Nach Attacke: Mainzer sammeln „Schmerzensgeld“ für DHL-Boten
Vor Weihnachten wurde in Mainz-Drais ein Paketbote hinterrücks angegriffen und schwer verletzt. Daraufhin starteten Draiser Bürger eine Spendenaktion.
Von Sebastian Netz
Volontär Mainz
Bei der Aktion, die in den sozialen Netzwerken zum Spenden aufrief, kamen 3500 Euro für den attackierten DHL-Boten zusammen.
(Symbolfoto: Zacharie Scheurer/dpa)
Paketbote gehört mittlerweile zum Draiser Stadtbild
„Jeder im Ort kennt diesen herzensguten, positiven Menschen“, sagt Hoster über den attackierten Boten, der seit ungefähr zwei Jahren regelmäßig die Pakete in Drais ausliefere. „Eigentlich gehört er auch zu unserem Stadtbild.“ Umso erschütterter sei Hoster gewesen, als er im Urlaub von der Attacke auf den verheirateten Familienvater gehört habe. Er sagt: „Die Täter hätten ihn auch totschlagen können.“ Das Geschehene könne er daher noch immer nicht verstehen.
„Dieser Mann ist stets hilfsbereit, hat auch mal Zeit für ein kurzes Gespräch. Dann trifft das ausgerechnet so jemanden“, sagt der 51-Jährige, der seit 2008 in Drais wohnt. So etwas könne niemanden kalt lassen. Daher habe sich Hoster entschlossen, „mit einem vermeintlich kleinen Aufwand eine große Aktion zu starten“. Einer müsse ja anfangen und Position beziehen, sagt er zu seinem Facebook-Aufruf. „Das war das Einzige und Mindeste, was ich tun konnte.“
Die Tat
Die Tat erfolgte am Mittwoch, 22. Dezember 2021, gegen 12.35 Uhr „An der Markthalle“ (Drais). Zwei Täter hatten das Opfer niedergeschlagen und flüchteten danach in Richtung Finthen.
Sachdienliche Hinweise an die Polizei, Rufnummer 06131-654310, oder per E-Mail an pimainz3@polizei.rlp.de.
Die Attacke sei ein Zeichen der immer weiter verrohenden Gesellschaft, meint Hoster. Der Paketbote wurde laut Polizeiangaben mit einem roten unbekannten Schlagwerkzeug niedergeschlagen und erlitt dabei Platzwunden im Gesicht und am Schienbein sowie mehrere Hämatome an Armen und Beinen. Laut neuesten Erkenntnissen habe es kurz vor der Attacke einen Streit gegeben. Die Ermittlungen und Zeugenvernehmungen würden aber noch laufen, berichtet Polizeisprecher Rinaldo Roberto.
3500 Euro Schmerzensgeld sind zusammengekommen
Ein Vorfall, der laut DHL-Pressesprecher Heinz-Jürgen Thomeczek „eine absolute Ausnahme ist.“ Bei Beleidigungen, Verunglimpfungen und wie hier geschehen körperlicher Gewalt gelte: „Wir stehen mit über 200.000 Kollegen in Deutschland zusammen.“ Die DHL-Group habe sofort die Polizei eingeschaltet – und Anzeige erstattet. Die Sozialbetreuung sowie die Niederlassungsleitung, inklusive Betriebsrat, seien involviert. Zur Spendenbereitschaft der Draiser Bürger sagt Thomeczek: „Eine sehr außergewöhnliche Aktion. Hier drückt sich die Wertschätzung gegenüber unseren Mitarbeiter aus.“
Hosters Initiative wurde derweil durch eine weitere Sammelaktion zweier Draiser Bürger mit rund 780 Euro ergänzt, sodass insgesamt 3500 Euro „Schmerzensgeld“, wie Hoster es nennt, für das Opfer zusammenkamen. Ein Brief samt Geld wurde dem Zusteller bereits überreicht. Hoster möchte sich bei den rund 50 Spendern und allen Draiser Bürgern für das gezeigte Engagement und den Zusammenhalt bedanken.
Der Paketbote, dessen Namen wir aus Opferschutz- und ermittlungstaktischen Gründen nicht veröffentlichen, sei zur Zeit auf dem langsamen Weg der Besserung und lässt ausrichten, dass er selten so viel Freundlichkeit erfahren habe und seine Dankbarkeit nicht in Worte fassen könne. Wann er wieder arbeiten könne, steht derzeit noch nicht fest. Erst einmal steht der Heilungsprozess samt psychischer Hilfe an, um die Tat zu verarbeiten. Hoster ist sich sicher: „Auf jeden Fall wird er sich demnächst mehr als einmal umschauen. Denn das Schlimmste ist die Angst nach so einem Vorfall.“
Dieser Artikel wurde ursprünglich am 05.01.2022 um 13:44 Uhr publiziert.