Am Brückenbogen entlang: Tim Jacobs verfasst Kletterführer...

Tim Jacobs (oben) bezeichnet das Klettern an der Eisenbahnbrücke zwischen Hochheim und Gustavsburg als abwechslungsreich. Fotos: Jacobs  Foto:

Manche Mainzer Kletterfreunde gehen zum Bouldern ins „Blockwerk“, in die „Kletterkiste“ des Deutschen Alpenvereins in Mombach oder zum „Clip’n Climb“ nach...

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MAINZ. Manche Mainzer Kletterfreunde gehen zum Bouldern ins „Blockwerk“, in die „Kletterkiste“ des Deutschen Alpenvereins in Mombach oder zum „Clip’n Climb“ nach Hechtsheim. Andere zieht es in die Berge. Tim Jacobs genügt eine Eisenbahnbrücke – oder eine simple Mauer. „Buildering“ nennt sich seine Sportart, Klettern im städtischen Raum. Die Regeln: Privateigentum ist, ohne ausdrückliche Genehmigung, tabu, denkmalgeschützte Objekte ohnehin. Fixe Sicherungen, die die zu erkletternden Gebäude, Mauern und Brücken beschädigen, ebenso. Sogar das Magnesiumpulver, das gegen das Abrutschen hilft, ist heikel, wenn es Rückstände hinterlässt. Und Passanten sowie der Straßenverkehr dürfen weder behindert noch gefährdet werden. Ein generelles Kletterverbot im öffentlichen Raum gibt es nicht.

Damit die Kletterer wissen, was sie dürfen und wo sie ihr Hobby am besten ausleben können, hat Tim Jacobs ein Buch geschrieben. „Bouldern und Buildern in Mainz/Wiesbaden“ versammelt 16 genau beschriebene Routen. Die Szene, die regelmäßig im öffentlichen Bereich in Mainz klettert, schätzt Jacobs auf rund 50 Personen ein. „Die Zahl der Kletterer und Boulderer wächst Jahr für Jahr“, berichtet der Buchautor. Boulder ist der englische Ausdruck für Felsblock, wobei es immer beliebter wird, an künstlichen Nachbildungen in Absprunghöhe zu klettern.

Buildering erspart lange Fahrten und volle Hallen

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Mit 400 Kletterhallen deutschlandweit und 1,2 Millionen Mitgliedern im Deutschen Alpenverein ist das Klettern längst keine Randerscheinung mehr. Das Buildering, das auf das englische Wort für Gebäude verweist, geht noch einen Schritt weiter. Es erspart lange Fahrten, volle Kletterhallen, es entlastet die Natur. Und es erregt Aufsehen.

Seinen Buildering-Führer hatte Jacobs bereits 2008 veröffentlicht und seither stetig aktualisiert. Es war, wie er in Erinnerung ruft, mit einer in kürzester Zeit verkauften Startauflage von 250 Stück das erste Buch überhaupt, das Tipps und Routen zum Klettern in der Stadt gegeben hat. „Wenn ich lese, dass eine Jugendgruppe im Deutschen Alpenverein einen Ausflug zur Mauer beim Eisgrub macht statt weit wegzufahren, finde ich das schön“, betont er.

Die Kostheimer Brücke und die Kaiserbrücke in der Mainzer Neustadt zählen zu seinen Lieblings-Kletterplätzen. „An der Kaiserbrücke gibt es, am Brückenpfeiler, eine ganz einfache Route. Aber man kann auch mit einem Seil abgesichert den Brückenbogen entlangklettern“, schwärmt der Wiesbadener, „und an der Eisenbahnbrücke zwischen Hochheim und Gustavsburg hat man Sandsteinpfeiler, die sich anfühlen wie richtiger Fels, sowie Stahlbögen. Das ist sehr abwechslungsreich.“ Auch die Schwimmhalle der Mainzer Uni empfiehlt der Kletter-Experte, sogar im „Irish Pub“ in der Weißliliengasse gibt es eine Naturstein-Kletterwand.

Je nach Schwierigkeitsgrad, sichern die Kletterer sich beim Buildering mit Seilen ab, oder es genügt eine gut gepolsterte Matte. Ob sich, seit sein erster Builderingführer erschienen ist, in Mainz jemand ernsthaft bei diesem Hobby verletzt hat? „Nicht dass ich wüsste“, sagt Jacobs, „und es gab auch keine irgendwie gearteten rechtlichen Konflikte.“ Schon 2006 gab es die erste WM im Buildering in Köln. Das Innenstadt-Klettern zieht seine Kreise. Die Hohenzollernbrücke in Köln oder der Cannstatter Pfeiler in Stuttgart gelten als beliebte Kletter-Objekte, in München oder Berlin gibt es alte Gebäude, Bunkeranlagen oder Brücken, die explizit zum Klettern freigegeben sind. „Für mich ist es einfach ein Hobby“, sagt Jacobs, „und ich finde es schön, darüber aufzuklären und anderen helfen zu können, es kennenzulernen.“