Klimaneutrales Mainz? Das sagen die OB-Kandidaten

aus OB-Wahl in Mainz

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Rund 800 Besucher kamen zum Podium der Scientists for Future mit den OB-Kandidaten.

Bei der Podiumsdiskussion der Scientists for Future diskutieren die OB-Kandidaten über ihre Visionen für das klimaneutrale Mainz – und die liegen teilweise weit auseinander.

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Mainz. Mainz. Kurz bevor es losgeht, zieht sich eine lange Schlange durch das Gebäude für Rechts- und Wirtschaftswissenschaften auf dem Uni-Campus. Der größte Hörsaal der Uni ist mit rund 700 bis 800 Besuchern gut gefüllt, als die OB-Kandidaten auf die Bühne des Podiums der Scientists for Future kommen. Das Interesse an ihren Plänen zum Thema Klima ist offenkundig groß.

Marc Engelmann

Den Kandidaten der FDP lässt Moderatorin Anna Lena Dörr zuerst zu Wort kommen. Zunächst betont Engelmann wie seine Konkurrenten, dass der Klimaschutz „unermesslich wichtig“ sei. Beim Hauptthema Verkehr müsse aber ehrlich kommuniziert werden. So stießen Autos nach Angaben des Umweltbundesamtes bei Tempo 30 mehr CO2 aus als bei Tempo 50, weshalb diese Bereiche etwa auf der Kaiserstraße nicht dem Klimaschutz dienten. Den Autoverkehr auszubremsen, sei nicht sinnvoll. Den Einwand, dass Tempo 30 für Radfahrer angenehmer und für Anwohner leiser sei, kontert er mit dem Vorschlag, für Radfahrer in der Hinteren Bleiche eine Fahrradstraße einzurichten. Zudem könne nicht alles mit Bus oder Rad erledigt werden. Beim Ausbau der Autobahn A643 stelle sich die Frage, ob es sinnvoll sei, „jedes Projekt auf den Kopf zu stellen, wenn eigentlich schon der Bagger rollt“.

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Marc Engelmann (FDP).
Marc Engelmann (FDP). (© Sascha Kopp)
Zum Thema Tempo 30 bezog vor allem FDP-Kandidat Marc Engelmann deutlich Position.
Zum Thema Tempo 30 bezog vor allem FDP-Kandidat Marc Engelmann deutlich Position. (© Tim Würz)

Nino Haase

Auch für Haase ist „alles nichts wert ohne das Klima“. Beim Verkehr brauche es ein Parkraummanagement, um Flächen zu gewinnen, die dann umgewidmet werden könnten. Wenn es gute, breite Radwege gebe, könnten auch Menschen aufs Rad umsteigen, die nicht 30 und topfit seien. Als OB müsse man die Verwaltung fit machen, die Digitalisierung vorantreiben, damit Mainz schneller werde. Bei den Plänen für die Biotechnologie an der Saarstraße sei die Stadt dagegen „zu schnell und alternativlos“ vorgegangen, betont Haase. Es gebe viele versiegelte Flächen wie die großen Parkplätze an der Uni oder auch auf dem Messegelände, die nicht genutzt würden. Bei der Reduktion des CO2-Ausstoßes zeige sich, dass die Industrie in Mainz ihre Emissionen reduziert habe, während sie bei den städtischen Gebäuden kaum gesunken seien. „Da muss mehr passieren.“

Nino Haase (unabhängig).
Nino Haase (unabhängig). (© Sascha Kopp)
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Mareike von Jungenfeld

Die SPD-Kandidatin betont zunächst, dass sie den Klimaschutz mit dem sozialen Zusammenhalt „sehr gerne zusammen denke“. Im Verkehrsbereich brauche es mehr Busse und Straßenbahnen mit höherer Taktung. Um mehr Fachkräfte hierfür zu gewinnen, wolle sie eine Kooperation mit der Wohnbau schaffen, um die Leute in Mainz zu halten. Zudem stehe sie „sehr klar für eine autoärmere Innenstadt“. Gleichzeitig solle aber jeder mit dem Mittel seiner Wahl in die „Stadt für alle Generationen“ kommen können, auch wenn es langfristig darum gehe, „die Stadt jetzt so aufzustellen, wie sie in 20 Jahren aufgestellt sein soll“. Auf die Frage, wann denn ein Radweg auf die Kaiserstraße komme, antwortet sie, dies „nicht auf das Jahr genau sagen zu können“. Um die Energieeffizienz zu steigern, wolle sie 20 Millionen Euro in die Stiftung für Klimaschutz und Energieeffizienz stecken.

Mareike von Jungenfeld (SPD).
Mareike von Jungenfeld (SPD). (© Sascha Kopp)

Martin Malcherek

Malcherek betont, dass die Beschlüsse in Mainz „keine Papiertiger“ sein dürften. „Es darf kein weiter so geben.“ Man müsse für unbequeme Wahrheiten einstehen. Die neuen Finanzmittel der Stadt sollten in ein Mainzer 9-Euro-Ticket investiert werden, fordert der Linken-Kandidat, wofür er von Engelmann dafür kritisiert wird, wenige Jahre „in Saus und Braus“ leben zu wollen, und danach die Preise stark erhöhen zu müssen. Generell brauche es beim Verkehr statt des „Flickenteppichs“ einen Plan, erläutert Malcherek, den er in der grün dominierten Mainzer Verkehrspolitik seit Jahrzehnten vermisse. Beim Innenstadtring der Straßenbahn sei klar, dass die Route nicht durch die Hindenburgstraße oder die Wallaustraße, sondern über die Rheinallee führen müsse, während es bei der Entsiegelung von Flächen darum gehe, „erst einmal aufzuhören, überhaupt neue zu versiegeln“. Die Biotechnologie auszubauen sei keine schlechte Idee, „aber muss das an der Saarstraße sein?“, fragt Malcherek, womit er mit Haase der einzige Kandidat ist, der sich zu dem Thema äußert.

Bis zum Europa-Kreisel und der Eugen-Salomon-Straße erstreckt sich das 18 Hektar große Gelände für hochschulnahes Gewerbe, für das bereits Baurecht besteht. Die Stadt möchte den geplanten Biotech-Campus über die Eugen-Salomon-Straße hinaus um 50 Hektar entlang der Saarstraße erweitern.
Bis zum Europa-Kreisel und der Eugen-Salomon-Straße erstreckt sich das 18 Hektar große Gelände für hochschulnahes Gewerbe, für das bereits Baurecht besteht. Die Stadt möchte den geplanten Biotech-Campus über die Eugen-Salomon-Straße hinaus um 50 Hektar entlang der Saarstraße erweitern. (© Sascha Kopp)
Martin Malcherek, OB-Kandidat der Partei "Die Linke".
Martin Malcherek, OB-Kandidat der Partei "Die Linke". (© Sascha Kopp)

Manuela Matz

Matz erklärt zunächst, dass „Angst ein schlechter Ratgeber“ sei. Man müsse schauen, was machbare Maßnahmen seien – und sie als Wirtschaftsdezernentin müsse dabei auch die wirtschaftliche Prosperität im Blick haben. Beim Mainzer Ziel der Klimaneutralität 2035 „fehlt mir die Fantasie, wie wir das hinkriegen sollen“, sagt die CDU-Kandidatin. Laut einer Studie müssten so viele Gebäude saniert, die erneuerbaren Energien so stark ausgebaut werden. „Mir fällt nicht ein, wie wir das schaffen sollen.“ Man müsse auch auf technische Verfahren setzen, um CO2 wieder aus der Luft zu holen. Hierzu kommt allerdings von der Physikerin Prof. Doris Vollmer vom Max-Planck-Institut im Faktencheck der Einwand, dass diese Verfahren noch sehr weit von Großanwendungen entfernt und zudem sehr energieintensiv seien.

Manuela Matz (CDU).
Manuela Matz (CDU). (© Sascha Kopp)

Sie wolle ein Green-Tech-Cluster etablieren, erklärt Matz. Im Verkehrsbereich sei es am ökologischsten, wenn „die Verkehre fließen und ungefährdet unterwegs sind“. Die Stadt brauche mehr E-Busse und werde auch weitere Flächen für Gewerbe benötigen, da die Flächen im Zollhafen und im Heiligkreuz-Areal mit Wohnungen bebaut seien, wodurch die Flächen nun für Gewerbe wie die Biotechnologie fehlten.

Christian Viering

Viering erklärt den Klimaschutz zur „zentralen Zukunftsfrage unserer Zeit. Wir müssen diesen Planeten retten.“ Dazu müssten ganz andere Maßnahmen ergriffen werden. Es müssten dringend mehr Fotovoltaik-Anlagen auf die Dächer, man müsse mit Förderprogrammen den Ausbau beschleunigen. Häuser müssten saniert und der Straßenraum umverteilt werden. „Es wird weniger Autos in der Stadt geben müssen“, so der Grünen-Kandidat. Auf seine Forderung nach einer besseren Radverbindung von der Uni zum Hauptbahnhof erwidert allerdings Malcherek, dass die Grünen seit 30 Jahren das Verkehrsdezernat besetzten und die Situation beim Radverkehr trotzdem katastrophal sei. Es seien zusammengenommen nur rund 20 Jahre gewesen, versucht Viering zu kontern, zudem sei die damalige Verkehrsdezernentin Katrin Eder als Vorkämpferin für ihre Pläne „verprügelt worden“. Nun sei das Radfahrbüro aufgestockt worden und man sei auf dem Weg. Dem automobilen Durchfahrtsverkehr dagegen müsse es „so unbequem wie möglich“ gemacht werden, damit die Leute zukünftig um Mainz herum führen.

Christian Viering (Grüne)
Christian Viering (Grüne) (© Sascha Kopp)