Anette Odenweller startet Amtszeit mit langer To-do-Liste
Anette Odenweller kann es gar nicht mehr abwarten: Die Liste der Themen der neuen Ebersheimer Ortsvorsteherin ist lang. Über allem steht der Wunsch nach einer besseren Gesprächskultur.
Von Julia Sloboda
Stellvertretende Redaktionsleiterin Mainz
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EBERSHEIM - Der Tisch, der im Erdgeschoss des Hauses von Anette Odenweller steht, ist groß und einladend. Dass das Möbelstück einen zentralen Platz im Raum einnimmt, passt zur neuen Ebersheimer Ortsvorsteherin. Denn eine ihrer Lieblingstätigkeiten ist es, „die Leute an einen Tisch zu holen“. Odenweller will reden und sie will zuhören. Das macht sie auf politischer Ebene zwar schon, seit sie 2009 in die CDU eintrat und in den Ortsbeirat gewählt wurde. Doch nun soll es richtig losgehen. Am 16. August wird Odenweller als neue Ebersheimer Ortsvorsteherin vereidigt. „Ich freue mich riesig“, sagt die 57-Jährige, die in der Stichwahl 53,5 Prozent der Stimmen erhielt und sich gegen Amtsinhaber Matthias Gill (Grüne) durchsetzte.
Die To-do-Liste von Anette Odenweller ist lang und thematisch vielfältig. Einer der Punkte, um den sich die gebürtige Ebersheimerin kümmern will, ist die Grundschule, vor der sich derzeit die Container stapeln. „Ebersheim wächst, aber die Grundschule wächst nicht mit“, sagt die CDU-Politikerin, die sich eine Ganztagsschule in Angebotsform vorstellen könnte. „Hier ist eine ländliche Gegend, da muss auch noch Zeit für das Vereinsleben sein.“ Sie werde zu diesem Thema viele Gespräche führen, kündigt sie an.
Gespräche führen. Anette Odenweller beendet die Ausführungen zu jedem ihrer Themen mit diesem Satz. Kommunikation ist der 57-Jährigen überaus wichtig. Dazu gehört auch eine Verbesserung der Gesprächskultur. Denn das gute Miteinander sei es eigentlich, was ihren Stadtteil auszeichne. „Man hilft sich und nimmt sich selbst nicht so wichtig. Eigentlich könnte Ebersheim eine Insel der Glückseligkeit sein, wenn alles passen würde.“
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Doch in der Vergangenheit passte eben nicht immer alles. Im Ortsbeirat herrschte keine Einigkeit mehr, was Odenweller im Rückblick immer noch frustriert. Die künftige Zusammenarbeit mit ihrem Vorgänger, der nun für die Grünen im Ortsbeirat sitzt, werde sicher spannend, vermutet die 57-jährige Softwarefachberaterin. „Ich werde das Gespräch suchen“, kündigt sie an. Überhaupt wolle sie sich vor der ersten Sitzung noch mit allen Fraktionssprechern unterhalten. „Es ist mein Ansporn, im Ortsbeirat für mehr Einigkeit zu sorgen.“ Denn das meiste könne das Gremium erreichen, wenn es einheitliche Beschlüsse fasse. Für Ebersheim sei es außerdem von Vorteil, wenn der Ortsvorsteher auch im Stadtrat sitze, so Odenweller, die bei der Kommunalwahl von Platz 16 auf 11 vorrückte und für die CDU in den Stadtrat einzog. Dort und in den städtischen Ausschüssen wird Odenweller versuchen, die Ebersheimer Themen zu platzieren.
Die neue Ortsvorsteherin Anette Odenweller will sich unter anderem um die zu klein gewordene Ebersheimer Grundschule kümmern. Foto: Harald Kaster
Auch ein neuer Kunstrasenplatz ist ein Thema in Ebersheim. Foto: Harald Kaster
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Zu diesen gehört auch ein Ortsmittelpunkt für den drittkleinsten Mainzer Stadtteil. Im Bürgerforum habe es dazu schon sehr gute Ideen gegeben, sagt Odenweller. Man habe sich auf den kleinen Platz an der Ecke Enggasse/Weedengasse geeinigt. „Der Platz könnte der Anfang sein. Er ist das Mittigste, was wir haben“, sagt Odenweller, die im Nieder-Olmer Zentrum ein Vorbild sieht. Seit Jahrzehnten werde in Ebersheim über dieses Thema diskutiert. „Das Problem ist die Neugasse. Die brauchen wir als Durchfahrtsstraße. Die kann nicht verkehrsberuhigt sein.“ Auch beim Ortsmittelpunkt müssten weitere Gespräche geführt werden. „Ich glaube, nach dem 16. August muss ich nur Gespräche führen“, lacht Odenweller. Dabei soll es nicht nur um Inhaltliches gehen, sondern auch darum, die Wogen zu glätten. Dass in Ebersheim zuletzt ein etwas rauerer Ton geherrscht hatte, sei auch bei der Stadt angekommen.
Stellvertretend für diesen Ton steht das zuletzt vieldiskutierte Erbe Müller. Eine verstorbene Frau hatte den Stadtteil Ebersheim ganz konkret als Erben bestimmt und diesem ein rund 800 Quadratmeter großes Grundstück im Wert von 508 000 Euro vermacht, außerdem Barmittel in Höhe von rund 600 000 Euro. Im Sommer 2018 wurde ein „Gremium Erbe“ eingerichtet, in der ersten regulären Ortsbeiratssitzung nach der Sommerpause soll auch die Beschlussvorlage wieder auf den Tisch kommen, in der es um das weitere Vorgehen geht. „Das Gremium wird eventuell neu besetzt werden. Ein Treffen vor der Ortsbeiratssitzung im September wäre sinnvoll“, kündigt Odenweller an.
DIE SERIE
Auf die „alten“ und neuen Ortsvorsteher der 15 Mainzer Stadtteile wartet nach der Kommunalwahl nun viel inhaltliche Arbeit. Beim Rundgang durch den jeweiligen Stadtteil beleuchtet die AZ die Themen, die am dringlichsten einer Lösung harren.
Mit dem Geld aus der Erbbaupacht könne man beispielsweise einen Mehrgenerationenplatz bauen. „Es muss auf jeden Fall etwas für die Zukunft sein“, sagt die 57-Jährige über die Verwendung. Auch die Einrichtung einer Tagespflege kann sich die Ortsvorsteherin vorstellen. Dass es an dieser Stelle fehlt, hat sie auch in ihrer 16 Jahre andauernden Tätigkeit im Pfarrgemeinderat – dessen Vorsitzende sie seit acht Jahren ist – gemerkt. Beim Erbe Müller hofft Odenweller vor allem darauf, dass die Diskussion sachlich vorangetrieben wird. Zuletzt war es so weit gekommen, dass CDU und SPD einer Sondersitzung des Ortsbeirates ferngeblieben waren. Dass ihr Stadtteil bei dieser eigentlichen erfreulichen Thematik ein uneiniges Bild abgibt, wurmt die Ortsvorsteherin. „Die Leute denken doch, dass die Ebersheimer sie nicht mehr alle haben. Das ist ja ein Luxusproblem.“ Eines, das Odenweller ebenfalls angehen will.
Die Mutter eines Sohnes und glühende Mainz 05-Anhängerin hat sich viel vorgenommen für ihre Amtszeit. Priorisieren will sie dabei zunächst nicht. „Alle Bereiche sind mir wichtig. Da hat auch jeder seine Daseinsberechtigung.“ Die lange To-do-Liste macht der Ortsvorsteherin dabei keine Angst. Man müsse sich Zeit nehmen und versuchen, vieles parallel laufen zu lassen. Dafür will sie – wann immer es nötig ist – die Menschen an einen Tisch holen. Ab Mitte August steht dieser dann in der Ebersheimer Ortsverwaltung. Und nicht mehr nur im Erdgeschoss des Hauses von Anette Odenweller.