die Sänger, zusammen zu bleiben.
TERMINE
Die SV Laubenheim lädt zu einem Festwochenende im Mai ein: Am Freitag, 17. Mai, veranstalten mehrere Chöre ein gemeinsames Freundschaftssingen. Für Samstag, 18. Mai, ist ein bunter Abend der Laubenheimer Vereine angekündigt. Beide Veranstaltungen beginnen jeweils um 19 Uhr im Sportzentrum.
Aktuelle Informationen und Termine finden Interessierte auf der Internet-Seite des Vereins: www.singen-im-chor.de.
Ab sofort proben sie abwechselnd in der wieder aufgebauten „Heilburg“ und im „Mainzer Hof“. Im Winter, erzählt Leineweber, ist es in dem hohen Saal ziemlich kalt – außer bei Veranstaltungen: „Da gab es große Stahlkörbe, die wurden mit Koks gefüllt und angeglüht“, erzählt der Ehrenvorsitzende. „Dann haben die Männer sie mit riesigen Stangen in den Saal getragen, um ihn zu heizen.“
Leineweber selbst ist 1954 als Jugendlicher in den Verein eingetreten. Zu dieser Zeit erreicht die Mitgliederzahl der SVL mit 60 Sängern ihren Höhepunkt. Nachdem die „Heilburg“ erneut abbrennt und endgültig abgerissen wird, zieht der Chor in die „Krone“, 2008 schließlich ins heutige Vereinsheim im Wilhelm-Spies-Haus.
„Die Chöre haben die Turbulenzen der deutschen Geschichte überstanden“, fasst Lothar Wölke, Vorstandsmitglied der SVL, die Vereinshistorie zusammen. „Das ist ein Zeichen der Beständigkeit.“ Aber wie sieht es mit der Zukunft aus? Es gebe zu wenig Nachwuchs, sagt Wölke. „Das trifft nicht nur uns.“ Im Gegensatz zu manch anderen Chören könne die SVL immerhin noch einen getrennten Männerchor aufrechterhalten.
Derzeit sind laut Wölke rund 30 Mitglieder im Männerchor aktiv; 40 bis 50 Männer und Frauen singen im „HeartChor“. Diejenigen mitgezählt, die den Verein unterstützen, aber nicht mitsingen, gebe es insgesamt etwa 170 Mitglieder. „Wir können die Zahlen bisher halten“, sagt Wölke. Nach der Gründung des gemischten Chores 2012 sei der Verein sogar etwas gewachsen. Und auch in diesem Jahr habe es bereits drei Neuzugänge gegeben.
Dass die SV Laubenheim mit der Zeit geht, beweist nicht nur ihr gut gestalteter Internetauftritt. Auch die Liederauswahl spiegelt Tradition und Moderne: „Bekränzt mit Laub den lieben, vollen Becher“, stimmt der Männerchor das Weinlied von Matthias Claudius an – ebenso wie „Über sieben Brücken musst du gehn“ von Peter Maffay. Noch neueres Liedgut singt der „HeartChor“, vor allem auf Englisch, wie „Viva la Vida“ von Coldplay oder „Skyfall“, Adeles Titellied zum gleichnamigen James-Bond-Film.
Ihr Jubiläum feiert die Sängervereinigung am Sonntag mit einer Akademischen Feier, im Mai sind auch öffentliche Auftritte geplant. Zumindest in den Proben – montags im „HeartChor“, dienstags im Männerchor, jeweils um 20 Uhr – kommt der Spaß nicht zu kurz. Dirigent Antonio Sarnjai fordert seine Sänger, aber immer mit Humor: „Lasst bitte diesen ersten Ton nicht wie einen Rülpser klingen!“