Meine Woche in Mainz: Wünsch dir was im Stadthaushalt

Julia Krentosch ist Leiterin der Mainzer Lokalredaktion. Foto: VRM

Wünsch dir was, dann kriegst Du das? Warum beim Stadthaushalt plötzlich alle mitreden möchten und wie die Mainzer Kommunalpolitik damit umgehen sollte.

Anzeige

MAINZ. Es liegt was in der Luft, in der Landeshauptstadt. Der Duft nach Geld. Nach Veränderung. Das ist schon länger so. Spätestens seit November im vergangenen Jahr, als so langsam klar wurde: Jetzt sind wir reich! Oder besser: Jetzt haben wir Möglichkeiten. Und genau die sollen jetzt zum ersten Mal definiert und eingepreist werden. Es ist DER Haushalt, der Ende des Jahres im Stadtrat verabschiedet wird. Der Erste mit den vielen Nullen. Rund 1,2 Milliarden Euro für die nächsten zwei Jahre, das ist eine ordentliche Hausnummer.

Und darum ist es auch nicht verwunderlich, dass sich dieses Mal alle besonders viel Mühe geben – und ihre Duftmarke setzen möchten. Der städtische Haushalt ist ja sonst eigentlich kein Tagesordnungspunkt, bei dem die Öffentlichkeit den Sitzungssaal stürmt. Dieses Mal aber eben schon. Dieses Mal steht der Stadtrat unter Beobachtung, liegen die strengen Augen der Mainzer auf denjenigen, die sie gewählt haben, um ihre Interessen zu vertreten.

Konkurrierende Ideen - welche ist die beste?

Und welche sind das? Bei der Beantwortung dieser Frage kann man als Mainzer Kommunalpolitiker ja eigentlich nur alles falsch machen, denn jeder von uns hat andere. Ich zum Beispiel wünsche mir mehr Kitaplätze, bezahlbare Mieten und günstigen ÖPNV, anderen drückt woanders der Schuh. Zahlreiche Initiativen wie MainzZero haben sich auch schon zu Wort gemeldet und ihre Forderungen für den kommenden Doppelhaushalt formuliert. Welche Idee ist die beste, welcher Wunsch der wichtigste?

Anzeige

Die Linke hat sich dazu entschlossen, die Mainzer genau das zu fragen: Was wollt ihr? Was braucht ihr? Die Piraten und Volt-Fraktion im Stadtrat macht es genau so. Via Online-Umfrage können die Mainzer hier angeben, mit welchen Themen die Fraktionen in die Haushaltsberatungen gehen. Im Prinzip eine gute Idee. Schließlich dürfen die Mainzer schon immer beim Haushalt mitreden, das sieht die Gemeindeordnung so vor. Hat bisher nur kaum jemanden interessiert, weil der städtische Haushalt nun mal, nun ja, langweilig ist...

Beteiligung an Etat schon immer möglich

Wahrscheinlich hat es bisher auch kaum jemand zur Kenntnis genommen, so eine kleine Notiz im Amtsblatt überliest man ja schnell. Die Kampagnen der Mainzer Fraktionen eher nicht. Aber: Wer viel fragt, bekommt viele Antworten. Unter Umständen zu viele. Die Linke hat darum Forderungen und Themenfelder zum Priorisieren vorgegeben, Piraten und Volt auch. Bleibt die Frage, wer da klickt bei Linke, Piraten und Volt. Sind das wirklich „DIE Mainzer“? Oder sind das nur die Mainzer, die Zugang zum Internet haben, die von der Aktion erfahren haben, die sich über Social Media, Zeitung und Nachrichten auf dem Laufenden halten? Und das frage ich völlig ohne Zwischentöne. Ich möchte einfach nur sagen, dass man sich darüber im Klaren sein muss, dass die Antworten nicht repräsentativ für alle Mainzer stehen, wenn man die Aktionen auswertet.

Ja, die Augen der Mainzer liegen momentan so intensiv auf dem Stadtrat wie selten zuvor. Aber aus der Ruhe bringen darf uns das jetzt nicht. Der Wunsch, möglichst alle mitzunehmen, ist verständlich. Aber jeder Wunsch lässt sich nun mal nicht erfüllen. Zumal wir eigentlich längst wissen, wo der Schuh am schlimmsten drückt. Verkehr, Wohnen, Kitas und Schulen, Klimaschutz. Jetzt gilt es, Wohnen, Arbeiten und Leben in der Landeshauptstadt auch künftig möglich und attraktiv zu machen. Wenn sich der Stadtrat dieser Verantwortung bewusst ist, dann ist der Großteil der anstehenden Diskussion doch schon erledigt.