Mythos Margit Sponheimer - Mainzer Fastnachtlegende wird 75...

Margit Sponheimer Foto: HR/Benjamin Knabe
© HR/Benjamin Knabe

Ihre Karriere begann schon mit elf Jahren - bei einer Fastnachtsfeier ihrer Schule. Seitdem begeistert Margit Sponheimer nicht nur das Mainzer Publikum. Nun wird die...

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MAINZ. "Derf mer aach singe?“ Das war der Satz, mit dem für Margit Sponheimer ihre fastnachtliche Gesangskarriere begann. Damals war sie gerade mal elf Jahre alt und Schülerin in der Mainzer Frauenlobschule. Ihre Klasse wollte eine Fastnachtssitzung veranstalten. Und weil Margit Sponheimer damals schon gerne sang und Klavier und Akkordeon spielte, war sie für die Musik zuständig. Das Publikum war begeistert und das kleine Mädchen hatte seinen Traumberuf gefunden. Das ist nur eine der unzähligen Anekdoten, die Margit Sponheimer in ihrer Biografie erzählt. Das Buch erschien bereits 2010 – wobei das womöglich ein paar Jahre zu früh war. So einige Kapitel hätte sie allein in den vergangenen acht Jahren nämlich noch dranhängen können. All das, was ihr gerade widerfährt, kann sie kaum fassen. „Ich bin wie ein Kind, das vorm Weihnachtsbaum steht und strahlt.“

Margit Sponheimer
Margit Sponheimer.
Margit Sponheimer.
Margit Sponheimer.

Am Mittwoch, 7. Februar, feiert die Mainzer Fastnachtsikone ihren 75. Geburtstag, am gleichen Tag wird der Mainzer Stadtrat beschließen, dass „es Margittche“ Mainzer Ehrenbürgerin wird. Und im aktuellen Zugplakettchen ist die Ausnahmefastnachterin mit ihrem Hit „Am Rosenmontag bin ich geboren“ verewigt – ihrem Evergreen. Charly Niessen, der auch für Hildegard Knef Lieder geschrieben hat, komponierte das Lied, der Text stammt von Franz Rüger.

Eigentlich hat sich Margit Sponheimer bereits vor 20 Jahren, am Fastnachtssonntag, 22. Februar 1998, aus der Fastnacht verabschiedet. Glück und Segen für die närrischen Bühnen, dass sie es in diesem Fall nicht mit einem ihrer musikalischen Vorbilder, Juliette Gréco, hielt. „Il n’y a plus d’après“ hatte die französische Chansonniere einst gesungen, „Danach kommt nichts mehr“. Margit Sponheimer war und ist auch nach ihrem offiziellen Rückzug aus der Narren-Rostra präsent, war seit 1998 allein sechsmal Überraschungsgast bei „Mainz bleibt Mainz“. Und die Chancen stehen gut, dass Fernsehdeutschland auch 2018 wieder zuhause zum „Rosenmontag“ mitschunkeln darf. Auch beim MCV tritt sie diese Kampagne ausnahmsweise wieder auf. Sie ist ein Glücksfall, eine Botschafterin, die pure Werbung für Mainz.

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Sponheimer blieb nicht verschont von Schicksalsschlägen

Was steckt hinter dem „Phänomen Sponheimer“? Was macht diese Frohnatur, die am 7. Februar 1943 in Frankfurt geboren wurde, so beliebt? Margit Sponheimer ist all die Jahre, die sie mit Heinz Schenk im „Blauen Bock“, als Gast in Fernsehshows wie Dalli-Dalli, als Musikstar bei Firmenfeiern oder Bällen aufgetreten ist, herumgekommen in der Welt, war auf Kreuzfahrtschiffen engagiert, bei der Amerika-Tour der Hofsänger dabei, sie spielte im Frankfurter Volkstheater, moderierte Fastnachtssendungen. All das war mitunter auch echte Knochenarbeit, berichtet sie. Aber es war genau das, was sie machen wollte. Und sie ist bei all ihrer Populärität, bei aller Lobhudelei immer auf dem Boden geblieben.

Im Alter von sieben Jahren zog Margit Sponheimer von Frankfurt nach Mainz, da ihr Vater hier bereits eine Werkstatt für Automessinstrumente betrieb. Sie wuchs in der Nachkriegszeit auf, war ein „Schlüsselkind“, wie sie erzählt, lernte früh, selbstständig zu sein. Also ging sie ihren Weg. Ein Weg, der auch von Schicksalsschlägen nicht verschont blieb. Mit 29 Jahren verlor sie plötzlich ihren damaligen Lebensgefährten. Sie fand Halt bei ihrer Mutter, schaffte es, trotz des tiefen Lochs, in das sie fiel, wieder auf die Bühne zu gehen. Auch nach ihrer Stimmbandoperation im Jahr 1986 kämpfte sie sich zurück. Und trat als Überraschung für alle beim MCV als Clown, mit ihrem von Joe Ludwig geschriebenen Clownlied, auf. „Da stand in der Rheingoldhalle alles still. Kein Kellner hat bedient. Das war der schönste Moment meiner Karriere“, sagt sie.

"Am Rosenmontag bin ich geboren" wohl größter Exportschlager der Mainzer Fastnacht

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Auch 2012, als sie an GBS, einer plötzlich auftretenden Krankheit des peripheren Nervensystems, erkrankte, ließ sie sich nicht unterkriegen, lernte Gehen, Sprechen und Feinmotorik wieder neu. „Es ist ein Wunder, dass ich wieder so hüpfen kann“, sagt Margit Sponheimer, die mit ihrem Mann Joachim Weber und ihren Hunden, den beiden Cavalier King Charles Spaniels Josie und Sarah, in Ober-Olm lebt. Aus jedem ihrer Worte spricht tiefe Dankbarkeit. Dankbarkeit darüber, dass sie Menschen wie Ernst Neger, der immer eine schützende Hand über sie gehalten habe, begegnet ist; darüber, dass Toni Hämmerle sie gefördert hat, dass sie immer die richtigen Menschen um sich hatte. Froh, dass sie sich immer treu geblieben ist.

Margit Sponheimer lebt und liebt die Musik, mag Hildegard Knef, Zarah Leander oder Marlene Dietrich, genauso auch Mozart und Beethoven. Sie beobachtet mit Vergnügen, wie die jungen Fastnachter mit Rap und Rocksongs für Furore sorgen – und dabei mitunter auch auf Sequenzen der berühmten Sponheimer-Hymnen zurückgreifen. „Es ist toll, wenn die Jugend meine Lieder singt“, sagt sie. „Am Rosenmontag bin ich geboren“ ist dabei wohl einer der größten Exportschlager, den die Mainzer Fastnacht je hervorgebracht hat. Vielleicht, so glaubt sie, „weil er die Macht hat, Seligkeit rüberzubringen“. Kaum ertönen die ersten Akkordeonklänge des Liedes, liegen sich die Menschen in den Armen, singen inbrünstig mit. Margit Sponheimer schafft es immer wieder, etwas von der guten alten Zeit zu den Menschen zurückzuholen. Und für manch einen gilt noch heute folgender Kalenderablauf: „Zuerst kommt der Nikolaus, dann das Christkindche, dann es Margittche und dann der Osterhas’“.