Das sind die Pläne der OB-Kandidaten zur Stadtentwicklung

Die Debatte im Zentrum für Baukultur musste in den Vorraum übertragen werden, da das Interesse an dem Podium der Architektenkammer das Angebot an Plätzen deutlich überstieg.

Wie soll Mainz weiter wachsen? In die Höhe? Oder mit Einfamilienhäusern? Bei der Podiumsdiskussion der Architektenkammer stellen sich die Mainzer OB-Kandidaten zentralen Fragen.

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Mainz. Mainz. Die Stadt wächst immer weiter. Doch wo und wie soll das geschehen? Und wie verträgt sich das mit dem Klimaschutz? Es sind zentrale Fragen zur Stadtentwicklung, die die Architektenkammer Rheinland-Pfalz in Person der Geschäftsführerin Annette Müller und des Vorstandsmitglieds Thomas Dang den OB-Kandidaten bei ihrem Podium stellt – und es wollen mehr Menschen die Antworten hören, als an diesem Abend in das Zentrum für Baukultur hineinpassen.

Nino Haase

Die ÖDP sei vor kurzen noch für ihre Forderung nach einem Stadtentwicklungskonzept „abgewatscht“ worden im Stadtrat, kritisiert der parteilose Kandidat. Dabei brauche gerade Mainz als eine der am dichtesten besiedelten Städte dringend ein solches Konzept. „Wir müssen genau planen“, fordert Haase. „Ad hoc darf nicht mehr sein.“ Aufgabe des OB sei es dabei, die Ämter so aufzustellen, dass sie ihre Aufgaben erfüllen könnten. „Man muss analysieren, wo es Veränderung braucht, und gibt die Rahmenbedingungen vor.“ Leider habe die Stadt bei den Vergaben der großen Entwicklungsgebiete hinsichtlich der Mietpreise „weiter Öl ins Feuer gegossen“ durch die Höchstbieterverfahren. „Man hätte auch Konzeptvergabeverfahren durchführen können, aber das hat man sich abseits von Wahlplakaten nicht getraut.“ Dabei gebe es andere Modelle. Zudem dürfe nicht alles wie im Zollhafen „totversiegelt“ werden.

Martin Malcherek

Der Linken-Kandidat hält ein Plädoyer für die Entwicklung nach oben. Er habe schon vor Jahren den Anna Seghers-Tower mit 111 Metern vorgeschlagen, erinnert Malcherek. „Wir müssen groß denken.“ Dies sei auch für die Skyline nicht nachteilig. Um die Mietenentwicklung in den Griff zu bekommen, müsse die Wohnbau Immobilien kaufen und dann darauf verzichten, die Mieten zu erhöhen. „Das ist das einzige Instrument, das funktionieren könnte“, so Malcherek. Generell müsse man mutiger sein, während man beim Gutenberg-Museum nun auf das „Einfügen“ gesetzt habe, statt ein Ausrufezeichen zu setzen. Es gelte weniger abzureißen und mehr zu erhalten sowie Bauherren mehr zu beraten, welche Klimaschutz-Maßnahmen sie ergreifen könnten.

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Es muss häufiger höher gebaut werden, forderten gleich mehrere OB-Kandidaten.
Es muss häufiger höher gebaut werden, forderten gleich mehrere OB-Kandidaten. (© Sascha Kopp)

Manuela Matz

Mit ihrer Forderung nach einer Umwidmung der dem Abriss geweihten Mombacher Hochstraße sorgt die CDU-Kandidatin für Irritationen inmitten der Architekten. Es gebe gute Beispiele wie man solche Viadukte weiter nutzen könne, etwa die High Line in New York, dies gelte es zu prüfen, so Matz. Daraufhin erklärt Thomas Dang, dass diese Prüfung bereits erfolgt sei und es aufgrund der Bauweise mit rostendem Spannstahl bei dem Bauwerk plötzlich „einen Knacks“ geben könne. Ihre Forderung nach einer Weiternutzung des Allianzhauses ist weniger kontrovers. Zudem plädiert die Dezernentin dafür, dass „Wohnen im Einklang mit der Natur“ ermöglicht werden müsse, wie es dies etwa in Städten wie Freiburg gebe. Eine weitere Nachverdichtung sei „nicht optimal“, weshalb man im Außenbereich weitere Entwicklungen brauche – nicht aber einen neuen Stadtteil, sondern entlang des bekannten fünf-Finger-Systems.

Marc Engelmann

Der FDP-Kandidat fällt als deutlichster Fürsprecher für neue Einfamilienhäuser in Mainz auf. Wenn man nur noch Geschosswohnungsbau anbiete, werde es schwierig, um international gefragte Fachkräfte zu konkurrieren, so Engelmann. In zentralen Bereichen könne man in die Höhe gehen, doch die Mischung mache Mainz aus. Zudem „explodieren die Preise noch mehr“, wenn die Ansage komme, dass keine neuen Einfamilienhäuser mehr gebaut würden. Bei der Entwicklung der Stadt müssten die Ortsbeiräte mehr eingebunden werden, fordert der FDPler. „Das ist das Kommunikationsforum zwischen Verwaltung und Bürger.“ Die Bedürfnisse vor Ort seien schließlich oftmals ganz anders. Hinsichtlich der Transformation zur Klimaneutralität brauche es bei der Stadt eine „First Person of Contact“, die Wege zur CO2-Einsparung aufzeigen könne.

Mehrere Kandidaten sprechen sich für einen Erhalt des Allianzhauses aus.
Mehrere Kandidaten sprechen sich für einen Erhalt des Allianzhauses aus. (© Lukas Görlach)
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Mareike von Jungenfeld

Für die von Engelmann geforderten Einfamilienhäuser sieht die SPD-Kandidatin keine Zukunft in Mainz. Das Ziel, dass alle sich das Wohnen leisten könnten und das Bauen von Einfamilienhäusern, passten nicht zusammen, sagt von Jungenfeld. Ebenso sei ein neuer Stadtteil „nicht zeitgemäß“. Vielmehr müssten etwa an den Rändern von Ebersheim und Hechtsheim Arrondierungen vorgenommen werden, um das Ziel von 9000 Wohnungen in den acht Jahren Amtszeit zu schaffen. Darüber hinaus finde sie „als typische Rheinhessin“, dass man Region bei den Herausforderungen mitdenken müsse. Bei der Stadtentwicklung sei klar, dass jeder Stadtteil „einen Dorfkern“ brauche, sodass man die Dinge des täglichen Lebens in zehn bis 15 Minuten erledigen könne. Auch aus Gründen des Klimaschutzes müssten Gebäude wie das Allianzhaus erhalten werden und die Abdeckung der städtischen Gebäude mit Fotovoltaik-Anlagen verbessert werden.

Christian Viering

Zur Fotovoltaik hat der Grünen-Kandidat sehr konkrete Vorstellungen: So solle die Wohnbau ihren Mietern die Installation von Balkon-Anlagen ermöglichen. Zudem wolle er 1000 Balkon-Fotovoltaik-Anlagen für Mietern und 1000 Anlagen für von Armut betroffenen Menschen erreichen, damit auch für sie der „Kampf gegen den Klimawandel erlebbar“ werde. Bei der Abwägung zwischen Sanierung und Neubau müsse zukünftig der CO2-Schattenpreis eines Abrisses eingerechnet werden, fordert Viering zudem, und bei der notwendigen Sanierung vieler Häuser müsse geprüft werden, ob man diese aufstocken könne. Insgesamt müsse etwa auch auf dem Areal der Gfz-Kaserne „höher gebaut werden, als wir dies bisher getan haben“. Auch bei der Bebauung des Postlager-Areals am Hauptbahnhof müsse man „in die Höhe gehen“ – schließlich gebe es auf der anderen Seite die Bonifazius-Türme. „Wir wollen, dass weiter Menschen kommen können, ohne zu verdrängen.“