Der Mainzer Grünen-Kandidat zieht als Zweiter in die Stichwahl ein. Bis 5. März will er „um jede einzelne Stimme” kämpfen. Zudem hofft er auf Unterstützung der anderen Parteien.
Mainz. Um 18.32 Uhr geht das erste Raunen durch die Räume in der Mombacher Straße. Der dritte von 118 Stimmbezirken ist gerade ausgezählt und auf der Leinwand rutscht Christian Viering auf den zweiten Platz vor. Noch ist es ein weiter Weg für den OB-Kandidaten der Grünen, der selbst noch gar nicht auf seiner Wahlparty eingetroffen ist. Doch die Richtung stimmt. Eine halbe Stunde später ist die Hälfte der Stimmbezirke ausgezählt und das Ergebnis verfestigt sich. Da macht es auch nichts aus, dass plötzlich der Bildschirm in einem der beiden von den Grünen angemieteten Räume ausfällt. Die Stimmung wird gelöster. Die Wahlparty der Grünen wirkt wie ein großes Wiedersehen, ein Familienfest – einige haben ihre Kinder mitgebracht, die durch das M1 toben. Bei Brezeln, Apfelkuchen, Fleischwurst und vegane Fleischwurst, bei Bier und Wein warten die Grünen auf ihren Kandidaten.
Viering, der eigentlich erst gegen 19.30 Uhr erscheinen wollte, ist dann doch schon um 19.15 Uhr da. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Catrin Müller betritt er das M1 – der Jubel unter seinen Anhängern ist riesig. Mit 21,5 Prozent der abgegebenen Stimmen zieht der Grünen-Kandidat hinter Nino Haase in die Stichwahl ein. Eigentlich wolle er noch gar nichts sagen, schließlich sei noch nicht alles ausgezählt, sagt Viering. Doch natürlich muss er einiges loswerden. „Wir haben geliefert”, sagt der 38-Jährige. Nun komme es eben auf die kommenden drei Wochen an. Bis zur Stichwahl wolle er „um jede Stimme kämpfen”, sagt er. „Wir werden an jeder Tür klingeln, wenn es sein muss.”
In den nächsten Wochen komme den Grünen die wichtige Aufgabe zu, darüber zu diskutieren, wie die Stadt geführt werden solle. „Und das geht nur gemeinsam und miteinander. Und nur, wenn man sein Gegenüber respektiert”, so Viering. Eine erste Anspielung auf seinen Kontrahenten Nino Haase – bereits beim Wahlforum dieser Zeitung waren Haase und Viering beim Thema Respekt leicht aneinandergeraten. „Es ist wichtig, dass es in einer Demokratie Parteien gibt, die gerade bei Personenwahlen als wichtiges Korrektiv wirken”, legt Viering nach. „Vor allem, wenn man sich auf acht Jahre festlegen muss.” Nun gehe es darum, dass es den ersten Grünen-Oberbürgermeister in Mainz gebe. Vierings Stimme wird lauter, der Jubel ebenfalls. „Ab Montag heißt es Vollgas Richtung 5. März”, sagt der Kandidat noch, bevor er sich Umarmung nach Umarmung abholt. Nun sei erst einmal durchatmen und kurz feiern angesagt. Bei „ein, zwei oder drei Bier”, wie Viering ankündigt.
Christin Sauer, die Kreisvorsitzende der Grünen, findet das Ergebnis nicht ganz so überraschend, wie ihr Kandidat. „Das war mein Stichwahl-Tipp, seit ich alle Kandidaten kannte.” Es sei vorab klar gewesen, dass der Bekanntheitsgrad von Nino Haase, den er durch die OB-Wahl 2019 habe, relevant sein werde. Tabea Rößner kennt Haase aus dem Wahlkampf vor dreieinhalb Jahren genau, die Bundestagsabgeordnete verpasste damals mit 22,5 Prozent die Stichwahl. „Es wird ein harter Kampf. Der Abstand im ersten Wahlgang war groß”, sagt Rößner. Man müsse nun mit den anderen demokratischen Parteien verhandeln und zeigen, was man in Mainz gestalten könne „Das wird eine richtig wichtige Wahl”, sagt Rößner. Die Vorzeichen seien komplett anders als noch 2019. „Mainz hat jetzt richtig viel Geld.” In Richtung des parteilosen Kontrahenen von Christian Viering sagt sie: „Ich weiß, wie Nino Haase agiert. Es mag schön klingen, dass jemand sich als unabhängig darstellt, aber da besteht die Gefahr, dass das in Beliebigkeit endet.”
Ähnlich spricht auch Umweltministerin Katrin Eder über Nino Haase. „Jemand, der in der einen Veranstaltung so zum Thema Klimaschutz spricht und in der nächsten dann wieder so... da weiß man bei den Grünen, was man hat.” Das Ergebnis am Wahlabend bewertet Eder als „Riesenerfolg”. Schließlich sei es erst das zweite Mal in der Geschichte der Mainzer Grünen, dass der Einzug in die OB-Stichwahl gelinge. Familienministerin Katharina Binz ist beim Wahlergebnis vor allem vom Vorsprung der Grünen auf CDU und SPD überrascht. „Wir haben im Endspurt viele Leute überzeugt. Das stimmt mich positiv.” Doch ja, die Stichwahl werde schwierig. „Es geht darum, zu zeigen, was es heißt, politische Verantwortung zu übernehmen – im Alltag, nicht nur im Wahlkampf.”
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Ab Montag wollen die Grünen dann Gespräche mit den anderen Parteien im Stadtrat führen. „Wir werden zunächst mit den Kollegen der Ampel sprechen”, kündigt Fraktionssprecherin Sylvia Köbler-Gross an. Und die Chancen in der Stichwahl? Da sagt Christian Viering : „Das gewinnen wir!”
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