Nun ist es offiziell: Die Mainzer Wohnbau hat die Kommissbrotbäckerei übernommen. Dort sollen vor allem Wohnungen entstehen. Die Investitionskosten liegen bei 50 Millionen Euro.
MAINZ. Nein, alte Heeresvorräte lagen nicht auf dem Tisch, sondern frisch gebackenes Brot. Und das kastenförmige Gebäck schlug die Brücke von 1902 zur Gegenwart – als Symbol für den Namensgeber der Immobilie „Kommissbrotbäckerei“. Nachdem die Mainzer Wohnbau bereits im Mai im Auftrag der Stadt das Grundstück des 9.300 Quadratmeter großen Areals gekauft hat, wurde nun von der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) als vorheriger Besitzer offiziell der Schlüssel übergeben.
Stand jetzt wird die Wohnbau inklusive Kaufpreis 50 Millionen investieren. Da das stadtnahe Unternehmen das Erstzugriffsrecht auf die Liegenschaft hatte, wurde ihr die Immobilie zum ermittelten Marktwert überlassen. So hat sich der Kaufpreis um über eine Million Euro verbilligt. Über die genaue Kaufsumme haben Wohnbau und BImA Stillschweigen vereinbart.
Kulturelles Zentrum geplant
Bis circa 2023 sollen in der Rheinallee 111 insgesamt 145 Wohnungen und einige Gewerbeeinheiten entstehen. Durch den Bau von geförderten Wohnungen profitiert die Wohnbau von den Verbilligungsrichtlinien des Bundes. 50 Wohnungen werden mit je 25.000 Euro gefördert.
Im denkmalgeschützten Hallenbereich des Seitengebäudes will die Wohnbau zudem die Einrichtung von Räumen für soziale und kulturelle Belange ermöglichen. Damit könnte das lang gehegte Vorhaben, der Neustadt ein soziokulturelles Zentrum zu schenken, bald Wirklichkeit werden. Wie Wohnbau-Geschäftsführer Thomas Will informierte, werden binnen zwei Jahren die Detailplanungen laufen. Ab Sommer 2021 könnten die Sanierungs- und Bauarbeiten starten. Wozu auch der Bau einer neuen Tiefgarage unterhalb des großen Innenhofs zählt. „Wir hoffen nicht, dass wir 25 Römerschiffe finden“, sagte Will scherzhaft. Archäologische Funde sind jedoch wahrscheinlich, da vor drei Jahren in der Rheinallee 107 bei Tiefbauarbeiten eine römische Hafensiedlung entdeckt worden war. Laut Landesarchäologie könnte sich die Siedlung auf einen Abschnitt von mindestens einem Kilometer erstrecken. Solche Funde würden den Zeitplan der Wohnbau durchkreuzen.
Laufachse vom Quartiersplatz bis zum Zollhafen?
Geplant ist jedenfalls Folgendes: Der Flachbau zur Rheinallee soll durch ein fünfgeschossiges Gebäude ersetzt werden. Hier wäre geförderter Wohnraum möglich. Im Backsteingebäude, das rückwärtig an die Wallaustraße angrenzt, sollen im ersten und zweiten Stock Büros entstehen. Im dritten bis fünften Stock sind Maisonette-Wohnungen vorgesehen. Zwischen Bäckerei und Backsteingebäude könnte ein Ateliergebäude entstehen – wenn der Denkmalschutz mitspielt. Zudem sollen zwei Torbögen geöffnet werden, sodass zwischen dem neuen Quartiersplatz an der Wallaustraße und dem Zollhafen eine Laufachse entsteht. Ein weiteres Gebäude, das an der Moselstraße liegt, soll ebenfalls für Wohnungen genutzt werden. Geförderter Wohnraum sei hier nicht möglich.
Oberbürgermeister Michael Ebling (SPD) zeigte sich gut gelaunt: „Wir haben heute in einem Eigentümerinnenwechsel fix gesichert, dass dieses Schlüsselgrundstück einer guten Entwicklung entgegensieht.“ Zwischen der „dynamischen“ Zoll- und Binnenhafenbebauung und der nördlichen Neustadt seien Übergänge erforderlich – durch bezahlbaren Wohnraum und einen kulturellen Mittelpunkt. „Das ist der Anspruch, der sich in diesem Grundstück verkörpert“, betonte Ebling. Der OB lobte auch die Verhandlungen mit der BImA und meinte damit Claus Niebelschütz, den Leiter der Hauptstelle Verkauf bei der Bundesanstalt. „Das ist manchmal hart, aber bislang immer zu einem guten Ergebnis gekommen.“
Derzeit werden Sponsoren gesucht
Verhandlungen müssen nun auch die Mitglieder des Vereins Kulturbäckerei führen, die das soziokulturelle Zentrum mieten möchten. Laut Wohnbau-Geschäftsführer Will wird eine Jahresmiete von mindestens 150.000 Euro anfallen. Eine Summe, die der Verein nicht aus dem Ärmel schütteln kann, und solange die Finanzierung nicht steht, gibt es auch keine Nutzungszusage. Derzeit werden Sponsoren gesucht.
Wie Peter Schulz von der Kulturbäckerei berichtet, sehe das Nutzungskonzept Platz für Veranstaltungen, Musik- und Theaterproben, eine Galerie und ein Café vor. Im Dachgeschoss könnten Räume für soziale Zwecke und Familienfeiern eingerichtet werden. „Wir hoffen nun, dass über die Brandschutzvorschriften hinaus nicht unendlich viel Geld in die Gebäudesanierung gepumpt wird“, sagte Schulz. „Dann würde die Miete nach oben gehen.“ Das historische Ambiente des Gebäudes mache außerdem den Charme der Kommissbrotbäckerei aus.