Keine Booster mehr: Biontech entwickelt Universalimpfstoff

aus Coronavirus-Pandemie

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Forschende in einem Labor von Biontech. Symbolfoto: dpa

Biontech entwickelt eine neue Corona-Vakzin-Generation, die andauernde Auffrischungen unnötig machen würde. Bald starten die Tests an Menschen. Wie stehen die Chancen?

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RHEIN-MAIN. Corona-Impfstoffe, die immer wieder an Mutationen angepasst werden müssen und Impfungen in kurzen Abständen notwendig machen, sind nicht der Weisheit letzter Schluss. Das betonen die Europäische Arzneimittelagentur EMA und die Weltgesundheitsorganisation WHO schon seit Monaten – und drängen darauf, einen Universalimpfstoff zu entwickeln, der gegen möglichst alle und damit auch neue Varianten wirkt. Denn die WHO erwartet, dass Omikron wahrscheinlich nicht die letzte besorgniserregende Variante sein wird.

So werden nach Ansicht der WHO Vakzine benötigt, die „breite, starke und lang anhaltende Immunantworten hervorrufen“. EMA-Impfstrategiechef Marco Cavaleri wiederum betonte, dass häufige Booster möglicherweise nicht mehr die gewünschte Immunantwort hervorrufen würden. Zudem könne es zu einer „Impfmüdigkeit“ der Bevölkerung kommen. Auch der führende US-Immunologe Anthony Fauci, der die US-Regierung berät, forderte „innovative Ansätze, um einen breiten und dauerhaften Schutz“ gegen bekannte und noch kommende Coronaviren zu erreichen. Vakzine, die bereits bei der Erstimpfung „all die kleinen Varianten abdecken“.

Forschungen an Pan-Coronaimpfstoffen laufen

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Entsprechend intensiv und zahlreich wird an sogenannten Pan-Coronaimpfstoffen geforscht. Mit den verschiedensten Ansätzen. Manche befinden sich bereits in der (Früh-)Phase der klinischen Tests am Menschen, die meisten stecken noch in der präklinischen Phase mit Tier- oder Laborversuchen. Auch die führenden Hersteller von Corona-Impfstoffen auf mRNA-Basis, Moderna, Biontech/Pfizer und die schon totgesagte Tübinger Curevac, haben entsprechende Vorhaben angekündigt.

Was hat Biontech konkret vor? Biontech ließ in einer Präsentation zum jüngsten „Innovationstag“ die Katze aus dem Sack. Und läuft alles nach (Zeit-)Plan, wäre das Mainzer Biotechnologie-Unternehmen wohl erneut sehr schnell. Der Präsentation zufolge will Biontech in der zweiten Jahreshälfte damit beginnen, Impfstoffkandidaten der nächsten Generation an Menschen zu testen, die vor einer Vielzahl von Coronaviren beziehungsweise Varianten sowie deren Folgen schützen. Mehr zum Projekt teilte Biontech jedoch noch nicht mit. Auch nicht, wann mit einem Universalimpfstoff nun zu rechnen ist.

Fest steht der Präsentation zufolge aber, dass man für die Corona-Impfstoffe der nächsten Generation zwei Forschungsansätze verfolgt. Zum einen will man Pan-Coronaimpfstoffe entwickeln, die „vor der breiteren Familie von Viren und ihren Mutationen schützen“. Zum anderen wird an T-Zellen verstärkenden Impfungen geforscht, die die Menschen vor schweren Folgeerkrankungen gefährlicher Corona-Varianten bewahren sollen. In der Wissenschaft geht man davon aus, dass vor allem T-Zellen (siehe Info-Box) für den Schutz vor schweren Krankheiten verantwortlich sind.

Warum ist ein Universalimpfstoff nötig? Die Entwicklung eines speziellen Omikron-Impfstoffes bei Biontech zeigt, warum Universalimpfstoffe notwendig sind. Die Omikron-Variante mutiert offenbar so schnell und so vielfältig, dass es bei der Entwicklung sehr schwerfällt, Schritt zu halten. Folge: Vakzine, die speziell für die erste Omikron-Subvariante BA.1 entwickelt werden, sind möglicherweise schon überholt, bevor sie auf den Markt kommen können. Folge: Die Impfstoffe müssen auf sich schnell ausbreitende neue Omikron-Versionen wie aktuell BA.4 und BA.5 neu ausgerichtet werden. Basis für diese Annahme bilden Studien, wonach frühere Infektionen mit Omikron-BA.1 keine starke Antikörperreaktion gegen die neuesten Versionen hervorrufen. Heißt: Der von Biontech entwickelte und an die BA.1-Version angepasste Impfstoffe, der sich noch im Teststadium befinden, kann nur wenig gegen BA.4 und BA.5 ausrichten, was neue Anpassungen nötig macht.

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Welche Chancen werden dem Projekt eingeräumt? Die Hürden, einen universellen Corona-Impfstoff zu finden, sind hoch. Vergleichbares wird für die Grippe, für die es jährliche Auffrischungen gibt, schon seit vielen Jahren versucht. Ohne Erfolg. Dennoch ist man beim Pharmaverband VFA optimistisch, dass das große Ziel bei Coronaviren erreicht werden könnte. Weltweit mehr als 300 Forschungsprojekte für nur eine Krankheit wie bei Covid-19 „habe ich noch nie erlebt; wenn es hochkommt, gab es mal 25 Impfstoffprojekte zur selben Krankheit weltweit, und oft nur drei bis fünf“, wird VFA-Sprecher Rolf Hömke auf tagesschau.de zitiert. Die Chancen für einen Universalimpfstoff seien noch nie so gut gewesen.