
Der Politikwissenschaftler an der Uni Duisburg-Essen spricht über einen neuen Politikstil sowie Chancen und Gefahren – für den neuen OB und die Mainzer Ampel.
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Herr Korte, nach über 70 Jahren mit SPD-Oberbürgermeistern an der Stadtspitze, hat nun der parteilose Nino Haase die Wahl mit 63,6 Prozent für sich entschieden. Hat Sie dieses Ergebnis, auch in seiner Deutlichkeit, überrascht?
Nein, das war nicht überraschend. Serien enden eben. Zudem haben wir in der Wahlforschung den Befund, dass gleiche Parteien, auch mit einem sichtbar starken Kandidaten, in solchen besonderen Konstellationen kaum eine Chance haben. Der Amtsbonus des Vorgängers ist aufgebraucht und wird auch nicht übertragen.
Das bedeutet konkret: Aus Ihrer Sicht hatte nicht nur die SPD-Kandidatin Mareike von Jungenfeld keine Chance, sondern auch vermeintlich stärkere Kandidaten aus den Reihen der Sozialdemokraten? Auch wenn eine OB-Wahl eine Personenwahl ist?
Das sehe ich so. Es wurde mit dieser Wahl etwas beendet. Nino Haase hat als Parteiloser den Charme des Nichtetablierten. Sein Aktionsraum setzt an einer vermeintlich gestörten Resonanzbeziehung zwischen Bürgern und Politik an. Die Wähler haben in ihrer Wahrnehmung einen Besser-Bürger etabliert, der als Anti-Partei-Typ mit Graswurzel-Elan auch für einen Ausstieg aus dem Parteihader steht.
Was verstehen Sie unter einer „gestörten Resonanzbeziehung“?
Die Bürger fühlen sich von der Politik nicht richtig vertreten. Sie sprechen den Parteien die Lösungskompetenz ab. Dahinter steht bei vielen der fatale Wunsch, eine Problemlösung abseits von Parteilinien finden zu können. Hier wird häufig von Expertise außerhalb der Politik gesprochen. Doch die Demokratie kennt keine politische Entscheidungskraft allein durch Wissen, was immer vorläufig ist. Und jede Entscheidung ist nie alternativlos. Politische Entscheidungen sind macht- und mehrheitsbasiert - im parteigeprägten Stadtrat.
Sie sprechen es an. Als Parteiloser hat Nino Haase in keinem der Gremien eine Mehrheit. Was erwarten Sie daher für einen Politikstil?
Er ist gerade ohne Zweifel der Spielmacher des Augenblicks. Er muss sich nicht an alten Absprachen orientieren und kann mit viel Elan Mehrheiten über inhaltliche Ergänzungen, Schnittmengen und Perspektivwechsel herbeiführen. Dazu kann er mit der Kraft der Neugierde und des Staunens andere Sichtweisen einbringen.
Das klingt alles recht positiv. Wo liegen aus Ihrer Sicht die Nachteile?
Bei einem Parteilosen wie Nino Haase weiß man nie, welche Überzeugungen ihn prägen, wer ihn berät oder welche Werteorientierung er hat. Das macht ihn willkürlicher, unkalkulierbar und sprunghaft. Und auf dieser für die jeweiligen Parteien unsicheren Basis ist es in der Regel schwierig, Mehrheiten vertrauensvoll und verlässlich zu kreieren.
Dann ist ja aber die Wahrscheinlichkeit hoch, dass Haase mit wechselnden Mehrheiten wird arbeiten müssen…
Es wird eine Dynamik in die Bewegungsdemokratie bringen. Das Gefüge wird multizentristischer. Auf jeden Fall wird die Autonomie jedes einzelnen Stadtratsmitglieds gestärkt. Da kann es auch durchaus zu Überraschungsmehrheiten kommen.
Welche Auswirkungen kann diese Konstellation auf das in Mainz seit 2009 regierende Ampel-Bündnis haben, das ja seine eigene politische Agenda im Koalitionsvertrag festgeschrieben hat – und verfolgt?
Das Mandat des Oberbürgermeisters ist in der rheinland-pfälzischen Gemeindeordnung nicht stark definiert, dass er alleine „durchregieren” kann. Er ist kein Monarch, er braucht Mehrheiten. Ob er dabei den Ampel-Farben vorrangig folgt, muss keinesfalls sein.
Je nach Thema mit wechselnden Mehrheiten zu arbeiten, und diese vor allem im Vorfeld ja einsammeln zu müssen, klingt relativ zeitintensiv…
Die Verlässlichkeit in der Arbeit mit einem bestehenden Bündnis wie einer Ampel besteht ohne Frage auch in einer Zeitersparnis bei Abspracheprozessen. Haase wird sich vermutlich dennoch spielerisch auch wechselnder Mehrheiten bedienen. Wer erliegt seiner sinnstiftenden Erzählung, zumal immer wirkungsstark öffentlich vorgetragen? Haase ist souverän legitimiert durch die Macht der Wahl, gerade weil sie personalisiert war. Es kann also einen Druck aus der Öffentlichkeit einbringen, um Mehrheiten zu organisieren. Das setzt kluge politische Führung voraus. Neugierig werden wir diesen Prozess beobachten.
Häufig wurde das Wahlergebnis in Mainz auch als eine Klatsche für eben jenes Ampelbündnis gedeutet. Teilen Sie diese Meinung?
Dieses Ergebnis ist keine Abstrafung. Es gibt sehr komplexe Wahlmotive und der Wähler ist auch widersprüchlich unterwegs. Das Besondere an dieser Wahl war, dass niemand abgewählt werden konnte. Das ist aber oft ein starkes Hauptmotiv von Wählern. Weil es das aber nicht gab, verfing nun hauptsächlich der Charme des Neuanfangs.
In seiner aktuellen Kolumne blickt Dennis Rink auf die neue Konstellation:
Inwiefern hängen für Sie die OB-Wahl und die Kommunalwahl im kommenden Jahr zusammen? Beispiel: Gerät die Ampel nun automatisch unter Druck und befinden sich die Freien Wähler als Unterstützer des neuen Oberbürgermeisters im Aufwind?
Die eine Wahl hat keine kausalen Konsequenzen auf die andere. Es handelt sich um einen singulären Wahlakt, mit dann gültigen Rahmenbedingungen. Jeder Wahlkampf ist ein Unikat. Dass Oberbürgermeister zu Innenministern befördert werden, markiert die Ausnahme, keine Regel. In Zeiten des Gewissheitsschwundes bleibt auch fraglich, ob sich auf dem kommunalen Wählermarkt im Frühjahr 2024 überhaupt noch jemand an diese Konstellation erinnert.