Rathaussanierung in Mainz: Architektenkammer hinterfragt...

Da das Rathausdach ohnehin saniert werden muss, könnte es umgestaltet und somit öffentlich zugänglich werden. Es würde einen tollen Blick über die Stadt bieten. Grafik: agn Niederberghaus & Partner     Foto:

Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz kritisiert den Vorschlag von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), die Mainzer im Rahmen eines Bürgerentscheids über die Sanierung...

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MAINZ. Die Architektenkammer Rheinland-Pfalz kritisiert den Vorschlag von Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD), die Mainzer im Rahmen eines Bürgerentscheids über die Sanierung des Rathauses abstimmen zu lassen. Das hatte Ebling vorgeschlagen, nachdem laut Gutachten die Herrichtung des denkmalgeschützten Gebäudes nicht für die vom Stadtrat befürwortete 50 Millionen Euro machbar ist. Dem Gutachten des Büros agn zufolge würde die Rathaussanierung bei einem Beginn der Arbeiten in drei Jahren rund 64,5 Millionen Euro kosten. Die Kosten für die provisorische Unterbringung der Stadtverwaltung in einem anderen Gebäude während der Sanierungsphase sind in diesem Betrag nicht erhalten.

„Sind 50 Millionen Euro nicht ausreichend?“

„Verweigert der Stadtrat angesichts schwieriger Entscheidungen nun kollektiv die Arbeit?“ heißt es in einer Presseerklärung der Architektenkammer. „Stiehlt er sich durch Rückdelegation der Verantwortung davon?“ Wie viel Sanierung des Rathauses für 50 Millionen Euro zu haben sei, scheine nach zwei Jahren weiter offen. „Gefragt war ja nur das wirklich Nötige zur Arbeitsfähigkeit des Hauses und zum Unterhalt des Denkmals, kein ,wünsch Dir was’ – so die Verlautbarungen 2015 – war bestellt.“ Es bleibe die Frage, wieso nicht mit 50 Millionen die tatsächlich notwendigen Maßnahmen Sanierung Fassade, Dachflächen, Fenster, Haustechnik erfolgen könnten. „Eine behutsame Sanierung mit Erhalt wesentlicher Elemente und keinen zusätzlichen Eingriff – wäre das nicht günstiger als für 60 Millionen zu haben?“ so die Architektenkammer. „Die Zweigeschossigkeit des Foyers – keine Mehrkosten? Café im Erdgeschoss – kein Zusatzaufwand? Alle Fragen offen, aber ein Bürgerentscheid steht schon einmal im Raum.“

Gutachter: Verbesserungen sind machbar

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Dem steht die Aussage von Dr. Stefan Nixdorf vom Büro agn entgegen, wonach diese Verbesserungen bei der Nutzung des Rathauses im Rahmen der Sanierungsarbeiten ohne hohen finanziellen Mehraufwand machbar seien. Nixdorf hatte auch vorgeschlagen, das Rathausdach öffentlich begehbar zu machen. Das Gros der Umbaukosten indes entfalle auf die Fassaden-, Beton-, Dach- und Schadstoffsanierungen sowie auf die Erneuerung der veralteten Technik, so Nixdorf. Bei einem Umbau wäre es möglich, die Flächen im Rathaus wesentlich effektiver zu nutzen und so einen Mehrwert zu erhalten.

Die Architektenkammer sieht einen Bürgerentscheid kritisch. „Wenn es dumm läuft, steht anschließend eine ganze Stadt vor den Scherben der selbst herbeigeführten Misere. Bürgerschaftlicher Unmut trifft auf Mutlosigkeit der Gewählten, wie soll sich daraus für Mainz Positives entwickeln?“ Wer entscheiden soll, brauche gleichwertige Alternativen. „Die liegen ernsthaft weder beim Rathaus noch beim Gutenberg-Museum vor. Beim Rathaus wurden Sanierungsalternativen noch nicht öffentlich vorgestellt. Beim Gutenberg-Museum liegt die beste Variante längst auf dem Tisch“, so kommentieren die Architekten auch die Diskussion über den Bibelturm. „Wichtig wäre es, die Verschiebung der verantwortlichen Entscheidung durch gewählte Vertreter auf Bürgervoten zu diskutieren.“

Die ÖDP-Fraktion ist der Auffassung, dass das Thema Rathaussanierung zügig, aber gründlich diskutiert werden muss. Mit Blick auf den von Ebling angekündigten Bürgerentscheid sagt ÖDP-Fraktionschef Claudius Moseler: „Jetzt rächt sich, dass der OB und die Ampel Alternativen zum Rathaus nicht ernsthaft geprüft haben. Dazu zählt für uns ein Neu- oder Umbau in zentraler Lage oder die Schlossvariante mit Neubau auf dem Ernst-Ludwig-Platz, wie es die ÖDP bereits im Dezember 2012 im Stadtrat gefordert hatte.“ Alternativen seien nicht objektiv und nach vergleichbaren Kriterien aufgezeigt worden, „ebenso wenig die Folgekosten, weil der politische Wille fehlte“.

Von Michael Erfurth