In Wiesbaden und Worms gibt es eine Kastrationspflicht für Katzen schon, die Stadt Mainz allerdings sieht darin keine Notwendigkeit. Doch ein Verein gibt nicht auf.
MAINZ. Seit drei Jahren kämpft der Verein Katzenhilfe für eine Kastrationspflicht von freilaufenden Katzen in Mainz, wie sie in Wiesbaden und Worms schon in Kraft getreten ist. Bislang ist der Verein aber keinen Schritt weitergekommen. Denn die Verwaltung geht davon aus, dass es keine hohe Anzahl von freilaufenden Katzen im Stadtgebiet gibt.
Um eine Kastrationspflicht durchzusetzen, müsste es eine Verordnung geben. Diese müsste Katzenbesitzer verpflichten, ihre Tiere registrieren und kastrieren zu lassen, wenn sie keine Hauskatzen sind, sondern nach draußen dürfen. Die Stadt Mainz hat den Erlass einer solchen Verordnung jedoch mit dem Verweis auf ausgewertete Daten abgelehnt. In der Antwort auf eine SPD-Anfrage im Stadtrat geht Ordnungsdezernent Christopher Sitte (FDP) ins Detail. Demnach wurden 2015 insgesamt 125 Katzen eingefangen, 2016 waren es 88 und 2017 „nur“ noch 82. Damit sei die Population um 33,6 Prozent gesunken, führt Sitte aus und macht deutlich: Zum jetzigen Zeitpunkt bestehe aus Sicht der Verwaltung für eine Kastrationspflicht in Mainz kein Bedarf. Sollte die Zahl der freilebenden Katzen in den kommenden Jahren steigen, könne der Erlass einer Rechtsverordnung erneut geprüft werden.
Ralf Peterhanwahr von der städtischen Pressestelle erklärt auf AZ-Anfrage: Die Verwaltung müsse sich an Recht und Gesetz halten: „Humanitäre oder moralische Gründe sind zwar nachvollziehbar und wünschenswert, entsprechen aber nicht dem Anspruch an rechtmäßiges Verwaltungshandeln.“
Christine Plank, Vorsitzende des Tierheims, ärgert sich über diese Antwort: „Die Zahl der freilebenden Katzen ist nur deshalb gesunken, weil wir die Tiere mit der Katzenhilfe wie blöd kastrieren.“ Auch sie fordert eine Verordnung zur Kastrationspflicht. „Sie müsste mindestens für Gebiete wie den Uni-Campus und einzelne Bauernhöfe gelten“, betont Plank.
Enttäuschung auch von Jürgen Zwilling, Vereinssprecher der Katzenhilfe: „Die Stadt verlangt von uns, Dunkelziffern zu belegen, was der Natur der Sache nach nicht möglich ist.“ Auf Unverständnis stößt bei ihm auch der Verweis auf die Rechtssicherheit, da diese Entscheidung ja Aufgabe eines Richters in einem Verfahren sei. „Das Land Rheinland-Pfalz hat durch einen gesetzlichen Erlass bereits die Grundlage für eine Verordnung geschaffen, deshalb verstehen wir nicht, warum Neustadt in der Pfalz eine Verordnung hat und die Stadt Mainz sich dagegen sperrt.“
Unterstützung bekommt die Stadt von Tierarzt Dietmar Steinmetz, der sagt: „Ich sehe in Mainz kein Problem. Wir haben doch keine Verhältnisse wie in Rom oder Athen.“ 80 bis 90 Prozent der freilaufenden Katzen seien ohnehin kastriert, schätzt er. Steinmetz befürchtet, dass bei einer Kastrationspflicht eine Gruppe entstehen würde, die unter dem Deckmantel des Tierschutzes im großen Stil freilaufende Katzen ohne Notwendigkeit kastriert. „Aber an manchen Stellen können wir froh sein, dass es freilaufende Katzen gibt“, betont Steinmetz. Etwa, um ein Gebiet von Ratten und Mäusen freizuhalten. Das habe er mal bei einem Kater am Winterhafen erlebt. „Man muss nicht immer alles abschneiden, und die Tiere um ihren Trieb berauben“, sagt der Tierarzt, der selbst nie freilaufende Katzen kastriert – aber impft und entwurmt, damit sie in der Natur überleben können.