MCC und MCV bieten in der Mainzer Rheingoldhalle...

Mit Tanz und tollen Kostümen begeisterten die „Magic Moves“ bei der Gemeinschaftssitzung.Foto: hbz/Judith Wallerius   Foto: hbz/Judith Wallerius
© Foto: hbz/Judith Wallerius

Viel wird in diesen Tagen diskutiert über Bedeutung und Zustand der politisch-literarischen Fastnacht. Bei der Gemeinschaftssitzung von MCC und MCV in der Rheingoldhalle...

Anzeige

MAINZ. Viel wird in diesen Tagen diskutiert über Bedeutung und Zustand der politisch-literarischen Fastnacht. Bei der Gemeinschaftssitzung von MCC und MCV in der Rheingoldhalle lieferten die Symbolfiguren der beiden Mainzer Fastnachts-Platzhirsche reichlich Anschauungsmaterial. Der vom SWR für die Fernsehsitzung ausgemusterte „Till“ Friedrich Hofmann steht für den intellektuellen Zugang und bürstet Zeitgenössisches hübsch zeitgenössisch gegen den Strich. Zur massenweisen Smartphone-Nutzung im Bundestag: „Zu Haltungsschäden führt das glatt, sofern man eine Haltung hat.“ Der Putsch gegen Erdogan: „Nur getürkt.“ Weil sie so hässlichen seien, würden die AfD-Granden „statt Presse- eine Fressekonferenz“ geben. Auch die Autofahrer als „Melkkühe der Nation“ treten wieder auf. „Florett statt Hackebeil“, lobt Co-Sitzungsleiter Jürgen Wiesmann seinen Club-Kollegen. Kann man so sehen, muss man nicht.

Lautester Applaus für Andreas Schmitt

Den Bajazz mit der Laterne gibt Dr. René Pschierer mit staatstragender Miene und wohl gesetzten Worten in gehöriger Schärfe. Die hohen Geistlichen Bedford-Strohm und Marx ohne Kreuz am Tempelberg: „Rückgrat setzt ein Kreuz voraus. Kommt man kirchlich und politisch heute ohne beides aus?“ Das wäre, orakelt die MCV-Gallionsfigur, „einem Lehmann nie passiert“. Zwischen Erdogan und Hitler mache nur die Schnurrbartbreite noch den Unterschied. Und dass Donald Trump sage, alle Fremden müssten gehen, würde „mancher Indianer anders, aber ähnlich sehen“. Streitbar, unzeitgemäß, originell – kalt lässt dieser Vortrag niemanden.

Anzeige

Klare Stellungnahmen sind an der Zeit, Haltung zu zeigen erst recht. Wer die Befürchtung hatte, „Obermessdiener“ Andreas Schmitt würde nach Drohungen einen Gang zurückschalten, kennt den gewichtigen „Mainz bleibt Mainz“-Sitzungspräsidenten nicht. Seine Wutrede gegen die Pegida/AfD-Klientel gerät vielmehr noch wuchtiger und zieht den lautesten Applaus des Abends, und als Schmitt einen ebenso vehementen Erdogan-Verriss mit „Du Pinocchio vom Bosporus und jetzt zeig mich an“ beendet, meint man, eine weitere Symbolfigur närrischer Standhaftigkeit vor sich zu haben.

Die erlesen besetzte Sitzung bot ausnahmslos Höhepunkte. Margit Sponheimer flocht in ihre Evergreens zwischen „06131“ und „Am Rosenmontag bin ich geboren“ ein Toni-Hämmerle-Medley ein, Thorsten Ranzenberger fand sich inmitten seiner gern besungenen Schwellkoppträger wieder, und zum Abschluss beider Programmhälften zeigten die Hofsänger, warum sie in der Disziplin des klassischen Fastnachtsgesangs weiter unantastbar sind. Ein regelrechter Geniestreich ist das Programm von „Musikdozent“ Andy Ost. Lady Gaga, Eros Ramazotti, Xavier Naidoo, Ozzy Osbourne und viele mehr werden wortwitzig umgedichtet, Bob Dylan und Margit Sponheimer sowie Simon & Garfunkel und Ernst Neger scheinen sich immer schon gesucht und nun endlich gefunden zu haben. Das mag auch für das vergangenes Jahr angegangene Projekt einer gemeinsamen Sitzung von MCC und MCV gelten.