Beim Treffen der BI Neustadtufer haben sich Binnenschiffer unter die Leute gemischt. Es entwickelte sich eine Diskussion zwischen Befürwortern und Gegnern der Schiffsanleger.
MAINZ. Eigentlich wollte die Bürgerinitiative (BI) Neustadtufer sich nur vorstellen, bisherige Ergebnisse präsentieren, die üblichen Argumente austauschen und für die Mitarbeit in Arbeitsgruppen werben. Sie engagiert sich gegen die geplanten Schiffsanlegeplätze und die Autoabsetzanlage zwischen dem neuen Wohnquartier Zollhafen und dem Frauenlobtor (die AZ berichtete mehrfach). Über Facebook hatten aber auch Binnenschiffer von dem Bürgerabend im Wolfgang-Capito-Haus Wind bekommen. Hier liefern sich seit Wochen Gegner und Befürworter (vornehmlich Binnenschiffer) emotionale Wortgefechte zu dem Thema.
Nachdem Torsten Kirchmann von der BI ausgeführt hatte, dass die Anlegestelle auf einen Rund-um-die-Uhr-Betrieb ausgelegt sei, ergriff Gudrun Mnich (61) von der „MS Salisso & MS Gebrüder Mnich“ das Wort. Sie war mit ihrem Mann und zwei Söhnen erschienen. Mnich sprach Kirchmann an, ob er schon mit Schiffern gesprochen habe, wie oft dort wirklich Schiffe anlegen würden: „Hier werden nie so viele Schiffe liegen wie das, was Sie darstellen.“ Zudem besäßen die Schiffer das „ältere Recht“, da das Hafengebiet an dieser Stelle schon seit vielen Jahren existiere. „Auch wir haben unsere Liegeplätze, wollen mal in die Stadt, haben unsere Menschenrechte, wollen auch mal einkaufen und haben Familie.“
Binnenschifferin Mnich mischt sich ein
Neun Kinder habe sie auf Schiffen großgezogen, von denen keines an einer Allergie leide. „Alle sind gesund und Sie verweisen auf die Abgase der Schiffe.“ Es gebe viele Spielplätze in der Stadt, wo die Kinder den Autoabgasen ausgesetzt seien und trotzdem dort spielen würden. Zudem würden zwischen den Schiffern Absprachen getroffen, wer wo liegen bleibe, gerade damit Ruhezeiten genommen werden könnten. Zudem erinnerte sie daran, dass alle Menschen – auch die Teilnehmer am Bürgerabend – immer wieder auch verschiedenste Güter schnell nach Hause geliefert bekommen wollten; und oft genug würden diese Waren eben auf dem Wasser transportiert.
Ihre Argumentation stieß allerdings nur auf wenig Verständnis bei den Besuchern des Abends, auch wenn Kirchmann klarstellte: „Wir wollen keinen Streit mit den Binnenschiffern, wir wollen aber, dass so etwas nicht in ein Wohngebiet hineingebaut wird.“ Schließlich sei das ehemalige Hafengebiet seinem Zweck nach umgewidmet worden. Um die Binnenschiffer mit ins Boot zu nehmen, betonte er, dass die Binnenschiffer Liegeplätze bräuchten. „Aber es ist nicht ernsthaft nach Alternativen gesucht worden.“
"Wo ein Fehler ist, sind meist auch noch mehrere passiert"
Dass sie für ihre Argumentation in diesem Rahmen nicht viel Beifall bekommen würden, hatte Hans-Werner Mnich (70) erwartet. Allerdings war es sein Wunsch gewesen, dass „wenigstens mal ein Binnenschiffer aus der Binnenschifffahrt berichtet“. Sohn Stephen (26) Mnich, der mit seinem Bruder Patrick (25) an der Nordmole geankert hatte, um seine Eltern zu unterstützen, war von der aufgeheizten Stimmung überrascht: „Uns werden immer mehr Liegeplätze gestrichen. Wenn die Plätze an der Nordmole wegfallen und die neuen in Bingen noch nicht realisiert sind, gibt es zwischen Mannheim und Köln keine legale Anlegestelle mehr.“ Das bringe Schiffer in Bedrängnis, weil sie ihre Fahrtzeiten kaum einhalten können, macht Mnich gegenüber AZ deutlich.
Mnich hatte bei der Veranstaltung im Wolfgang-Capito-Haus den Eindruck, dass vielen Anwohnern die Umwelt egal ist, auch wenn sie mit der vermeintlichen Abgasbelastung argumentieren. „Sie wollen uns hier schlichtweg nicht haben und schlagen sogar eine Verlagerung der Liegeplätze in Richtung Mombacher Naturschutzgebiet vor“, kritisiert er.
Für Kirchmann von der BI zeigt die Tatsache, dass die Pläne erneut ausgelegt werden müssen, dass die Initiative auf dem richtigen Weg sei: „Für uns ist es der Beweis, dass das Ding nicht fehlerfrei ist. Wo ein Fehler ist, sind meist auch noch mehrere passiert.“