
Casino-Tanz, Schwenker-Schwänken, eine grandiose Bajazzo-Jukebox der Hofsänger: Wie der Mainzer Carneval-Verein am Freitag überzeugte und warum das ein oder andere Tränchen floss.
Mainz . Der Mainzer Carneval-Verein ist zurück in der Rheingoldhalle – samt Schwellköpp, Hofsängern und allem, was zu einer MCV-Sitzung dazugehört. Und einige Überraschungsmomente gibts obendrauf.
Politik
Die Symbolfigur des MCV, der Bajazz mit Laterne, René Pschierer, zieht den Saal in den Bann: Rhetorik-Kunst, Politspott in edlem Reim-Gewand: Der Bajazz zeigt, wie politisch-literarische Fastnacht geht. „Reichsbürger und Klimakleber passen doch ins gleiche Bild: Glaubt von ihnen doch ein jeder, dass Gesetz für ihn nicht gilt.“ Den großen Applaus hat sich René Pschierer wahrhaft verdient. Wer in den vergangenen Monaten in der Politszene etwas verpasst hat, der lauscht dem Protokoll von Patrik Henkel: Sehr gelungener und pointierter Rundumschlag von Lambrecht, über Hamburger Hafen, letzte Generation bis hin zu Ebling, der auf der Karriereleiter immer weiter klettert. Peter Kuhn, der beim MCV regelmäßig zu Gast ist, ist auch diesmal aus Schweinfurt angereist. Er ist auf närrischer Fachkräftesuche: „Olaf Scholz macht dann den Prinzen, dann kann er weiter schlumpfig grinsen.“ Und „Robert Habeck steht da, wie ich finde, wie die Jungfrau vor dem Kinde.“ Großes Prinzenkino.
Kokolores
Alexander Leber als Polizist ist der erste, der an diesem Abend den Saal zum Stehen bringt: Mit seinen absurden Stories vom Gendern, Kleben und Schiffen räumt er im neuen großen Saal der Rheingoldhalle ab. Als dann auch noch Markus Schwalbach beim Dating-Portal „Finther“ seine Kumpels Schwardemacheschwenker und Kotelett-Konni bei „Kill Dill“ unter die Haube bringen will, merkt kaum noch jemand, dass der Kongresssaal an diesem Abend längst noch nicht wieder so prall gefüllt ist wie vor Corona. Der Saal jubelt. Und dass Adi Guckelsberger nicht nur mit sehr flotten Sprüchen als Sitzungspräsident brilliert, sondern auch in seiner Paraderolle als Nachtwächter, setzt der Sitzung zum Finale das „Uiuiui“-Krönchen auf, als er sing-sangend versucht, endlich der Herr im Nachtwächter-Haus zu werden. Da nützt es auch nichts, dass Second-Hand Opa Hobbes alias Hansi Greb auf der „stillen Treppe“ höchst amüsant rumpoltert.
Musik
Musikalisches Highlight des Abends ist das Flaggschiff des MCV: die Mainzer Hofsänger. Wenn das mal keine bommel-lastige Transformation des altehrwürdigen Chors ist. Was die Hofsänger im ersten Teil ihres Programms auf die Bühne bringen, ist einfach genial. Modern, politisch, lokal, selbstironisch – die Männer haben sich 97 Jahre nach ihrer Gründung neu erfunden. Mit „Bajazzo Juke Box“, „Layla“ in Hofsänger-Version und „ein bisschen Luxus, ein bisschen Schampus, ein kleiner Aufguss, das wünsch ich mir“ sorgen die Sänger mit ihrem neuen musikalischen Leiter Carsten Klomp für große Begeisterungsstürme in der Rheingoldhalle. Pit Rösch bringt das Motto „In Mainz steht Fastnacht voll und ganz für Frieden, Freiheit, Toleranz“ in gesungener Manier zu Gehör, Thomas Neger und die Humbas rocken den Saal und sorgen mit „Im Schatten des Doms“ auch für das eine oder andere Tränchen nach drei Jahren Live-Hymnen-Entzug; und Paco und Paco alias Gerhard und Christian Carra sind inzwischen echte Hit-Garanten beim MCV.
Tanz
Endlich wird die neue Bühne in der Rheingoldhalle mal ausgenutzt: Das Ballett Fantasy des TSV Schott unter der Leitung von Karin Carra, Simone Münzel und Anna Lisa Schmidt zeigt eine Wahnsinns-Akrobatik im Casino-Stil; das MCV-Ballett unter der Leitung von Anne Karkowski und Elisabeth Seel lässt die Clowns so richtig in Bewegung kommen und das Publikum staunen; Und die Magic Moves unter der Leitung von Nicole Klein und Lisa Sipp sorgen im glitzernden Dalmatiner-Look für sportliche Partymomente beim MCV.
Fazit:
Ein rundum närrisch gelungener Abend beim MCV. Der neue Vorstand setzt klare Akzente; die neue MCV-Hofkapelle unter der Leitung von Ralf Frohnhöfer bringt richtig Stimmung in den Saal; und als MCV-Präsident Hannsgeorg Schönig dann auch noch Bischof Peter Kohlgraf auf die Bühne ruft, ihm die MCV-Kapp aufsetzt und ihn offiziell zum „Patron der Via Carnevale in der Aurea Moguntia“ ernennt, kommt überall an, dass endlich wieder Fastnacht ist.