Der Kauf der Kommissbrotbäckerei in Mainz steht kurz vor dem Abschluss - und ein soziokulturelles Zentrum in einem der fünf Gebäude könnte entstehen. Doch wie würde sich...
MAINZ . Sie haben einen ziemlich langen Atem bewiesen. Und nun stehen die Zeichen gut, dass sich das Durchhaltevermögen gelohnt hat. Seit 2003 gibt es die Initiative „Kulturbäckerei“. Ihr Vorhaben ist die Schaffung eines soziokulturellen Zentrums im Sinne einer „Begegnungsstätte für Kulturschaffende und Bürger“. Und zwar in der Rheinallee 111, dem Areal der ehemaligen Kommissbrotbäckerei.
Im Frühjahr 2017 wurde aus dem Kreis der Initiative schließlich ein eingetragener Verein gegründet. Seit vergangenen Freitag können die rund 20 Mitglieder buchstäblich aufatmen. Denn die Mainzer Wohnbau hat signalisiert, dass der Kauf der Kommissbrotbäckerei kurz vor dem Abschluss steht und dass sie für ein soziokulturelles Zentrum in einem der fünf Gebäude offen wäre (die AZ berichtete).
Dezernentin Grosse sichert nur Projektunterstützung zu
Das stadtnahe Unternehmen wünscht sich einen „Generalmieter“ für das dreigeschossige und unterkellerte Gebäude. Es grenzt an seitlich an die Rheinallee und auf der Rückseite an die Lahnstraße. Wohnbau-Geschäftsführer Thomas Will hatte aber auch signalisiert, dass die Investitionssumme wieder erwirtschaftet werden müsse. Sprich: Einen Freundschaftspreis wird es bei der Miete nicht geben. Dessen ist sich der Verein Kulturbäckerei auch bewusst. „Wir sind dabei, Stiftungen zu ermitteln, die wir kontaktieren könnten“, sagt Joachim Schulte vom Vorstand. Wichtig sei eine dauerhafte Finanzierung sicherzustellen, also nicht nur für Investitionen wie Mobiliar und Scheinwerfer.
Bau- und Kulturdezernentin Marianne Grosse (SPD) rät dem Verein, auch an das Land Rheinland-Pfalz und den Bund heranzutreten. Auf eine regelmäßige Finanzspritze von städtischer Seite aus könne die Kulturbäckerei nicht zählen. „Projektförderung wird aber immer möglich sein“, sagt die SPD-Politikerin, die sich einen Ort für die freie Kulturszene wünscht, der den Zollhafen mit der nördlichen Neustadt verbindet.
Schulte will sich damit nicht zufriedengeben. Die Stadt müsse sich beteiligen, fordert er: „Wir wollen gemeinsam mit der Stadt erreichen, dass den freien Kulturträgern und den Neustädtern Räumlichkeiten sowie Arbeitsmöglichkeiten zur Verfügung gestellt werden.“ Wie Schulte erzählt, habe Sozialdezernent Eckart Lensch (SPD) bei dem Infoabend durchaus eine Tür aufgemacht. Er sehe die Arbeit in der Kulturbäckerei als Teil der Gemeinwesenarbeit, wie sie an anderen Stellen in Mainz auch geleistet wird und dafür habe die Stadt Geld. Wie Vorstandsmitglied Jürgen Waldmann berichtet, hat die Kulturbäckerei einen Plan für die mögliche Nutzung der 3000 Quadratmeter entworfen. Im Keller wäre beispielsweise Platz für Musik- und Theaterproberäume sowie einen Veranstaltungsraum. Im Erdgeschoss stellt sich der Verein ein Café, einen weiteren Veranstaltungsraum mit Backstagebereich und eine Galerie vor (siehe Grafik), im ersten Obergeschoss Sozialräume für das Café und weitere Galerieräume. Im Dachgeschoss, dem flächenmäßig kleinsten Stockwerk, könnte Platz für Familienfeiern und Vereinstreffen und ein Verwaltungsbüro sein.
Über die Herkules-Aufgabe Finanzierungskonzept hinaus muss der Verein nun auch Mitstreiter finden. Als Vereinsmitglieder konnten unter anderem die Künstlergruppe Oktober, das Performance Art Depot (PAD) und die Caritas gewonnen werden. Schulte versichert aber, dass es noch keine Absprachen für die Raumnutzung gebe. „Wir befinden uns noch mitten im Gestaltungsprozess“, sagt er. „Jetzt ist der richtige Zeitpunkt, sich bei uns zu melden und mitmachen zu wollen.“
Nutzung erst ab Spätherbst 2023 möglich
Während der Verein schon tief in der Planung steckt, muss parallel aber zunächst noch der Kauf abgewickelt werden. Derzeit gehört die Immobilie der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA). Laut Claus Niebelschütz, dem Leiter der Hauptstelle Verkauf bei der BImA, liege der Kaufpreis der Immobilie deutlich unter 10 Millionen Euro. Die Wohnbau hatte angekündigt, dass in den kommenden Jahren inklusive Kaufpreis rund 50 Millionen Euro in das gesamte Areal investieren wolle. Dass sich der anstehende Kauf um über ein Jahr verzögert habe, hänge mit den geänderten Bodenrichtwerte und dem damit verbundenes neues Verkehrswertgutachten zusammen, hatte Wohnbau-Geschäftsführer Will jüngst gesagt. Der Kaufpreis sei um rund 40 Prozent gestiegen.
Nach den heutigen Planungen sollen die Baumaßnahmen im Sommer 2020 mit den archäologischen Untersuchungen beginnen, informiert Wohnbau-Sprecherin Claudia Giese auf Anfrage. Parallel dazu werde der flache Gebäuderiegel direkt an der Rheinallee abgerissen. Genutzt werden könne das soziokulturelle Zentrum erst ab Spätherbst 2023. „Wir könnten uns aber vorstellen, dass im Zeitraum von Frühjahr 2019 bis circa Mitte 2020 sporadisch Einzelveranstaltungen auf dem Grundstück und auch in der großen Halle durchgeführt werden“, stellt Giese in Aussicht. Die Voraussetzung dafür sei aber, dass die entsprechenden Sicherungs- und Instandhaltungsmaßnahmen dies zulassen. Darüber hinaus müssten technische Einschränkungen berücksichtigt werden. Beispielsweise, dass die Heizung der Liegenschaft kaputt ist.