Mainzer organisieren Hilfsaktionen für Corona-Risikogruppen

Auch Johann Müller von der Grünen Jugend beteiligt sich wie viele andere Freiwillige an den Hilfsaktionen.  Foto: Sascha Kopp

In Mainz organisieren sich aufgrund der Corona-Krise Einkaufs- und Betreuungsdienste im Netz. Doch dabei gibt es auch Hürden.

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MAINZ. Die Idee kam Alena Haub schon in der vergangenen Woche. Da sah die Mainzer Biologie-Studentin, dass eine Wiener Schulklasse per App auf dem Handy angefangen hatte, die Nachbarschaftshilfe in Zeiten des Coronavirus zu organisieren. „Eine super Idee, bei der ich mich gefragt habe, ob es das in Mainz auch gibt“, erzählt die 22-Jährige. Sie selbst ist in der Grünen Jugend Mainz und dem Debattierclub Johannes Gutenberg aktiv und nutzte zunächst diese beiden Gruppen, um weitere Mitstreiter für das Projekt „Einkaufshilfe Mainz“ zu organisieren.

Zielgruppe für die Einkaufshilfe sind ältere Menschen und Menschen, die aufgrund von Vorerkrankungen besonders bedroht durch das neuartige Coronavirus sind und die deshalb lieber in ihrer Wohnung bleiben. Sie können die Initiative kontaktieren, ihre Einkaufsliste für den Supermarkt oder die Apotheke durchgeben und sich von den ehrenamtlichen Helfern die Einkäufe nach Hause bringen lassen. Doch auch Angebote wie das Ausführen eines Hundes gehören dazu.

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Die „Einkaufshilfe Mainz“ ist nur eines von mehreren Projekten, das am vergangenen Wochenende entstanden ist. In vielen Stadtteilen gibt es Whatsapp-Gruppen, in denen Hilfe angeboten und angefordert werden kann. Die Einkaufshilfe ist telefonisch und per E-Mail erreichbar (siehe Infokasten). „Wir machen das per Telefon, weil die ältere Generation nicht über eine App erreicht wird“, erklärt Alena Haub. Mittlerweile sind Menschen aus den verschiedensten Gruppen bei der Einkaufshilfe dabei.

Hilfe über Hausgemeinschaften sinnvoll

Doch bei den ehrenamtlichen Angeboten gibt es auch Hürden. „Es geht ja auch um ein Vertrauensverhältnis“, sagt Haub. „Man gibt fremden Leuten seine Adresse.“ Sie hoffe, dass niemand die Hilfsangebote ausnutze. „Wir haben die Kontaktdaten von allen Beteiligten. Wenn etwas passiert, muss sich der Betroffene melden“, sagt Haub.

Erik Donner, der die Whatsapp-Gruppe für die Neustadt betreut, sagt: „Am einfachsten ist es eigentlich, wenn in den Hausfluren Zettel über Hilfsangebote ausgehängt werden. Denn da kennt man sich.“ In der Whatsapp-Gruppe der Neustadt sind bereits über 200 Teilnehmer versammelt, wobei Donner immer wieder darauf hinweist, dass es nur darum geht, Hilfsangebote oder -Gesuche zu verbreiten und die Gruppe nicht für sonstige Unterhaltungen zu nutzen. Dieser Hinweis findet sich auch in den Gruppen-Regeln von Hartenberg-Münchfeld wieder, wie Ortsvorsteherin Christin Sauer erzählt. Unter den knapp 100 Gruppenteilnehmern würden nicht nur Einkaufs- und Betreuungsdienste ausgetauscht. „Ältere Menschen haben sich auch schon einfach für Telefonate und seelsorgerische Aufgaben angeboten.“ Doch auch Sauer hofft, dass viele Menschen über ihre Hausgemeinschaften an Hilfsangebote kommen.

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Eine Hürde bei den anonymeren Gruppen, die Alena Haub und ihre Mitstreiter noch ausgemacht haben, ist die der Bezahlung. „Da Bargeld schon von vielen angefasst wurde, wollen wir das eigentlich vermeiden“, sagt Haub, die deshalb die telefonische Überweisung vorschlägt.

„Viele sind nicht digital unterwegs“

Dass die Zahl der Hilfsangebote gerade steigt, hängt für die Studentin damit zusammen, „dass die Menschen den Ernst der Lage verstehen“. Dass sich Menschen aus den verschiedensten Gruppen engagieren, macht die 22-Jährige stolz. „Man geht nicht mehr für seine eigenen Interessen auf die Straße, sondern hilft auch anderen.“

Tatiana Herda Muñoz, die Ortsvorsteherin von Hechtsheim, ist von der Hilfsbereitschaft der Menschen ebenfalls sehr angetan. Sie hat die Hilfsangebote in Hechtsheim am Wochenende schon professionell aufgestellt. Statt einer einzelnen Whatsapp-Gruppe hat die Ortsvorsteherin verschiedene Untergruppen gegründet, um die Angebote aufzuteilen. Eine Gruppe beschäftigt sich ausschließlich mit der Informationsverbreitung. „Wir lassen bis Freitag 6000 Flyer drucken, die wir den Hechtsheimern einwerfen“, sagt Herda Muñoz. Man müsse die Hilfsbedürftigen dort abholen, wo sie sind. „Und viele sind eben nicht digital unterwegs.“

Auf den Flyern wird die Ortsvorsteherin mit ihrer eigenen Handynummer aufgelistet sein. Durch ihren Bekanntheitsgrad will sie die Hemmschwelle zur Kontaktaufnahme verringern. Wie viele Menschen das Hilfsangebot annehmen, könne sie aber noch nicht abschätzen. Ihr sei jedoch wichtig, dass es entsprechende Strukturen gebe. „Der Bedarf wird sich dann in den nächsten Wochen zeigen.“

In Bretzenheim wurde mit Hilfe des Gewerbevereins eine Sonderausgabe des Stadtteilkuriers produziert, die in an diesem Mittwoch in die Briefkästen geworfen wird. Auch darin finden sich dann Infos zu Einkaufsdiensten im Stadtteil, sagt Ortsvorsteherin Claudia Siebner.