Sondersitzung im Mainzer Stadtteil Ebersheim: Ortsvorsteher Gill informiert über das „Erbe Müller“. Der eigentliche Beschluss zum Millionen-Erbe soll im September folgen.
EBERSHEIM - Besucheransturm bei der Sondersitzung des Ortsbeirats zum avisierten Millionen-Erbe für den südlichsten Stadtteil: Gut 20 Bürger waren in den Sitzungsraum der Ortsverwaltung gekommen, um den Inhalt der lange angekündigten Beschlussvorlage zu hören. Die Fraktionen von SPD und CDU fehlten wie angekündigt (die AZ berichtete). Neben Ortsvorsteher Matthias Gill (Grüne) waren lediglich dessen Ehefrau Andrea Weikert und Dr. Axel Heimann (beide Grüne) sowie Peter Meier (FDP) mit von der Partie.
Erste Information erfolgte am 28. Dezember 2016
„Eine Beschlussfähigkeit brauchen wir nicht“, stellte Gill gleich zu Beginn klar. „Denn die Beschlussvorlage ist nur eine Kenntnisnahme – der eigentliche Beschluss kommt im September.“
Laut Vorlage wurde die Stadtverwaltung am 28. Dezember 2016 durch den zuständigen Nachlassverwalter – nach AZ-Informationen handelt es sich um Rechtsanwalt Kurt Assion – über das „Erbe Müller“ informiert. Das Testament sehe die Verteilung des Erbes auf zehn Miterben vor. Die übrigen Miterben seien Institutionen und Organisationen. Die Stadt erhalte aus dem Erbe das Hausgrundstück in der Fritz-Erler-Straße 11 mit einem geschätzten Wert von 508 000 Euro sowie Barmittel in Höhe von 600 000 Euro nach Abzug der Vergütung des Anwaltes und des Auslagenersatzes für die Hauskosten.
Aufgrund umfassender Recherchearbeiten des Nachlassverwalters habe sich das Erbscheinverfahren vor dem Amtsgericht massiv verzögert. Der Erbschein sei am 26. Februar 2018 durch das Amtsgericht für alle Miterben erteilt worden. Am 22. März 2018 habe ein Miterbe einen Antrag auf Zurückweisung des Erbscheins im Hinblick auf die Stadt gestellt. Mit Beschluss vom 29. Mai 2018 habe das Amtsgericht darauf hingewiesen, dass die Stadt nach gerichtlicher Auffassung Erbin geworden sei. Daraufhin habe der anfechtende Miterbe seinen Antrag am 18. Juni 2018 zurückgenommen. Das Amtsgericht habe die Stadt am 26. Juni 2018 informiert, dass der Erbschein vom 26. Februar 2018 somit weiter gültig sei.
Vermächtnisauslieferung und Übertragung des Hausgrundstückes beim Notar hätten am 31. Oktober 2018 stattgefunden, die Übergabe am 28. Januar 2019. Stiftungsdezernat und Fachämter hätten auf Wunsch des Ortsbeirates einen Verwendungsvorschlag für das Erbe erarbeitet – mit dem Ziel einer nachhaltigen Sicherung von Erträgen für den Stadtteil. Demnach sei vorgesehen, dass das 800-Quadratmeter-Areal geteilt und via Erbbaurecht vergeben werde. Die Grundstücksflächen sollten mit einer öffentlichen Ausschreibung angeboten werden. Der avisierte Erbbauzins beträgt laut Vorlage für beide Grundstücksflächen 2,9 Prozent per anno aus dem aktuellen Bodenrichtwert von 440 Euro pro Quadratmeter, somit ergibt sich für die Gesamtfläche ein Erbbauzins von 10 208 Euro pro Jahr. Für die Aufbauten liege der Stadt ein Wertgutachten über den Verkehrswert vor – für Haus und Garage 178 233,56 Euro. Es ist beabsichtigt, die Aufbauten zu diesem Wert an den künftigen Erbbauberechtigten zu veräußern. Für Bestellung der Erbbaurechte und Veräußerung der Aufbauten müssten die Gremien ihr Placet geben – am 12. September der Ortsbeirat, am 19. September der Wirtschaftsausschuss, am 25. September der Stadtrat und am 26. September der Sozialausschuss. Die jährlichen Erträge aus der Erbbaupacht sollten für Zwecke des Gemeinwohls in Ebersheim in den Bereichen Soziales, Bildung, Kultur und Sport eingesetzt werden.
CDU und SPD bleiben der Veranstaltung fern
„Das ,Erbe Müller’ ist eigentlich eine sehr erfreuliche Sache für Ebersheim“, resümierte Gill. „Seit mehr als einem Jahr haben wir uns als Ortsbeirat mit der Erbschaft auseinandergesetzt, nun erst haben wir die Vorlage bekommen.“
Mit Blick auf die verwaisten Plätze von CDU und SPD im Saal meinte er: „Es ist jetzt alles ein bisschen doof, weil wir nur rudimentär hier vorhanden sind.“ In einer Bürgerfragestunde stand Gill den Einwohnern Rede und Antwort. „Es wird überhaupt nicht in Frage gestellt von der Stadt, dass wir nicht über das Geld verfügen können“, stellte der Ortsvorsteher klar. „Aber letztlich haben wir diese faktische Macht nicht, keine eigene Kompetenz. Wir müssen denen im Sozialdezernat natürlich Vorschläge machen, dann haben die zu reagieren. Was sollen die auch anders machen – die wissen ja gar nicht, was hier abgeht…“