Gerhard Trabert wartet nur auf den Anruf, dann sitzt er im Flieger nach Malta. Dort will er auf der Sea-Watch 3 zur Seenotrettung von Flüchtlingen aufbrechen.
MAINZ. Eigentlich wollte Professor Gerhard Trabert an diesem Montag ans Mittelmeer aufbrechen, um bei der „Mission 11“ der zivilen Seenotrettungsorganisation Sea-Watch zur Rettung von Bootsflüchtlingen im Mittelmeer dabei zu sein. Eigentlich. Denn nach wie vor wird die Sea-Watch 3 im Hafen von Valletta auf Malta festgehalten.
Kritik an europäischer Politik der Abschottung
„Es war rechtskonform, dieses Boot überprüfen zu lassen“, sagte der Mediziner bei einem Pressegespräch des Vereins „Armut und Gesundheit in Deutschland“, dessen Erster Vorsitzender er ist. „Aber es war alles okay.“ Sea-Watch lege daher auch Rechtsmittel ein, weil es keinen Grund mehr gebe, es noch weiter festzuhalten. Das Schiff könne sofort starten, sobald es ein Okay gäbe, da eine Crew vor Ort sei und das Schiff ständig warte. Er selber warte nur auf den Anruf, um sofort nach Malta aufzubrechen.
„Wir wissen, dass weiterhin Menschen im Mittelmeer ertrinken“, stellt Trabert fest. Er beklagt, dass der Kurs der aktuellen europäischen Politik auf „Abschottung, Abgrenzung und Ausschluss der Öffentlichkeit“ beruhe. Seine Erwartung an die Bundesländer und Kommunen sei es, in Solidarität mit Italien, das sich berechtigterweise im Stich gelassen fühle, „zu sagen, wie viele Menschen sie aufnehmen würden, um Italien zu entlasten und die zivile Seenotrettung zu unterstützen“.
Trabert schildert, die Zustände in „diesen Gummibooten seien unerträglich: „Wenn man sieht, dass da 160 Menschen eng zusammengepfercht sitzen, in der Mitte eine Mischung aus Benzin, Salzwasser und Fäkalien, 90 Prozent nicht schwimmen können und Menschen auch bei Rettungsaktionen ertrinken ...“ Die Menschenrechte, die in Europa zur Staatsbildung dazugehört hätten, würden „nun über Bord geworfen“.
Mit den Demonstrationen wie am heutigen Samstag (siehe Infokasten) wolle er ein Zeichen setzen, nicht dem Rechtspopulismus, Nationalismus und Rassismus nachzugeben. Auch die Bundesregierung könne sich stärker engagieren: „Bundeskanzlerin Angela Merkel könnte sagen, wir nehmen 100 000 aus dem Mittelmeer gerettete Menschen auf.“ Er ist davon überzeugt, Deutschland sei auch in der Lage, „von unseren Ressourcen und Versorgungseinrichtungen noch einmal eine Million Flüchtlinge aufzunehmen“, auch wenn dies „politisch durch die Rechtsentwicklung und Desinformation der Menschen schwierig umsetzbar“ sei. Der Mediziner ist sich aber sicher, „dass es in Deutschland weiterhin viel mehr Menschen gibt, die immer noch für eine Willkommenskultur stehen, aber verunsichert sind und Angst haben, das nach außen zu tragen“.