Warum sich die Kandidaten in ihren Social-Media-Wahlkämpfen kaum voneinander absetzen und wer in Sachen Professionalität dennoch die Nase vorne hat.
MAINZ. Wer steht für Soziale Themen, wer macht grüne Politik, wer die für Familien? Wer kümmert sich um Verkehr, wer um Klima oder Wirtschaft? Zusammen mit dem Mainzer Marktforschungsunternehmen m-result machen wir in der heißen Phase des Oberbürgermeisterwahlkampfes den Themen-Check in den Sozialen Medien: Wofür stehen Manuela Matz (CDU), Nino Haase (parteilos), Mareike von Jungenfeld (SPD) und Christian Viering (Grüne) – also die vier aussichtsreichsten Kandidaten –, mit welchen Themen bringt man sie jeweils in Verbindung?
Es fehlt die Meinung
Eine Frage, die nicht leicht zu beantworten ist, denn eines fällt direkt auf: Häufig fehlt die Meinung. Die klare Positionierung zu einem Thema, der konkrete Vorschlag, ja selbst die Provokation. Im Gegensatz zum Wahlkampf 2019, in dem zum Beispiel Eblings Idee eines neuen Stadtteils oder die hohen Kosten für die Rathaussanierung heftig diskutiert wurden, kommt es in dieser Runde nicht zu Kontroversen. In diesem Wahlkampf geht es um die Eigenwerbung. Man wirbt vor allem für sich selbst, bleibt dabei auch gerne in der eigenen Komfortzone.
Der Wahlkampf ist kurz. Zu kurz?
Das könnte natürlich am Zeitfaktor liegen. Der Wahlkampf ist kurz, politische Kontroversen dagegen zeitintensiv. Oder es liegt daran, dass hier bis auf Manuela Matz oder Nino Haase Kandidaten zur Wahl stehen, die – anders als 2019 Michael Ebling (SPD) oder Tabea Rößner (Grüne) zum Beispiel – im Vergleich noch relativ unbekannt in den Wahlkampf gestartet sind.
Eine Theorie, die erklären könnte, warum die Wirtschaftsdezernentin Manuela Matz im Untersuchungszeitraum bei den über Social-Media transportierten Inhalten punktet – und der parteilose Nino Hasse seit Jahresanfang ordentlich aufholt. Beide kennt man schon, sie können darum schneller zur Sache kommen.
Matz und Haase mit hoher Schlagzahl
Während die anderen Kandidaten die Schlagzahl ihrer Beiträge auf Facebook oder Instagram zum Jahresende nur gemächlich nach oben geschraubt haben, hat Matz im Untersuchungszeitraum fast doppelt so häufig gepostet, wie Viering oder von Jungenfeld, und tut das auch weiterhin. Seit Jahresbeginn holt Nino Haase allerdings merklich auf. Sowohl Matz als auch Haase bespielen Social-Media recht professionell, arbeiten teilweise schon im Untersuchungszeitraum bewusst Zielgruppen ab. Der Besuch im Tierheim oder bei der Feuerwehr, Fotos aus der Hochschule, vom Marktfrühstück oder der Fastnachtssitzung – da steigen von Jungenfeld oder Viering jetzt erst ein und auch lange noch nicht mit der gleichen Schlagzahl wie Matz oder Haase.
Die Wirtschaftsdezernentin setzt auf Erfahrung
Die Wirtschaftsdezernentin verweist in Interviews und Beiträgen auf ihre Erfahrung als ebendiese, stellt sich bewusst als Politikerin mit Erfahrung dar. Zudem bedient Matz eine relativ breite Palette von Themen und Zielgruppen. 47 Prozent ihrer Beiträge im Untersuchungszeitraum befassen sich mit sozialen Themen wie Ehrenamt, Jugendarbeit, Sportförderung oder Tierschutz, 23 Prozent aller Beiträge postet sie zu Wirtschaftsthemen wie Tourismus, Gastronomie, Einzelhandel oder der Gründerszene. Aber auch Beiträge zu Bildung, Kultur, Mobilität, der städtischen Sicherheit oder der Wohnungsfrage finden sich auf ihren Seiten.
Haase betont seine Unabhängigkeit
Nino Haase stellt sich selbst als „pragmatischer Macher“ dar, betont seine Unabhängigkeit und den unternehmerischen Hintergrund. Aber nur rund 13 Prozent seiner Beiträge auf Social-Media drehen sich dann auch um den Themenbereich Wirtschaft, nur etwa sieben Prozent um Politik und die Verwaltung. Auch er postet im Untersuchungszeitraum am häufigsten zu sozialen Themen, nämlich fast 47 Prozent aller Beiträge. Zu den Themen Bildung, Kultur, Sicherheit oder Wohnraum fand sich bis Ende des Jahres kein Beitrag auf seinen Social-Media-Kanälen. Dafür fällt seit Jahresbeginn auf: Haases Beiträge auf Instagram werden nicht nur mehr, sondern sind im Vergleich zu denen der anderen Kandidaten auch deutlich professioneller.
Von Jungenfeld setzt auf Familienpolitik
Mareike von Jungenfeld hat Rolle und Ziel klar definiert: Mainz soll in acht Jahren die familienfreundlichste Stadt des Landes werden. Dafür positioniert sie sich als junge Mutter, die den Generationenwechsel im Stadthaus einläutet. Dazu passt auch, dass sich fast die Hälfte aller Beiträge, konkret 48 Prozent, um Familiengeld, Gleichberechtigung, Kitaplätze oder Integration drehen. Beiträge, die sich mit Entsiegelung und Klimaschutz beschäftigen, machen direkt danach fast 20 Prozent ihrer Posts aus, danach kommt Kultur mit elf Prozent. Mit den Themen Politik und Verwaltung oder Sicherheit hat sich im Untersuchungszeitraum keiner ihrer Beiträge beschäftigt.
Viering setzt auf seine Tätigkeit als Betriebsrat
Christian Viering setzt auf seine Tätigkeit als Betriebsratsmitglied, sieht sich selbst als Vermittler bei Klimaschutz und Soziales, möchte die Stadtverwaltung zum bürgernahen Dienstleister umbauen. Zum Klima aber postet er nur rund 23 Prozent seiner Beiträge, dafür über die Hälfte, konkret 56 Prozent, zu sozialen Themen wie Armutsbekämpfung, zu Gleichberechtigung oder sozialen Zusammenhalt. Auch er hat die Themen Politik und Verwaltung oder Sicherheit bis Ende Jahres noch nicht für sich beansprucht, ebenso wenig gab es Beiträge zum Thema Wohnen.
Mit prominenter Unterstützug
Während Christian Viering in seinem Social-Media-Wahlkampf Unterstützung von prominenten Gesichtern wie Vizekanzler Robert Habeck oder den rheinland-pfälzischen Ministerinnen Katharina Binz und Katrin Eder bekommt, zeigt sich auch von Jungenfeld auf Facebook mit bekannten Unterstützern wie Innenminister und Ex-OB Michael Ebling oder Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Manuela Matz hat gerade Rückenwind von Fastnachtsgröße Thomas Neger bekommen.
Die sozialen Themen bestimmen den Wahlkampf
Während Verkehr, Klima, Kultur und Wirtschaft in dieser Reihenfolge auf den Plätzen fünf bis zwei der Wahlkampfthemen landen, bestimmt der Bereich „Soziales“ mit rund 45 Prozent aller Beiträge in Interviews und Social-Media momentan den Online-Wahlkampf. Wobei hier sowohl politische Ziele wie mehr Personal für die städtischen Kitas gemeint sind, als auch Postings, die soziales Engagement verdeutlichen sollen, wie eben die Spendensammlung für die Tafel oder der Besuch im Tierheim. Nur: Unter den Beiträgen, die das Marktforschungsinstitut im Untersuchungszeitraum zum Bereich „Soziales“ zählt, machen die von Christian Viering etwa 30 Prozent aus, direkt danach kommen Mareike von Jungenfeld mit 25, Manuela Matz mit 21 und Nino Haase mit 24 Prozent. Nahezu deckungsgleich also. Keiner der Kandidaten führt den Bereich an. Es zeigt sich einmal mehr in diesem Wahlkampf: kein Kandidat setzt sich mit einem konkreten Fokusthema oder zumindest einem konkreten Themenbereich von den anderen ab.
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