Homeoffice und Kurzarbeit bedeuten nicht selten auch ein Zugewinn an Zeit. Ideale Voraussetzungen für die Anschaffung eines Vierbeiners. Doch die Umstände müssen passen.
MAINZ. Milou liegt friedlich in seinem Körbchen. Zufrieden und entspannt. Der Labradormischling hat sich schnell in seinem neuen Heim eingewöhnt.
G ewissermaßen ist er ein „Gewinner“ der Corona-Krise. Denn vor zwei Monaten dachten sich seine neuen Herrchen Agnes und Holger: „Wenn nicht jetzt, wann dann...?“ Sie gingen also ins Tierheim und adoptierten Milou. Obwohl sie seit dem Tod ihres alten Hundes vor eineinhalb Jahren mit dem Gedanken spielten, ging dann doch alles ganz schnell.
Es war während des Corona-Lockdowns, beide arbeiteten größtenteils im Homeoffice. „Es kostet viel Zeit, einen Hund einzugewöhnen“, sagt Agnes. „Dass wir so viel zu Hause waren und so gut wie keine Termine hatten, waren perfekte Bedingungen.“ Also riefen sie kurzerhand im Tierheim an. Man hätte direkt einen passenden Hund im Kopf, hieß es schon am Telefon. Milou sei erst seit vier Wochen da, ein Jahr alt und unkompliziert. So wurde er ihnen beschrieben – und so erlebte das Paar ihn auch beim ersten Treffen.
Die beiden nahmen sich viel Zeit, um den Labradormischling kennenzulernen, machten erste Spaziergänge und führten intensive Gespräche mit Tierheimleiterin Vanessa Kappesser. „Bevor wir einen Hund herausgeben, lernen wir die Interessenten genau kennen“, sagt Kappesser. Gerade in der Corona-Zeit sei das besonders wichtig. Wer momentan wegen Kurzarbeit, Homeoffice und wegfallender Urlaube viel Zeit hat, komme schnell auf die Idee, sich ein Tier anzuschaffen. Das macht sich im Tierheim bemerkbar.
Seit Beginn der Corona-Pandemie ist die Zahl der Vermittlungen deutlich gestiegen, vor allem bei Hunden gibt es eine größere Nachfrage. Doch ein Tier ist kein Mittel gegen kurzzeitige Langeweile. Ob Kappesser Angst hat, dass die Hunde nach der Corona-Krise wieder abgegeben werden? „Nicht wirklich. In den intensiven Gesprächen mit den Interessenten stellen wir sicher, dass auch in Zukunft genug Zeit für Pflege und Beschäftigung ist.“ Bei Agnes und Holger hatte sie da keine Zweifel. Im Gegenteil: Sie begrüße es sehr, dass die beiden jetzt die Chance nutzen und sich Zeit für die Eingewöhnung nehmen. Drei Tage nach dem ersten Termin im Tierheim konnte das Paar Milou schon mitnehmen. Wie er sich gefreut hat, ein neues Zuhause zu haben, werden sie nicht vergessen. „Schon an der Haustür haben wir gemerkt, dass Milou wusste, dass er jetzt eine neue Familie hat.“
Am Anfang war er noch ganz schlank, die Zeit im Tierheim hatte ihn gestresst. Doch mit jedem Tag in seiner neuen Heimat ist er mehr aufgeblüht und zutraulicher geworden. Inzwischen futtert er fleißig und fühlt sich wohl bei seiner neuen Familie. Dank flexibler Arbeitgeber konnten Agnes und Holger auch während der Arbeitszeit im Homeoffice mal eine längere Pause machen. Bei ausgedehnten Spaziergängen hat Milou gelernt, an der Leine zu gehen, und er hat eine Bindung aufgebaut. „Wir haben außerdem in Ruhe geübt, ihn alleine zuhause zu lassen. Dafür braucht man einfach viel Zeit, und wir sind froh, dass wir die hatten.“
Und wie geht es nach der Corona-Zeit weiter? „Auch unter normalen Umständen können wir viel Homeoffice machen“, sagt Agnes. Milou wird auf keinen Fall einen ganzen Arbeitstag alleine daheim sein. Und wenn doch mal beide ins Büro müssen, werden sie sich einen Gassi-Service oder eine Tagesbetreuung suchen. Und glücklicherweise gibt es noch mehr bereitwillige Helfer: Die Familien, vor allem die Eltern, freuen sich schon darauf, als Hundesitter einzuspringen.