Volle Kraft voraus: Auf Streife mit der Wasserschutzpolizei in...

Rund um die Uhr ist die Wasserschutzpolizei auf dem Rhein unterwegs. Für Roman Hubertus und seine Kollegen gehören Kontrollen zum Alltag. Foto: Lukas Görlach
© Lukas Görlach

Die hohen Temperaturen ziehen die Menschen an und auf den Rhein. Immer wieder ist die Wasserschutzpolizei in Mainz gefordert - eine Streifenfahrt.

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MAINZ. Rekordhitze, durchgehend hohe Temperaturen von über 25 Grad Celsius – auch nachts: Der Sommer hat Deutschland fest im Griff. Und er zieht die Menschen nach draußen, ans Wasser, an Seen und Flüsse, auch an den Rhein. Während sie nach Abkühlung lechzen, sorgt die Hitze bei der Wasserschutzpolizei (WSP) für erhöhte Alarmbereitschaft. Roman Hubertus zieht die in die Jahre gekommenen Vorhänge in der Schiffskabine auf, öffnet Türen und Fenster. Dann stellt er eine Flasche Wasser auf den Tisch. „Erste Amtshandlungen einer Streifenfahrt“, scherzt Hubertus. Der 58-Jährige ist stellvertretender Leiter der Mainzer WSP-Station. Es ist 14 Uhr, die Sonne knallt aufs Deck. Während Hubertus draußen die Flaggen hisst, fährt Jürgen Becker (55) drinnen in der Kabine die Systeme hoch, stellt Bildschirme und Funkgeräte ein, startet den Motor.

Leinen los. Vom Anleger der Bootshalle im Mombacher Industriehafen geht es Richtung Rettbergsaue. „Mal sehen, was uns heute erwartet“, sagt Becker, während er das Schiff aus dem Hafen manövriert. Gerade zur Feierabendzeit wird es eng auf dem Rhein. Laut Generaldirektion Wasserstraßen und Schifffahrt sind rund um Mainz täglich zwischen 120 und 150 Großschiffe unterwegs. Neben Güter- und Personenschiffen tummeln sich auf der durch das Niedrigwasser verengten Wasserstraße aber auch Sportboote, ¬Wasser¬ski-, Jetski- und Kanufahrer. Das Niedrigwasser sorgt in der Tat für besondere Bedingungen auf dem Rhein, berichtet Hubertus. Der Wasserstand am Pegel Mainz liegt an diesem Tag bei 1,69 Metern, garantiert Schiffen also eine Wassertiefe von bis zu 2,12 Metern. Die Kapitäne fahren langsamer, reduzieren ihre Ladung. „Probleme gibt es kaum“, berichtet Hubertus. Die Reedereien hätten ja auch selbst ein Interesse daran, dass die Schiffe nicht aufsetzen.

Immer wieder entdecken die Beamten Munition und Kriegswaffen

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Der Blick der Beamten wandert am Ufer entlang, über die wegen des Niedrigwassers freigelegten Steine. Dort werden vermehrt Gegenstände gefunden, meist harmlose, aber auch gefährliche. Immer wieder werden Kriegswaffen und Munition entdeckt. Bei auffälligen Funden immer die Polizei verständigen, rät Hubertus. Kurz hinter der Petersaue greift er plötzlich zum Fernglas, nimmt ein entgegenkommendes Sportboot ins Visier, winkt es zu sich. „Routinekontrolle“, sagt der 58-Jährige. An Bord des Sportbootes sind zwei Senioren aus Germersheim, die einen Ausflug machen. Hubertus zieht das Boot heran, lässt sich Führerscheine und Zulassungsschein zeigen.

Kontrollen gehören zum Alltag. Im vergangenen Jahr kontrollierten die Beamten in ihrem Zuständigkeitsbereich zwischen Rheinkilometer 464 bei Eich im Süden und Rheinkilometer 519 bei Ingelheim im Norden 380 Sportboote und über 500 Großschiffe, also Güter-, Tank- und Fahrgastschiffe. Die Mainzer ist eine von landesweit vier Wasserschutzpolizeistationen, die rund um die Uhr besetzt sind. Nachts sind die Beamten bis Rheinkilometer 529 zuständig, übernehmen dann einen Teilbereich der Binger Kollegen. Ohnehin sei der Austausch unter den Stationen sehr rege, sagt Hubertus. Regelmäßig unterstützen sich die Dienststellen technisch und personell. An der Mainzer WSP-Station arbeiten 29 Personen. Landesweit hat die WSP knapp 200 Mitarbeiter.

Auf Wiesbadener Seite ist das Baden erlaubt

Becker steuert das Schiff am Zollhafen vorbei, weiter entlang des Adenauer-Ufers. Wenige hundert Meter vor der Theodor-Heuss-Brücke nimmt er Tempo raus. Kollege Hubertus nimmt einen Laptop zur Hand, gibt das Kennzeichen eines Güterschiffes ein. Die sogenannte Schiffskontrolldatei zeigt ihm an, wann das Schiff zuletzt kontrolliert wurde und ob es Beanstandungen gab. Für die Beamten ist die Datei, in die auch die Kollegen aus Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg und Bayern ihre Kontrolldaten einpflegen, ein wichtiges Instrument. „Auch um die Schiffsbesatzungen nicht über die Gebühr zu belasten“, erklärt Hubertus. „Wurde ein Schiff erst kürzlich kontrolliert, dann müssen wir da nicht noch mal drauf.“ Sinnvoll, denn ein Großschiff zu kontrollieren ist aufwendig, kann Stunden dauern. Generell sei die Kontrolldichte im Mainz-Wiesbadener Bereich hoch. Ob hessische Beamte ein Schiff bereits kontrolliert haben, können die Polizisten allerdings nicht sehen. Denn Hessen pflegt seine Daten nicht in die Kontrolldatei ein.

An der Treppe am Fischtor halten Jugendliche ihre Füße ins Wasser. Auf der Wiesbadener Seite, am Strand unterhalb der Reduit, dasselbe Bild. Baden geht niemand. Dabei wäre es auf Wiesbadener Seite durchaus erlaubt. Außer auf einer Länge von einem Kilometer kurz hinter der Main-Einmündung in Richtung Theodor-Heuss-Brücke darf auf Wiesbadener Seite im Rhein geschwommen werden. „Aber ungefährlich ist das nicht“, sagt Hubertus. Gerade am Strand vor der Reduit seien bereits Menschen ertrunken. „Ein Stück kann man gehen, dann kommt ein steiles Gefälle“, erklärt Hubertus. Auf Mainzer Seite hingegen ist das Baden zwischen Winterhafen und drei Kilometer hinter dem Zollhafen verboten. „Im Rhein zu baden, kann lebensgefährlich sein, wenn man sich nicht auskennt“, so Hubertus. In den vergangenen vier Wochen ertranken fünf Personen in Rhein und Mosel; zuletzt zwei Mädchen im Rhein bei Worms.

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An der Malakoff-Passage vorbei geht es Richtung Winterhafen. Immer wieder winken den Beamten Menschen zu. Schiffer und Kanuten grüßen. „Die Stimmung auf dem Wasser ist eigentlich immer gut“, erzählt Becker. Davon, dass der Ton gegenüber Polizisten an Land zusehends rauer wird, davon spüren beide auf dem Rhein nichts. „Alle haben ein Interesse daran, gut miteinander auszukommen“, sagt Hubertus. „Schließlich ist im Notfall jeder auf die Unterstützung anderer angewiesen.“ Wie in einer Schicksalsgemeinschaft.