Gerhard Trabert zum dritten Mal in Syrien

Hautnah erlebt der Mainzer Arzt die Geschehnisse in der Krisenregion um Kobanê – und versucht den Menschen dort zu helfen.

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MAINZ. Bereits zum dritten Mal ist der Mainzer Arzt Gerhard Trabert Ende vergangenen Jahres nach Syrien gereist. Kurz vor Weihnachten besuchte der Vorsitzende des Vereins Armut und Gesundheit die kurdisch geprägte Rojava-Region und Kobanê, um sie mit Medikamenten und medizinischen Geräten zu versorgen. „Seit zwei Jahren besteht eine Kooperation zwischen uns und dem kurdischen Roten Kreuz“, erzählt Trabert. Dadurch erfahre der Verein, welche Gerätschaften benötigt werden. Dieses Mal reiste Trabert mit einem Dermatom, einem Gerät für Hauttransplantationen, an.

Im Gespräch mit der AZ berichtet er von seinen Eindrücken vor Ort. So sprach er mit einem Chirurgen, der es tagtäglich nicht mit Schussverletzungen, sondern weggesprengten Gliedmaßen zu tun hatte. Dieser könne aufgrund der vielen traumatischen Erfahrungen nicht mehr praktizieren. „Er sagte zu mir, er sei Arzt und kein Metzger“, berichtet Trabert, den die Einstellung der syrischen Ärzte bewegt hat. Sie seien bereit, Leben zu retten und mit ihren Familien zu bleiben.

Während des Aufenthalts drohte der türkische Präsident Erdogan mit neuen Angriffen. Das erlebt Trabert hautnah mit: „Die Angst vorm Krieg ist wieder zurück.“ Während seines Aufenthalts habe auch er immer auf das Wetter geachtet. So seien Regen und Nebel schlecht für Drohnen und sorgten für Erleichterung bei der Bevölkerung.

Neben der stetigen Angst leide die Bevölkerung unter der rudimentären Versorgung. Die Hilfe, die der Verein leistet, sei dabei nur „ein Tropfen auf dem heißen Stein“. Beispielsweise leiden viele Kinder unter dem dort weitverbreiteten Gendefekt Thalassämie, bei dem nicht ausreichend funktionsfähige rote Blutzellen produziert werden. Dies werde zwar durch Bluttransfusionen ausgeglichen – dabei würden Betroffene jedoch zu viel Eisen aufnehmen, was auf Dauer die Organe zerstöre. Gegenmedikamente fehlen vor Ort. „Daran sterben die Kinder in 15 bis 20 Jahren“, erklärt Trabert. Daneben verzeichnet er auch zahlreiche Früh- und Fehlgeburten, weshalb der Verein in Inkubatoren, also Brutkästen, investiert. „Gerade die Zivilbevölkerung leidet unter diesem Krieg.“ Sie zurückzulassen, sei ein komisches Gefühl. Wann er das nächste Mal aufbrechen wird, kann Trabert jetzt noch nicht sagen: „Ich muss das alles selbst noch verarbeiten.“

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Von Lauralie Mylène Schweiger