Der Vorschlag von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), die Bürger über die Frage der Sanierung des Rathauses abstimmen zu lassen, wird im Stadtrat wohl eine Mehrheit...
MAINZ. Der Vorschlag von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), die Bürger über die Frage der Sanierung des Rathauses abstimmen zu lassen, wird im Stadtrat wohl eine Mehrheit finden. Zwar hat sich die Ampelkoalition noch nicht auf eine gemeinsame Linie verständigt, aber ein Votum für einen Bürgerentscheid der drei Mehrheitsfraktionen SPD, Grüne und FDP zeichnet sich ab, nachdem das Gutachten des Generalplaners agn ermittelt hat, dass die Rathaussanierung wohl 60 Millionen Euro statt der zuvor genannten 50 Millionen Euro kosten soll.
Die SPD-Fraktion habe die Unterlagen zur Rathaussanierung erst am Dienstag Mittag erhalten, sagte die SPD-Fraktionsvorsitzende Alexandra Gill-Gehrs auf AZ-Anfrage. "Wir werden diese nun intensiv prüfen. Geplant ist, dass wir uns in der kommenden Fraktionssitzung am Montagabend darüber austauschen und möglichst eine Entscheidung treffen werden." "Dass die SPD-Fraktion sich gegen die Empfehlung ihres Oberbürgermeisters aussprechen wird, erscheint unwahrscheinlich.
FDP: Denkmalschutz verhindert funktionsgerechteren Umbau
„Meine Partei steht Bürgerentscheiden grundsätzlich positiv gegenüber“, erklärte Grünen-Fraktionssprecherin Sylvia Köbler-Gross. Das Thema sei in der Fraktion aber noch nicht diskutiert worden.
FDP-Fraktionssprecher Walter Koppius sprach sich bereits jetzt klar für einen Bürgerentscheid aus. Er würde gerne am derzeitigen Rathaus-Standort festhalten, hält aber auch die Prüfung der Variante Große Bleiche für sinnvoll. „Mich ärgern die hohen Kosten für den Denkmalschutz bei der Rathaussanierung“, sagte Koppius. Er beziffert den Betrag nur dafür auf über zehn Millionen Euro. Außerdem verhindere der Denkmalschutz einen funktionsgerechteren Umbau. „Man sollte darüber nachdenken, ob eine Entwidmung dieses Schutzes machbar ist. Damit könnte nicht nur kostengünstiger saniert werden, sondern das Gebäude auch zeitgemäß umgebaut werden“, so Koppius.
Von den Oppositionsfraktionen unterstützt bislang die AfD den OB-Vorschlag für einen Bürgerentscheid. „Zur sachgerechten Entscheidungsfindung gehören allerdings belastbare und detaillierte Zahlen und Konzepte, welche Alternativen zur Rathaussanierung vor Ort bestehen“, betonte Fraktionschef Heinz-Werner Stumpf.
CDU spricht von „Bankrotterklärung“
Die CDU bewertet die aktuellen Aussagen von Ebling (SPD) zum Thema Rathaus als eine „Bankrotterklärung“. „Jetzt steht fest, was wir vor etwa zwei Jahren immer wieder gesagt haben: die von der Verwaltung und der Ampelkoalition im Stadtrat am 2. Dezember 2015 durchgesetzte Kostendeckelung einer Sanierung des Arne-Jacobsen-Baus auf maximal 50 Millionen Euro kann nicht eingehalten werden“, so CDU-Fraktionschef Hannsgeorg Schönig und die Kreisvorsitzende Sabine Flegel. „Dieser Deckel war von Anfang an nichts anderes als eine reine Mogelpackung. Sowohl der OB als auch SPD, Grüne und FDP haben den Menschen in unserer Stadt bewusst Sand in die Augen gestreut und ihnen vorgegaukelt, dass mit diesem Betrag eine Sanierung des Rathauses möglich sei.“ Der Beschluss sei gefasst worden, obwohl die Verwaltung im Jahr 2015 in eigenen Vorlagen von Sanierungskosten zwischen 65 und 80 Millionen gesprochen habe.
Die Idee eines Bürgerentscheids ist übrigens nicht neu. Vor fünf Jahren hatten sich die Jungpolitiker Felix Leidecker von der Jungen Union und Tobias Huch von den Jungen Liberalen in der Initiative „Bürgerentscheid Mainz Rathaus“ für ein solches Votum stark gemacht. „Wir können uns nicht erklären, warum fünf Jahre ins Land gehen mussten, ehe der Oberbürgermeister die 180-Grad-Wende vollführt und sich nun doch unserer Forderung nach einem Bürgerentscheid fügt“, sagte Leidecker als Initiativen-Sprecher und Stellvertretender CDU-Kreisvorsitzender am Mittwoch. „Man muss sich einmal vorstellen, es hätte unseren Einwohnerantrag im Januar 2013 nicht gegeben und Ebling hätte blind begonnen zu bauen – wir würden uns mitten in einem finanziellen Super-GAU befinden.“ Die jetzt angegebenen Kosten von 60 Millionen Euro seien kaum zu halten, so Leidecker, „weil erhebliche Faktoren wie Zwischenmiete, Umzüge, Denkmalschutz und Inneninstallationen nicht adäquat berücksichtigt wurden“. Der CDU-Politiker rechnet mit Gesamtkosten im dreistelligen Millionenbereich.
Von Michael Erfurth